Der Stiftzahn

Kurzprosa zum Thema Beziehung

von  uwesch

Dieser Text ist Teil der Serie  PHASEN DES LEBENS (Prosa)

Das Kinderzimmer mit meinem Bruder.
Zehn Quadratmeter - scharf getrennt durch ein Regal mit wenigen Büchern.
Er - die helle Seite am Fenster.
Ich - die dunkle zum Flur.
Für jeden ein billiges Klappbett - um Platz zu sparen.
Vierteljährlicher Tausch der Seiten - von Mutter verordnete Gerechtigkeit.
Streit in der Enge - nicht vermeidbar.
Ich war stärker - die ersten Nachkriegsjahre.
Er holte auf - lernte sich zu wehren.
Wurde schneller im Kampf mit mir - dem älteren Bruder.
Ein Stiftzahn von damals steht aufrecht im Mund.
Immer noch - nach sechzig Jahren.
Deutsche Wertarbeit.
Das Weiß hebt sich ab von den fahlgelben Kumpanen - in der Reihe daneben.
Vorne rechts unten im Spiegel zu sehen.
Weckt die Erinnerung an den Schmerz des vom Bruder gebrochenen Zahns - seinen Zorn.
Er war ein Kuckuckskind des Krieges, sagte meine Tante - viel später.
Doch ich freue mich, dass ich mich durchbeißen konnte.
Mit dem Stiftzahn - der verlässlichen Krücke.
Dank meines Bruders.



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Kommentare zu diesem Text


 AchterZwerg (21.03.23, 07:44)
Ja,
das geschwisterliche Zusammenleben zeigt vielerlei Tücken.
Aber eben auch Gerechtigkeit: Der eine ist stärker, die andere vermutlich intelligenter ...

 uwesch meinte dazu am 21.03.23 um 10:33:
Ich sehe, Du verstehst was vom Geschwisterdasein.
Dank für Deine empfehlung und LG Uwe

 EkkehartMittelberg (21.03.23, 16:31)
Hallo Uwe,
so oder ähnlich haben viele Bruderliebe erlebt.

LG
Ekki

 uwesch antwortete darauf am 21.03.23 um 17:01:
Da war/ist halt viel Konkurrenz. Damals kam dazu, dass es noch nicht den Wohlstand gab wie heute und in den Schulen auch ein ziemlicher Leistungsdruck herrschte. Nicht die "Wohlfühl"pädagogik von heute.
Dank Dir für Kommi und empfehlung.  LG Uwe

 AngelWings (21.03.23, 16:56)
Sowas kenne nicht in mein Family ich habe auch Halbbruder. Wir haben uns immer zusammen grauft auch wenn immer, Streit gab mein Eltern. Meine Halbbruder war eben Schwarzschaff in Familie, er hat aber daraus gelernt als er selbst Familie hat.

Kommentar geändert am 21.03.2023 um 16:58 Uhr

 uwesch schrieb daraufhin am 21.03.23 um 17:02:
Na, da hast Du es besser getroffen :) LG Uwe

 AngelWings äußerte darauf am 21.03.23 um 17:18:
Nicht ganz, in Family gab such manche ein Tief.
Agnete (66)
(21.03.23, 18:17)
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 AngelWings ergänzte dazu am 21.03.23 um 18:25:
Eltern gut gelernt, bloß das Böse hab ich gelernt als ich, 20 war. Also können, Eltern gar nicht dafür.

 uwesch meinte dazu am 21.03.23 um 19:02:
Agnete, das sehe ich differenzierter. Unbearbeitete Erfahrungen können in der Tat zu ähnlichen Verhaltensweisen führen, ob gut oder böse.
Aber man kann dran arbeiten und seine negativen Verhaltensweisen zum Positiven verändert, indem man sich evtl. begleitende Unterstützung dafür holt.
Dank Dir für Deine Empfehlung und LG Uwe

 AngelWings meinte dazu am 21.03.23 um 19:18:
Uwesch! Du stellst alles einfach vor!

Ja, das Böse kann so einfach weg knipsen. Nein, muss dein Eigen will dagegen kämpfen, da kann, ein Psychologe dich auf ein Lieg legen, das böse ist immer noch da.

 uwesch meinte dazu am 21.03.23 um 19:48:
Einfach wegknipsen geht nicht, was ich auch nicht behauptet habe. Man muß da schon dran arbeiten, sich psychologische Unterstützung holen, evtl.eine umfassende Therapie machen - je nach Schwere der Störung, die das Leben unerträglich macht.
Es geht darum, dass das Böse (wie Du es nennst) nicht lebensbestimmend bleibt.
Das kann schon harte Arbeit an sich selbst  bedeuten - aber es lohnt sich. Das kann ich aus eigener Erfahrung sagen.

 harzgebirgler (21.03.23, 18:28)
scheint auch noch beste deutsche wertarbeit
gegen die machtlos selbst der zahn der zeit. :D

lg vom harzer

 uwesch meinte dazu am 21.03.23 um 19:04:
Ja ich staune, dass der immer noch sein Dasein in meinem Beisswerkzeug erfüllt :)
Dank für Deinen humorvollen Kommi und die Empfehlung.  LG Uwe
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