Das Mädchen mit der Taschenlampe

Short Story zum Thema Schicksal

von  Secretgardener

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„Verdammte Scheiße“.

Genau das dachte Frank Viktiem, als ihm bei 90km/h der rechte Hinterreifen platzte und er die Kontrolle verlor. Der Wagen fing sofort an auszubrechen und sich im Mondenschein zu drehen. Er geriet von der Straße, drehte sich auf das Feld und fing an sich zu überschlagen. Viktiem wußte ohne Sonne nicht einmal, ob er gerade auf dem Kopf stand oder nicht. Nach schier endloser Zeit blieb der dunkelblaue Ford Escort auf der Fahrerseite liegen.
Nach einigen Sekunden hatte er sich an die Dunkelheit gewöhnt und erkannte seine Lage. Viktiem lag auf dem Rücken und war mit einer klaren Flüssigkeit überzogen. Er sah an sich runter und sah, daß das Aquarium vom Beifahrersitz zerbrochen war und die 2 Goldfische zappelnd auf seiner Brust lagen. Außerdem steckten einige Glassplitter in seinen Armen, das Wasser vermischte sich.
Frank wollte sich aus dem Wagen befreien und löste den Gurt, worauf er aus seiner Position rutschte und hart mit dem Kopf gegen die Autotür knallte. Von da an war es dunkel.

Er wußte nicht, wie lange er so zugebracht hatte, aber plötzlich wurde er mit einem Schlag wach.

Ein gleißendes Licht blendete ihn; selbst als er die Augen schloß. Instinktiv ging er darauf zu.
„G..Gott? Sind sie es?“ – „Nein, nur ein kleines Mädchen mit einer 1.200Watt Xenon-Taschenlampe, hihi.

Viktiem wußte nicht, was er davon halten sollte. Da saß ein zirka 11jähriges Mädchen mit giftgrünen Augen und wunderschönen, schwarzen, glatten Haaren die bis zu den Schultern reichten auf dem Boden und spielte mit dieser wahnsinnig starken Taschenlampe, daneben lagen einige Murmeln; der Boden war schwarz und ringsherum nur Finsternis.
„ Wer…Wer bist du“? – "Ach, ihr habt so viele Namen für mich. Aber bitte nicht Belzebub! Ich bin ein paar tausend Jahre alt; ich hasse es als Bub bezeichnet zu werden.
Sie drehte sich zu ihren Murmeln und fing an damit gedankenverloren zu spielen. "Ich liebe dieses Murmelspiel. Es ist so...willkürlich.“Er bemerkte, daß auf allen Murmeln eine „6“ drauf war, oder „9“, je nachdem. Sie stieß eine mit dem Daumen an, die dann an zwei andere stieß; es ergab sich „999“. „Ha!“ Mit viel Hall vernahm er ihre Worte, „Wie kommt ihr nur immer auf 666? Das war doch auf Kopf.

„Bin ich…bin ich in der Hölle“? – „Ach man, immer dasselbe. Bin ich in der Hölle? Warum nicht im Himmel? Gibt es Gott wirklich? Habt ihr keine anderen Fragen?
Seit einigen hundert Jahren unterhalte ich mich mit euch und langsam frage ich mich warum. Mal unter uns: Gott, wie ihr ihn nennt, wird ziemlich überschätzt. Und das sage ich nicht nur, weil ich nicht mehr für ihn arbeite.
Hör´ zu! Ich habe dich ausgesucht, ich habe einen Test mit dir vor. Und, bevor du auch nur daran denkst das zu fragen: Nein, nicht wie bei diesem Hiob. Wo sind wir denn? Ihr lebt im 18. Jahrhundert; auch, wenn ihr es für das 21. haltet; ihr solltet diesem Illig glauben! Denkt immer daran: Nicht historische Personen machen Geschichte, sondern Geschichtsschreiber.
Also, folgendes.“
Er konnte das Blitzen in ihren Augen sehen.
Ich werde dir eine Person schicken. Danach, wie du sie behandelst, werde ich deinen Weg schreiben. Natürlich werde ich dir nicht sagen, wer es ist, oder wann sie erscheint.

Viktiem wurde langsam heiß. „Aber warum ich? Und wie kann ich sicher sein, daß du wirklich der Teufel bist?“
"HÖR´ MAL ZU KLEINER! Ich brauche mich NIEMANDEM zu beweisen. Ich habe 1.000 Schlachten geschlagen, da habt ihr euch noch mit Knüppeln auf eure stumpfen Köpfe geschlagen.“ Das Grün in ihren Augen kochte regelrecht, er erkannte eine Tätowierung auf ihrem Nacken:

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Ted Bundy


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Ich habe dich ausgesucht weil ich dachte, daß es mit dir Spaß machen könnte. Und bevor du auf die Idee kommst, dir bei IHM Rat zu holen: vergiss es! Er weiß, daß es besser für ihn und seine Schäfchen ist mich manchmal meine Spiele spielen zu lassen.
Aber, damit du die ganze Sache ernst nimmst, werde ich dir noch etwas auf den Weg mitgeben. Hier, fang´!
“ Sie warf ihm eine Murmel zu. Als er sie fing merkte er, daß sie glühte, worauf er sie fallen ließ und sich die Verbrennungen in seinen Händen ansah.
Frank vernahm ein höhnisches Lachen, das immer lauter zu werden schien. „Und bedenke, ER wacht nicht jede Sekunde über euch, das tue nur ich.
Und mit einer abfälligen Handbewegung in seine Richtung verschwand sie wieder und Frank wachte auf.

„Guten Morgen Herr Viktiem, schön sie wieder unter uns zu haben.“ – „Wo…wo war ich, wo bin ich, wer sind sie“? – „Ganz ruhig, sie müssen erstmal wieder zu Kräften kommen. Sie sind hier im Krankenhaus, sie waren im Koma, ich bin Krankenschwester Monica.“
„Wie lange war ich…?“ – „Rund einen Monat. Wir haben ihre Frau bereits benachrichtigt, sie sollte gleich da sein.“
Instinktiv wollte er sich die Schläuche herausreißen. „Nein, Herr Viktiem. Die brauchen sie noch eine Weile. Und mit den Verbänden um ihre Hände klappt das sowieso nicht. Wie haben sie sich die Verletzungen eigentlich zugezogen? Selbst die Stichwunden auf ihren Armen sind bereits verheilt, aber die Verbrennungen in ihren Händen wollen einfach nicht heilen und niemand kann sich erklären, wie sie zustande gekommen sind; es gab nicht das kleinste Feuer bei ihrem Unfall soll die Polizei gesagt haben.“

Er blieb noch eine Woche im Krankenhaus und musste danach weitere Nachuntersuchungen über sich ergehen lassen.
Es dauerte eine Weile, bis er sich wieder gefangen hatte, körperlich und vor allem psychisch. Immer wieder mußte er sich die Verbrennungen ansehen, die selbst nach Jahren nicht verschwanden.

Seine Familie konnte sich seine Veränderung nicht erklären. Am Anfang war er fast übertrieben nett. Seine Kinder wurden über alle Maßen verwöhnt und seine Frau trug er buchstäblich auf Händen.
Frank Viktiem war freundlich zu seinen Mitmenschen, spendete regelmäßig und war sogar ehrenamtlich in einigen Organisationen tätig.
Mit der Zeit jedoch begann es langsam nachzulassen und er fragte sich, ob er sich das alles nur eingebildet hatte und selbst ob er die Verbrennungen nicht doch bei dem Unfall bekommen hatte.

Rund 7 Jahre nach seinem Unfall fand er sich in einem Traum wieder. Wieder saß da dieses kleine Mädchen, doch diesmal mit feurig roten Augen.
Ich habe wieder meine alte Gestalt angenommen, gefällt mir eigentlich ganz gut. Also, hast du dir Gedanken gemacht?“ – „Ja, natürlich. Ich habe wirklich versucht, jedem meiner Mitmenschen dienlich und hilfsbereit gegenüber zu stehen.“ –
Hör´ auf so zu heucheln. Glaubst du ernsthaft, es bringt etwas MIR in den Arsch zu kriechen?
Also, erinnerst du dich an den behinderten Jungen?
“ – „Ja.“ – „An die alte Oma die gestürzt war?“ – „Ja.“ – „An die scharfe Rote, die nicht genug Geld für ihr Kind hatte?“ – „Ja, natürlich.“ –
"UND GLAUBST DU WIRKLICH, ICH WÜRDE ES DIR SO EINFACH MACHEN???[/b]“

In ihren Augen wurde das Rot zu Lava. Sie schrie so laut, daß die Kerzen um sie herum anfingen zu wackeln.
Er spürte die Druckwelle und wie sie ihn durchfuhr, er spürte einen messerscharfen Schmerz auf seinen Ohren. Es war, als ob jemand mit dünnsten Rasierklingen in seine Ohren schneiden würde. Er spürte auch dünne Risse auf seinen Wangen und wie seine Augenbrauen von der Hitze einfach dahinschmolzen.
Sie war jetzt aufgestanden und ballte ihre kleinen Hände zu Fäuste, was auf der einen Seite wegen des Alters ihres Körpers lustig aussah, ihm aber wegen ihres Seins nur noch mehr Angst machte.

Erinnerst du dich? Vor 2 Jahren, dieses blonde, verwöhnte Biest…?
- „N…nein, tut mir leid, wirklich nicht.“ – „Hör´ auf dich bei mir zu entschuldigen, das bringt sowieso nichts. Du kannst dich also nicht erinnern? Wie schade…für dich.

Er wußte nicht, was er sagen sollte; versuchte immer noch krampfhaft sich zu erinnern.
„Was habe ich denn bei ihr gemacht, wie…war ich zu ihr?“ –
Nun, DAS…wirst du noch früh genug sehen. Und jetzt wieder ab mit dir; und diese Wunden sind nach ein paar Tagen wieder weg.
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Kommentare zu diesem Text

Müggelin (24)
(27.11.05)
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 Secretgardener meinte dazu am 27.11.05:
...ich hoffe mal gut. Ja, so in Ruhe sollte es schon einen besseren Eindruck machen...
Vielen Dank für den Hinweis.
Viele Grüße aus Brandenburg, das blonde, verwöhnte Biest klingelt gerade an meiner Tür, Secret.
shadowhunter (28)
(30.11.05)
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 Secretgardener antwortete darauf am 30.11.05:
Wenn ich nur wüßte, was ich daraus schließen soll...hmm...
shadowhunter (28) schrieb daraufhin am 05.12.05:
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 Secretgardener äußerte darauf am 05.12.05:
...dann hoffe ich mal, daß ich dieses kleine, norddeutsche Köpfchen noch nachdenklicher als sonst schon gemacht habe. Ja, die Geschichte kann man auf viele Weisen auffassen und manch einer sieht eine andere Moral in der Geschichte als ich. Zum Beispiel wurde gesagt, daß der Teufel Frank danach behandelt, ob er Personen GUT behandelt, aber es wurde nie gesagt, daß er sie gut behandeln soll, es ist immerhin der Teufel. Das ist ja das Fiese, er lässt immer Entscheidungen offen, man weiß nie genau, was er will...
Liebe Grüße, Secret.
Rücksicht (22)
(28.07.06)
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 Secretgardener ergänzte dazu am 28.07.06:
Ich habe es mir auch noch einmal durchgelesen und 2, 3 verbesserungswürdige Stellen gefunden (eher Kleinigkeiten) und einen Tippfehler. Mir gefallen besonders die Dialoge.
Freut mich aber, daß es Dir soweit gefällt. Eine Fortsetzung wird es nicht geben, da ich es für abgeschlossen halte, was ich sagen wollte habe ich gesagt, auch, wenn nicht sehr offensichtlich...
Liebe Grüße, Angelo.
PS.: Apropos Schwächen: Sei froh, daß Du nicht weißt, wie der Titel im Original hieß
(Antwort korrigiert am 28.07.2006)
fairytale (22)
(06.08.06)
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 Secretgardener meinte dazu am 06.08.06:
Erstmal danke für die Empfehlungen.
Ich wüßte gar nicht, was in die Fortsetzung rein sollte und wozu sie gut sein sollte, da es doch zuende ist
Die Reden vom Mädchen sind meine Lieblingsstellen des Textes; freut mich wirklich sehr, daß es Dir so gut gefällt (was lange währt, hehe).
Vielen Dank für die Komplimente und Grüße, Angelo.
mood (28)
(08.08.06)
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 Secretgardener meinte dazu am 08.08.06:
Da muß ich aber wirklich mal Danke sagen, denn über den Anfang war ich immer sehr unsicher.
Doch, doch, es gibt eine Auflösung. Man muß nur wissen, wonach man suchen muß
Ich hoffe nur, daß man die Anspielungen bemerkt, z. Bsp. auch der Name der Person.
Also, vielen Dank für die Komplimente und liebe Grüße, Angelo.
argot (30)
(09.07.10)
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