Des Kaisers Piraten

Essay zum Thema Vergangenheit

von  AlmaMarieSchneider


Ein paar Schüsse verwickelten Deutschland in den ersten Weltkrieg.

Während die stolzen deutschen Kriegsschiffe ihren Hafen nicht verlassen konnten, weil englische Kriegsschiffe den Zugang zum Atlantik blockierten, wurden ca. ein Dutzend kleinerer Schiffe ausgerüstet. Sie sollten durch diese Blockade schlüpfen und Terror auf den Meeren verbreiten.

Als Kind habe ich die Geschichte vom Seeteufel regelrecht verschlungen. Auch Felix Graf von Luckner war ein Kaper-Kapitän und die Seeadler ein Segelschiff mit Hilfsmotor ein Kaperschiff.

Ich möchte hier jedoch die Geschichte der „Wolf“ erzählen.


Die SMS Wolf war ein ungepanzerter Hilfskreuzer und Minenleger der kaiserlichen Marine. Vorher ein Frachter, der umgebaut und mit Kohle befeuert wurde.

Sie hatte die Besonderheit, dass sie bei Bedarf ihre Silhouette verändern konnte. Dadurch war sie schwer zu identifizieren. Natürlich musste auch die Flagge nach Bedarf geändert werden.

Sie hatte 465 Minen an Bord und war mit 4 Torpedorohren bestückt.

Zudem hatte sie ein kleines Flugzeug an Bord „das Wölfchen“. Dadurch konnten frühzeitig große Handelsschiffe und eventuell Kriegsschiffe auf See ausfindig gemacht werden.

Die Mannschaft bestand aus 347 Mann und wurde vom Fregattenkäpitän Karl August Nerger geführt. Entgegen der üblichen Praxis war Nerger kein Adliger, aber ein hervorragender Navigator. An Bord war auch ein Matrose, der Oberheizer Theodor Plivier, der auf die Wolf zwangsversetzt wurde. Später schrieb er seine Erlebnisse als Schriftsteller auf. Sein Buch: „Des Kaisers Kulis“ kam noch während des Krieges auf den Markt.


Im November 1916 fuhr die Wolf vom Skagerrak aus, der norwegischen Küste entlang und schlüpfte über die Dänemarkstraße in den Nordatlantik. Sogleich machte sie sich südwärts auf den Weg um ihren Auftrag „Terror verbreiten“ zu erfüllen.

Vor der Küste Südafrikas und den Häfen Bombay und Colombo legten sie Minen aus. Auch vor Australien und Neuseeland verminten sie die Schiffsrouten zu den Häfen.


Da sie keinen Hafen anlaufen konnten mussten sie sich Proviant, Wasser und vor allem Kohle besorgen. Sie kaperten Schiffe. Dabei leistete das „Wölfchen“ gute Dienste. Hatten sie einen geeigneten Frachter entdeckt, näherten sie sich unter falscher Flagge, dann bekam der Frachter einen Torpedo vor den Bug und wurde aufgefordert sich zu ergeben. Die Mannschaft wurde an Bord der Wolf gebracht und dann das Schiff komplett ausgeraubt und versenkt.


Natürlich fiel das Verschwinden der Schiffe auf und in den Hafenkneipen erzählte man sich schaurige Geschichten von einem Geisterschiff.

Insgesamt kaperte die Wolf 35 Handelsschiffe und 2 Kriegsschiffe und versenkte sie.

Die Mannschaften der Handelsschiffe wurden an Bord genommen. Nur ein Mann, der Kapitän eines japanischen Schiffes beging vermutlich über Nacht Selbstmord und sprang in die See. Jedenfalls war er am Morgen nach der Übernahme verschwunden.

Da die Wolf keinen Funk benutzte, nur abhörte, konnte sie nicht geortet werden.

Mit über 467 Kriegsgefangenen an Bord brach Skorbut aus. Auch die Mannschaft war betroffen. Kapitän Nerger beschloss nach Hause in ihren Heimathafen Kiel zu fahren. Sie waren jetzt 451 Tage auf See, hatten eine Strecke, die den 2,5 fachen Erdumfang entspricht, zurückgelegt. Ihre letzte Kaperbeute reichte aus und sie machten sich auf den Weg.

Die größte Gefahr drohte ihnen von deutschen U-Booten. Auch denen konnten sie unbemerkt entkommen. Nachdem sie wieder durch die englische Blockade geschlüpft waren sahen sie sich den deutschen Kriegsschiffen gegenüber.

Zum ersten Mal benutzten sie nun ihren Funk und meldeten sich.

Vermutlich hörten sie nur Gelächter auf der anderen Seite. Längst hatte man vorsichtig die Angehörigen informiert, dass mit der Wolf nicht mehr gerechnet werden kann.

Aber auch hier handelte Nerger besonnen und nachdem bekannt wurde, dass sie auch noch 40 Millionen Mark Beute an Bord hatten, wäre es doch ein Frevel gewesen dieses Schiff zu versenken.

Die Mannschaft bekam das Eiserne Kreuz. Im Film ließ dann Theodor Plivier demonstrativ seine Auszeichnung in’ s Meer fallen.







Anmerkung von AlmaMarieSchneider:

Wichtigsten Daten der Wolf

Länge: 135m 
Breite:  17,1m
Tiefgang: max. 7,9m
Verdrängung: 11-1200t
Vermessung: 5.809 BRT
Besatzung: 347 Mann

Maschine: 3 Dampfkessel, 3-Zyl.-Verbundmaschine
Maschinenleistung: 2800PS (2059KW)
Höchstgeschwindigkeit: 10,5Kn. (19km/h)
Propeller: 1
Baujahr: 1913

Bordflugzeug: Friedrichshafen FF33e

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Kommentare zu diesem Text


 Aron Manfeld (14.05.23, 04:22)
Du bist eben auch tief in Dir eine Seeräuberin, liebe A!ma-Marie ...

 AlmaMarieSchneider meinte dazu am 14.05.23 um 14:34:
Ach Aron, ich wäre so gern Goldgräberin am Klondike geworden, aber das kalte Klima im Winter...
Seeräuberin wäre auch infrage gekommen, doch die raue See und die rauen Sitten sind nichts für mein empfindliches Seelchen. So musste ich meine Ambitionen diesbezüglich begraben. Das Herz schlägt natürlich noch in diese Richtung.

Herzliche Grüße
Alma Marie

 Redux (14.05.23, 06:47)
Absolut spannend und unterhaltsam.

 uwesch antwortete darauf am 14.05.23 um 07:04:
Finde ich auch. Gern gelesen.  LG Uwe

 EkkehartMittelberg schrieb daraufhin am 14.05.23 um 09:27:
Liebe Alma Marie.
ich kenne einige, die eine breite literarische Palette haben wie du, aber niemanden, der sie so locker präsentieren kann wie du.
Begeisterte Grüße
Ekki

 AlmaMarieSchneider äußerte darauf am 14.05.23 um 21:27:
@ Redux und Uwesch

Ich danke für Eueren Kommentar und die Sternchen.

Herzliche Abendgrüße
Alma Marie

 AlmaMarieSchneider ergänzte dazu am 14.05.23 um 21:33:
@Ekki

Lieber Ekki,
danke für Dein Lob. Ich freue mich sehr darüber, bin ich doch keine Profischreiberin.
Danke auch für Deine Empfehlung und Lieblingstext.

Herzlichst
Alma Marie

 franky (14.05.23, 09:22)
Hi liebe AlmaMarie
 
Ich liebe solche spannenden Räubergeschichten mit Fakten und daten,
Du hast das sicher sehr sorgfältig Recherchiert.
 
Einen schönen Sonntag wünscht Dir Franky

 AlmaMarieSchneider meinte dazu am 14.05.23 um 21:41:
Lieber Franky,
ja, habe ich und ich habe auch das Buch von Theodor Plivier.
Ich freue mich über Deinen Kommentar und Deine beiden Sternchen. Dankeschön!

Dir auch einen schönen Sonntagsgruß

Alma Marie
Teolein (70)
(14.05.23, 09:27)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 AlmaMarieSchneider meinte dazu am 14.05.23 um 21:43:
Danke Teolein auch für Deine Empfehlung und Lieblingstext.
Freue mich natürlich besonders über Dein Lob.

Liebe Abendgrüße
Alma Marie

 AchterZwerg (14.05.23, 19:03)
Liebe Alma,
du schreibst am Muttertag über des Kaisers Piraten?
Irgendetwas muss in deinem Leben gründlich schief gelaufen sein! ;)

ahnt
der lächelnde8.

 AlmaMarieSchneider meinte dazu am 14.05.23 um 21:37:
Liebe AchterZwerg,

das kann man wohl sagen. Keine Goldgräberin, keine Piratin, aber Sohn war da. Das tröstet schon sehr.

Danke für Dein Sternchen und Deinen Kommentar.

Liebe Grüße in Deine Nacht
Alma Marie

 Hobbes (14.05.23, 19:59)
---

gute Arbeit. Sehr gut recherchiert.

Gute Grüße

Peter

 AlmaMarieSchneider meinte dazu am 14.05.23 um 21:45:
Danke Peter,    :)

Liebe Grüße zurück
Alma Marie

 Quoth (15.05.23, 17:18)
Tolle "Helden"-Geschichte, die Du da ausgegraben hast. Wundere mich, dass meine Mutter, die für die Kinaus und Graf Luckner schwärmte, die nie erzählt hat, dafür aber um so mehr eine ganz andere: die von Paul von Lettow-Vorbeck ... Frage mich, wie das Wölfchen auf dem Schiff starten und landen konnte ... Danke! Quoth

 Graeculus meinte dazu am 15.05.23 um 17:30:
Das "Wölfchen" war ein Seeflugzeug, das m.W. mit einem Kran zu Wasser gelassen wurde und von dort aus startete:

https://de.wikipedia.org/wiki/SMS_Wolf_(1913)#/media/Datei:Woelfchen_1.jpeg

Die Landung verlief dann umgekehrt, inkl. Kran.

 Quoth meinte dazu am 15.05.23 um 22:25:
Aha, so funktionierte damals also ein Flugzeugträger! Vielen Dank, Graeculus.

 AlmaMarieSchneider meinte dazu am 16.05.23 um 11:46:
Lieber Quoth,

danke für Deinen Kommentar und Dein Sternchen.
Also mit dem Paul von Lettow-Vorbeck mag ich mich nicht anfreunden. In Afrika hat "deutsche Militärmacht" grausam und roh zugeschlagen. Die Bevölkerung sollte "ausgerottet" werden. 
Auf der Wolf herrschte auch der Klassenunterschied Offiziere und Mannschaft. Den Offizieren ging es immer gut. Während die Mannschaft schlechtes Essen und Wasser bekam, stand ihnen Wein und das Beste zu.
Wären der Kapitän und seine Offiziere adlig gewesen, wäre es bei 451 Tagen auf See ohne einen Hafen anzulaufen, vermutlich für die Mannschaft noch schlimmer gekommen.

Zum "Wölfchen" hat sich ja schon Graeculus geäußert.

Herzlichst
Alma Marie

 TassoTuwas (15.05.23, 17:54)
Liebe Alma Marie,

auf der Skala meiner Bewunderung hast du die höchste Stufe erklommen!

Selbst als Pazifist bleibt mir nichts anderes übrig, ich knalle die Hacken zusammen und salutiere.

TT (gemustert mit Ersatzsreserve 2)

 AlmaMarieSchneider meinte dazu am 16.05.23 um 11:56:
Lieber TassoTuwas,

jetzt übertreibst Du aber.   :D
Ich (nicht gemustert und Ersatzreserve) bedanke mich für Deinen Kommentar und Deine Empfehlung.

Liebe Grüße
Alma Marie

 Beislschmidt meinte dazu am 16.05.23 um 13:04:
Gut recherchiert, Alma Marie und ebenso gut erzählt.
Beislgrüße

 AlmaMarieSchneider meinte dazu am 16.05.23 um 23:09:
Danke Beislschmidt. Freue mich über Dein Lob und Sternchen.

Liebe Grüße in Deine Nacht
Alma Marie

 Dieter_Rotmund (25.05.23, 17:59)
Torpedorohre -> Torpedorohren

 Graeculus meinte dazu am 25.05.23 um 18:06:
An Dieter_Rotmund:

Wer im Glashaus sitzt, soll nicht
O Geranien züchten
O mit Veilchen schmusen
O mit Steinen werfen

Richtiges bitte ankreuzen!

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 25.05.23 um 18:46:
Ich verstehe nicht, was Du sagen willst.

 AlmaMarieSchneider meinte dazu am 25.05.23 um 19:02:
@Dieter_Rotmund
@Graeculus

Also Torpedorohre oder Torpedorohren? Rohre ist Mehrzahl.
den Rohren?
Ich nehme die Veilchen!   :D

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 25.05.23 um 19:13:
Das ist keine Frage von Singular/Plural, sondern des Kasus, ich wollte die korrekte Deklination angeben.
Warum Graeculus daraus ein Quiz macht, ist mir ein Rätsel.

 Graeculus meinte dazu am 25.05.23 um 19:35:
An Alma:

"mit Torpedorohren", Dativ Plural, da hat Dieter schon recht.
Ob er sich, im Glashaus sitzend, nicht besser der Entwicklung seiner eigenen Rechtschreibkünste widmen sollte, steht auf einem anderen Blatt. "durchhälst" (heute an anderer Stelle), au weiah!

 AlmaMarieSchneider meinte dazu am 25.05.23 um 22:26:
Ist jetzt ausgebessert.

Danke Euch Beiden für Hinweis und Kommentare.
Die Torpedorohre sind repariert.
Danke Dieter_Rotmund für Dein Sternchen.

Herzlichst
Alma Marie
Agnete (66) meinte dazu am 26.05.23 um 12:07:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.
Agnete (66)
(25.05.23, 19:08)
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 Dieter_Rotmund meinte dazu am 25.05.23 um 19:14:
Wer ist "das Volk"?

 AlmaMarieSchneider meinte dazu am 25.05.23 um 22:31:
@Dieter_Rotmund

ICH?

@Agnete
Leider ja, Theodor Plivier wirft ja (zumindest im Film) sein
Eisernes Kreuz, für das er gelitten hat, ins Meer. Der Krieg wurde ja verloren.
Danke auch für Deine Empfehlung.

Liebe Grüße
Alma Marie

Antwort geändert am 26.05.2023 um 01:18 Uhr
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