Schön, wie die neue Kerze, die ich gerade in den verknoteten Kerzenständer gesteckt habe, von der Eichel her brennt; musikalisch läuft Zoetrope auf der Anlage und es hat sich noch kein Nachbar beschwert; ich habe den Schimmel im Bad mit Chlorreiniger und der Zahnbürste entfernt; draußen fallen die Blätter; Finken schauen neugierig, ob es auf dem Balkon etwas für sie gibt; die Felder sind abgeerntet, und der Rasen leuchtet blaugrün unter dem aufgehenden Mond.
Ich wäre nur ein ganz schlechter Gott, ich kann nicht einmal eine Spinne zertreten.
Wenn wir alle aufhörten zu atmen, würde so der Welt bestimmt besser geholfen sein; aber die einen denken, dass die anderen zuerst aufhören sollten, und die anderen denken, dass die einen besser zuerst aufhörten. Und nebenbei wird noch Geld verdient, um zum Mars fliegen zu können oder was weiß ich wohin.
So schön ist der Rasen, wenn ich auf ihn blicke. Nachts steht da manchmal ein verirrtes Reh zwischen der B3 und der nahezu ausgetrockneten Nidda und den Feldervierecken, die nachts mit grellen Scheinwerfern beackert werden, und ich denke, wo kommst du denn eigentlich her, du Fabelwesen, von all dem Lärm und der Idiotie verängstigt, hier zwischen den kahlen Bäumen und verdorrten Hecken, so ganz allein.
So lassen wir dich nicht herein.
Und ihr Gänse, ihr Geschöpfe des Himmels – fliegt, flieht so weit ihr könnt.
Ich sehe euch nach.
Ihr Igel – lauft so schnell eure Beinchen euch tragen.
Rennt, ihr Hasen und schlagt Haken.
Flieht, Kreaturen und Wesen. Die Menschen werden euch vertilgen, bevor sie sich selbst auffressen.
Aber vorher, vorher seid ihr dran.
Das ist aber doch nur ein Märchen, um die Kinder in den Schlaf zu wiegen. Steck den Nuckel in den Mund, Liebchen, und dann wird alles wieder gut werden. Der Ochs macht Muh und das Schaf macht Mäh. Die Ziege meckert im Stall und die Katze schnurrt auf deinem Bauch.
Insgeheim will ich das auch.
© Rainer M. Scholz