Kröten

Lyrischer Prosatext

von  Redux

die alten, als ich kind und so jung war,
glichen fetten kröten, tausende an jahren alt,
mit krustigen pocken besetzte unsterbliche wesen,
die autos fuhren, bier tranken, zigarren rauchten, hühner schlachteten, die große weite welt kannten, die sie nie bereisten,
die den feurigen schnaps der gegenwart in sich hineinstürzten,
wort-, gedanken- und gestenlos vernichteten sie das heute,
den windstoß, der die kirschblüten zerstreute,
den blühenden löwenzahn,
die erste romanze,
das spiel der unbekümmertheit,
sie waren weise und milde und grausam,
sie waren tausendjährig und unverwundbar und mächtig wie berggötter,
während man zum einschlafen verurteilt war,
und nebenan erklangen ihre stimmen wie unter wasser,
hielten dumpfe zwiesprache mit denen der nachrichtensprecher,
besprachen eine unbekannte welt des unendlichen und fernen,
und unter meinem bett war etwas, das leise, ganz leise, doch hörbar atmete und sprach



Hinweis: Du kannst diesen Text leider nicht kommentieren, da der Verfasser keine Kommentare von nicht angemeldeten Nutzern erlaubt.

Kommentare zu diesem Text


 ginTon (15.03.23, 17:52)
auf jeden Fall sehr gut aus der Perspektive eines Kindes heraus geschrieben. eigentlich müsste der Text allein von der Qualität her auf Platz 1 der Leseaufrufe stehen, aber so ist das nun einmal im Internet  ;) ... klasse geschrieben
kipper (34) meinte dazu am 15.03.23 um 20:12:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Redux antwortete darauf am 16.03.23 um 06:05:
Vielen lieben Dank für eure Kommentare. Hat mich sehr gefreut.

 eiskimo (16.03.23, 18:01)
Mit deinem Text werden Erinnerungen wach... Toll!
Mir scheinen die Grenzen zwischen der damaligen  Welt der Großen und der der Kleinen sehr streng und scharf - heute erlebe ich da fließende Übergänge.
Gruß 
Eiskimo

 Redux schrieb daraufhin am 16.03.23 um 18:34:
Schön, wenn du dich erinnerst...ja, ich glaube ebenfalls, dass heute die Grenzen nicht mehr so deutlich getrennt sind....

 RainerMScholz (17.03.23, 22:32)
Und in all diesem stummen Getöse haben sie Welten zerstört und wieder aufgebaut, sind Schlitten gefahren mit uns und Panzer, haben Zeppeline abbrennen lassen und sind zum Mond - es ist wirklich sehr zwiegespalten.
Grüße,
R.

 Redux äußerte darauf am 20.03.23 um 19:02:
Du bringst es auf den Punkt. Einerseits sind wir mit ihnen im Arm Schlitten gefahren und gleichzeitig haben sie Welten zerstört
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram