vergewaltigung

Text zum Thema Vergewaltigung

von  redangel

angeklagte, sie haben die möglichkeit die aussage zu verweigern, sagte man zu ihr.
alles was sie jetzt sagen, kann gegen sie verwendet werden. möchent sie mit
einem anwalt sprechen?
sie kannte zwar mal einen ausgesprochen netten anwalt, sie mußte immer noch
lächeln, wenn sie an ihn dachte.er war allerdings in dieser sache kein fachmann. sie gedachte sich selber zu
verteidigen. sie hatte nichts böses getan, nichts wofür sie eine strafe verdient hätte, glaubte sie zumindest.
was wirft man mir denn vor, fragte sie? ich bin mir keiner schuld bewußt.
er trat als kläger gegen sie auf. dabei waren sie sich doch mal so nahegestanden.
sie konnte das einfach nicht nachvollziehen. es hatte ihm doch immer gefallen, er hatte doch alles gern mitgemacht.
im gegenteil, er hatte sie noch angestachelt weiterzumachen, als sie längst
die lust auf das spielen und darauf verloren hatte. die anklage lautet auf vergewaltigung mit worten, sagte der staatsanwalt.
wortgewaltmißbrauch.
die angeklagte hat von anfang wortgewalt angewendet. hat das opfer mit reizworten hochgeschaukelt, ihm schmutzige worte ins ohr geflüstert, später sogar laut ins gesicht geschrien. sie können in der anklageschrift
nachgelesen werden. wir wollen dem opfer diese schmach ersparen, nochmal
damit kompromitiert zu werden.
die angeklagte hat angriffsworte eingesetzt.
das opfer mit stichworten traktiert, schimpf und schlagworte ohne rücksicht
auf verletzungen, die dem opfer damit zugefürgt wurden,
eingesetzt. auch vor machtworten hat sie nicht zurückgescheut. das opfer hatte von anfang an keine chance, sich zur wehr zu setzen. es mußte sich der wortgewalt schweigend unterwerfen. das opfer wurde mit wortgewalt festgehalten und gezwungen, der angeklagten
zu willen zu sein. die anklage lautet auf
wortvergewaltigung eines völlig unbescholtenen mannes, sagte der staatsanwalt. sie können jetzt zur anklage stellungnehmen.

sie mußte erst tief durchatmen, bevor sie zu sprechen begann.hohes gericht, sagte sie, dieser mann hat mich durch seine provokante kleidung, seinen herausfordernden blick, seine offen zur schau gestellten brusthaare, seine art zu gehen total herausgefordert.
nicht ich habe den ersten schritt zur kontaktaufnahme getan. nein, er hat mich mit den worten, na du kleines luder, sag mir mal ein paar
schlimme worte ins ohr, derart angemacht, dass ich nicht anders konnte, als ihm welche zuzuflüstern.wie hätten sie sich denn verhalten, wenn ihnen jemand dabei in den ausschnitt fasst und eindeutig in den po kneift.hätten sie das nicht auch als aufforderung angesehen, daß dieser mann mehr haben wollte? mehr davon, wortspass eben.
sie müssen mir glauben, ich habe noch nie jemandem gewalt angetan, sehen sie mich doch an, meine zarten hände, meine ganze statur. wie hätte ich einem solchen riesen jemals gefährlich werden können, mit ein paar kleinen machtworten? mit ein paar eindeutigen schlagworten, netten sprichworten aus dem lexicon der erotik.er hat ja selber gesagt, er findet mich reizend. kannst du nicht noch ein wenig aufreizender sein, hat er gefragt? das finde ich richtig gut. was hätte ich ihrer meinung nach tun sollen, euer ehren?
er hat gesagt, schreib mir, schreib mir ruhig heftigeres, es gibt keine tabus zwischen uns. wir können über alles reden, mach dir keine gedanken, wenn du heftige worte verwendest, mir gefällt das. du kannst dich gerne drastisch ausdrücken, wilde worte turnen mich noch mehr
an. schmuseworte natürlich auch, alles zu seiner zeit.
nur mach es, sagte er,bitte, mach es. ich warte nur darauf, jeden tag. ich
erlaube dir sogar nackte gewalt bei mir anzuwenden.
ruf mich an und erzähl mir wortgeschichten, sagte er.sei ruhig laut dabei, ich kann es auch werden. ich kann dir nicht widerstehen, los du hast ab jetzt die befehlsgewalt.damit hat er mir doch eine blankovollmacht erteilt. das hat er zu mir
gesagt, euer ehren. was hätten sie getan? ernst genommen, ich hab ihn einfach ernst genommen. ich konnte nicht wissen, daß er in wirklichkeit garnicht überwältigt werden wollte.
daß er meine worte als schablonen betrachtet hat, als leere worthülsen,
denen man keinen glauben schenken mußte. sie weiterverteilte wie rundschreiben.hau mir die worte ruhig um die ohren,
sagte er, mach es mir richtig deutlich. wie konnte ich ahnen, daß er dies später als drucksache empfand bzw.
auslegte. sein schweigen war einfach nicht eindeutig für mich zu interpretieren.
es tut mir leid, euer ehren, aber ich fühle mich total unschuldig.es fehlen mir einfach die worte, sagte sie.
die richterin :  freispruch.

© redangel

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Kommentare zu diesem Text


 souldeep (25.08.05)
also den finde ich echt gut! dieser text von dir ist meines erachtens mehrschichtig und gefällt mir ausgesprochen...ist sozusagen mein liebling von dir...hab zwar noch lange nicht alles gelesen, aber dieser zieht...zieht mich voll an...zieht an den lachmuskeln..auch an jenen, die eher seltener gebraucht werden (jene, die humor mit geist bewegt!) und zieht in den eingeweiden...den wie oft ist es ja andersrum, nicht wahr?!
mehr sag ich nicht.
bewunder.
still.
herzvoll in die nacht dir liebe grüsse schick ich....kirsten
shorty (32)
(28.08.05)
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