Albtraum (Übersetzung)

Gedicht

von  Quoth

Ich höre, wie eine Armee das Land angreift,
Höre den Donner der eintauchenden Rösser, Schaum um ihre Knie:
Arrogant, schwarzgepanzert, stehen die Wagenlenker
hinter ihnen mit flatternden Peitschen und lassen die Zügel schleifen.

 

Sie schreien ihre Kampfnamen in die Nacht:
Ich stöhne im Schlaf, höre fern ihr rasendes Gelächter.
Sie spalten das Traumdunkel, eine blendende Flamme,
klingen, klingen auf dem Herzen wie auf einem Amboss.

 

Sie kommen, schütteln triumphierend die langen grünen Mähnen,
Sie kommen aus der See und rasen brüllend die Küste entlang.
Herz, warum bist du nicht weise und verzweifelst?
Meine Liebe, meine Liebe, meine Liebe, warum hast du mich verlassen?




Anmerkung von Quoth:

James Joyce:  Chamber Music XXXVI  in eigener Übersetzung. Dieser Text ist urheberrechtsfrei. Der Titel ist von mir.

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Kommentare zu diesem Text


 AlmaMarieSchneider (22.03.23, 14:30)
Das ist ein echter Alptraum. Von der ersten bis zur letzten Zeile. Der Anfang der dritten Strophe hat mich an den Film "The Fog" erinnert.

Gänsehaut Grüße
Alma Marie

 Quoth meinte dazu am 23.03.23 um 10:07:
Mich erinnert der Text auch an Gustav Falkes etwa gleichzeitig (vor 1907) entstandene "Stormfloth":
Wat brüllt de Storm?
   De Minsch is'n Worm!
Wat brüllt de See?
   'n Dreck is he!
Danke für dei Empfehlung mit Kommentar, liebe AlmaMarie.

 AchterZwerg (23.03.23, 07:07)
Ein wunderbarer Text.
Obwohl ich ansonsten zu James Joyce wenig Zugang habe.

Liebe Grüße
der8.

 Quoth antwortete darauf am 23.03.23 um 10:19:
Er wollte ja eigentlich Sänger werden, und Gesang spielt in seinen Erzählungen, z.B. in der von John Huston verfilmten Story "The Dead" eine große, wenn nicht die entscheidende Rolle. "Chamber Music" ist seine erste Veröffentlichung (1907) und enthält viele oft vertonte Texte ganz konventioneller, fast zu konventioneller Art. Text XXXVI wurde später angefügt und beruht sicherlich (auch) auf irischem Balladengut. Im Original reimen 1. und 3. Zeile, dem habe ich mich nicht unterwerfen mögen. Würde mich freuen, Dir ev. eine Tür aufgemacht zu haben. Gruß Quoth
Hobbes (38) schrieb daraufhin am 02.04.23 um 11:32:
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