Traum und Realität

Geschichte zum Thema Kinder/ Kindheit

von  mr.d

Als ich wie jeden Morgen verschlafen vor dem Spiegel stand, habe ich mir überlegt, wie ich Menschen, die verarmt leben, helfen kann.
In meinen Gedanken sehe ich mich auf einer großen Fläche in Brasilien stehen. Diese Fläche liegt zwischen den Metropolen Sao Paulo und Rio de Janeiro. Ich bin gerade bei der Besprechung für ein Haus, das für die Straßenkinder und Kinder von verarmten Familien gebaut werden soll.
Ein weiteres Problem ist, das viele Familien sehr viele Kinder haben, obwohl sie sich eigentlich keine Kinder leisten können.
Meist werden diese Kinder dann auf die Straße geschickt, um dort zu arbeiten und Geld für ihre Familien zu verdienen.
Auf der Straße verfallen die Kinder dann leider häufig der Kriminalität. Viele Kinder würden auch gerne in die Schule gehen, um sich eine bessere Zukunft zu sichern.
Es kommt auch häufig vor, dass Kinder an reiche Familien verkauft werden, da ihre richtigen Familien Geld zum Überleben brauchen und sonst keine andere Möglichkeit sehen, um an Geld zu kommen.
Ich möchte versuchen, den Kindern eine bessere Zukunft zu geben. Doch bis jetzt ist alles nur ein Traum. Mal sehen, ob dieser real wird. Ich hoffe es doch sehr.

6 Jahre später:

In diesen 6 Jahren habe ich viel an diesem Traum gearbeitet. Als erstes habe ich eine 4 jährige Ausbildung zum Erzieher gemacht. Im  Anschluss daran habe ich für kurze Zeit in einer Kindertagesstätte gearbeitet, in der Kinder von Eltern die beide berufstätig sind den Tag verbringen.
Danach habe ich noch für ein Dreivierteljahr in einem Heim für schwer erziehbare Kinder gearbeitet, um weitere Erfahrung zu sammeln. In diesem Heim gab es zum teil auch Kinder, die schon eine kriminelle Vergangenheit hinter sich haben.
Es war recht schwer sich auf die Kindereinzustellen, da man nicht so leicht mit ihnen umgehen kann, wie mit anderen Kindern. Man muss immer genau aufpassen was man tut, damit sie einem nicht weglaufen oder das sie andere Dummheiten machen.
Natürlich kann man in so einer kurzen Zeit nicht alle Erkenntnisse und Erfahrungen sammeln, die vielleicht nötig sind. Ich denke aber, dass die Erkenntnisse, die ich dort gesammelt habe, mir für meine weiteren Vorhaben doch sehr helfen würden.
Dann bin ich zu dem Entschluss gekommen nach Brasilien zu gehen, um meine Traum zu verwirklichen.
Dies war ein sehr schwerer Entschluss, da er bedeutet nahezu alles hinter sich zu lassen, was mir hier in Deutschland etwas bedeutet.
Doch letztendlich habe ich diesen Schritt dann doch gewagt.
Es gab noch viel zu tun, da viele Dinge geplant und beachtet werden mussten. Zum einen mussten Visaanträge gestellt werden, damit ich mich in Brasilien aufhalten durfte, zudem gab es Probleme mit der Finanzierung. Ein Aufenthalt in Brasilien ist keine günstige Angelegenheit. Außerdem musste ich mich um eine Wohnung kümmern, da ich nicht im Hotel und aus Koffern leben wollte.

Jetzt stehe ich wirklich hier in Brasilien. In dem Ort S.José dos Campos. Dieser Ort liegt ca. 80 km von Sao Paulo und ca. 250 km von Rio de Janeiro entfernt. Es müssen nur noch die Verträge für das Bauvorhaben unterschrieben werden, dann kann es endlich losgehen und mein Traum wird endlich wahr.
Wie lange musste ich kämpfen, um dieses Grundstück zu bekommen, damit es nicht in die Hände dieses Autokonzerns fällt, der dort ein neues Werk bauen wollte. Doch durch viele Sponsoren wurde dies zum glück abgewendet und schon bald kann dieses Haus hier stehen.
In dieser Gegend hat sich sehr schnell herumgesprochen, dass es bald ein Haus geben soll, in dem Kinder, die auf der Straße leben, ein neues Zuhause finden können, um sich eine Zukunft zu sichern.
Natürlich können nicht alle Kinder in diesem Haus leben. Es ist so geplant, dass die Kinder, die aus Sao Paulo und Rio de Janeiro kommen auch in diesem Haus leben und die Kinder, die aus der Umgebung stammen hier zur Schule gehen oder eine Ausbildung machen können.

3 Monate später:

Jetzt endlich ist das Haus fertig und es sind schon so viele Kinder da. Das Haus trägt den Namen „Haus der Hoffnung und Zukunft“.
Die meisten Kinder haben sich schnell eingelebt und es freut mich jeden Tag zu sehen, wie glücklich die Kinder geworden sind.
Ganz besonders aufgefallen ist mir ein ungefähr 16 Jahre altes Mädchen, das eine besonders schwere Kindheit hinter sich hat.
Ich weiß nicht einmal, ob man es überhaupt Kindheit nennen kann. Deshalb möchte ich euch kurz die Geschichte dieses Mädchens erzählen.
Das Mädchen wurde im Alter von 2 Wochen von ihren Eltern abgegeben, da sie nicht in der Lage waren sie zu versorgen.
Die Familie, die das Kind aufgenommen hat, gab dem Mädchen den Namen Penélope und hat mit zunehmenden Alter des Kindes, in ihr eine billige Arbeitskraft gesehen, die für alle Arbeiten zu benutzen war.
Die eigenen Kinder der Familie wurden viel besser behandelt und hatten fast alle erdenklichen Freiheiten. So durften sie spielen und mussten nicht im Haushalt mithelfe, obwohl sie viel älter waren.
Penélope musste sogar ohne Bettwäsche schlafen und durfte sich nur 3 Mal in der Woche mit kaltem Wasser waschen.
Es wurde ihr auch verboten zur Schule zu gehen. Sie musste immer im Haus bleiben und dortige Arbeiten erledigen.
Mir zunehmender Zeit verlor Penélope ihre eigene Identität und innere Stärke. Zudem vermindere sich ihr eigenes Wertgefühl immer mehr. So ging es über viele Jahre.
Mit 12 Jahren wurde das Mädchen an eine reiche Familie in Rio de Janeiro verkauft. Zuerst freute sich Penélope auf ihre neue Familie, da sie hoffte, dass es ihr von nun an besser gehen würde.
Aber auch hier wurde sie nur als billige Arbeitskraft angesehen, die für alles zu gebrauchen war. Die Familie hatte auch noch zwei weitere Kinder, die beiden Mädchen waren im Alter von Penélope.
Tagsüber musste sie im Haushalt arbeiten und abends wurde sie dann gezwungen in den Clubs, die dem Vater gehörten, zu arbeiten und ihre Dienste zur Verfügung zu stellen.
Denn die „Familie“ sah, dass sie durch die Schönheit Penélopes zu noch mehr Reichtum gelangen kann.
In dieser Zeit verlor Penélope noch mehr an ihrer schon fast vollkommen verschwundenen Identität. Sie wusste schon kaum noch, wer sie in Wirklichkeit war. Mit 15 Jahren gelang es ihr endlich von der Familie wegzulaufen. Sie lebte erstmal ein Jahr lang auf der Straße.

Nun ist sie im „Haus der Hoffnung und Zukunft“. Hier hat sie auch einen neuen Namen erhalten, damit sie Abstand zu ihrer Vergangenheit bekommt.
Nun heißt sie Janiona und hat nun angefangen in die Schule zu gehen. Doch bis jetzt spricht sie nicht. Sie sitzt oft stundenlang da und schaut stumm vor sich hin.
Aber mittlerweile haben wir sie dazu gebracht ihre Wünsche auf ein Blatt Papier zu malen.
Dabei sind wir folgendermaßen vorgegangen:
Wir haben unsere Fragen auf ein Blatt Papier gemalt. Am Anfang hat sich Janiona die Bilder nur angesehen und nicht reagiert. Aber nach einer Weile hat sie begonnen auch Bilder auf ein Blatt Papier zu malen.
Am Anfang natürlich noch sehr vorsichtig und langsam, aber mit zunehmender Zeit wurde sie immer lockerer. So konnten wir beginnen ein bisschen mit ihr zu kommunizieren.
Wen sie Bananen essen wollte, hat sie Bananen aufgemalt und wenn sie das Meer wollte, hat sie Wasser und Strand gemalt.
Langsam konnten wir so ihr Vertrauen gewinnen und sie hat gemerkt, dass wir ihr nichts Böses wollen. Einige Zeit später hat sie auch begonnen zu sprechen.
Erst sehr zögerlich und langsam, so als hätte sie Angst etwas falsches zu sagen, aber da die nun immer mehr spricht, ist sie auch nicht mehr angespannt und ängstlich.
Ich glaube, dass sie nach all dem Schrecklichen was ihr zugestoßen ist, schon einen Teil eines neuen Lebens finden konnte. Mein größter Wunsch ist, dass sie eines Tages glücklich und zufrieden leben kann.
Sie hat sich hier sehr gut eingelebt und ist auch sehr gut in der Schule. Janiona hat schon viele Freundinnen gefunden, die ihr helfen in ein „normales“ Leben zurückzukehren, da sie zum Teil von ihrer Vergangenheit wissen.
Durch ihre neuen Freunde und Freundinnen hat sie schon viel mehr Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein bekommen.
Mit ihren Freunden unternimmt sie sehr viel und hat uns auch schon gefragt, ob sie ein Zimmer mit ihren Freundinnen bekommen kann, da sie gerne noch mehr mit ihnen zusammen sein möchte. Wir haben nichts dagegen, da wir froh sind, sie glücklich zu sehen.
In der Schule möchte sie immer mehr lernen und hinterfragt alles das, was sie wissen möchte. Sie ist sehr interessiert und aufgeschlossen.
Ich hoffe, dass noch viele andere Kinder genau so glücklich werden können. Es sind nun drei weitere Häuser in Planung. Eines soll in Bolivien, ein anderes in Kolumbien und ein weiteres in Argentinien stehen.
Es haben sich in dieser Zeit noch viele weitere Sponsoren gefunden, die dieses Projekt unterstützen, nachdem sie gesehen haben, wie gut dieses Haus in S.José dos Campos angenommen worden ist.
Vielleicht werden noch viele weitere Häuser folgen. Ich hoffe, dass es irgendwann für die ganzen Straßenkinder und Kinder von verarmten Familien in der Welt, solche Häuser da sind.
Ein kleiner Schritt dafür ist nun getan.


Anmerkung von mr.d:

Diese Geschichte entand vor fast 5 Jahren..
Meine erste übrigens...

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Kommentare zu diesem Text

HvidLiljer (35)
(12.12.05)
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 mr.d meinte dazu am 12.12.05:
Ich habe mich wirklich sehr darüber gefreut, dass sie dir so gefallen hat. Wusste nie, ob sie wirklich gut war.
Deine Worte haben mich irgendwie sehr berührt..

Kys
Jakob
Sebastian (37) antwortete darauf am 04.06.06:
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