Das Nadelöhr

Gedankengedicht zum Thema Gefangen

von  Füllertintentanz

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Die Nadel lud das Garn zum Tanze,
gar prächtig war ihr Stoffgewand,
ganz seidenzart und voller Glanze.
Es fehlte nur ein Bortenband.
Sie müssten sich nur rasch verbünden,
zu fester Naht perfekt und fein,
um sich verschlungen zu verkünden
und dann vereint voll Kraft zu sein.

Sie sprach von schönen edlen Kleidern,
so golden, kostbar aus Brokat,
die wollten sie gemeinsam schneidern.
Wohlan, sie schritten auf zur Tat.
Der Zwirn ließ sich voll Freude fädeln,
und hing als Schlinge fest im Öhr,
er wollte stolz die Webe edeln
und war doch nur ihr Zubehör.

Nun kann sie sich an ihm vergehen,
er ist ihr Knecht, wird fremdbestimmt,
denn sie sucht aus was gilt zu nähen,
indem sie ihn gefangen nimmt.
Sie heftet ihn in altes Leinen,
beflickt so manchen Jutesack.
Vom einst so großen Traumvereinen,
bleibt nur ein herber Nachgeschmack.

Sie stopft der Hosen helle Stellen,
im schnellen groben Zickzackstich,
lässt ihn zu Schmutz und Dreck gesellen,
behandelt ihn gar liederlich.
Er kann sich ihrer nicht befreien,
denn selbstgeöst hält doppelt starr.
Er wird sich selbst wohl nie verzeihen,
dass sie getanzt, und er der Narr.





Die Grundlage für diesen Text basiert auf einer Idee von Gerd Kerkhoff (Theseusel), die ich freundlicher Weise benutzen durfte...

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Kommentare zu diesem Text


 Theseusel (02.02.06)
*smile* ... war es doch nicht eher nur ein Bild liebe Sandra? Was Du aus diesem "Gedanken entwickelt hast finde ich wirklich toll und es fasziniert mich ... oder habe ich Dir mit ein paar Worten sooo viele Informationen geliefert? Dein tolles Gedicht hat für mich etwas eindeutig märchenhaftes und als wollte die "Dreifaltige" durch ein Nadelöhr:) In Deinem Gedicht zieht das Weberschiffchen der Erkenntnis den Faden für den Saum(?) über den Horizont...es ist einfach klasse! Ich sende Dir ganz liebe Grüße - Gerd
Nunny (73)
(02.02.06)
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 Füllertintentanz meinte dazu am 02.02.06:
Liebe Gisela,
vielen herzlichen Dank für dein Lob. Gerne schreibe ich dir die "Vorgabe" von Gerd. Er hatte einfach nur die Frage in den Raum geschmissen, ob ein Faden einer Nadel wohl je verzeihen könnte. So ganz ohne Zusammenhang. Dieser Satz ließ mich nicht los. Er hatte sich mir eingebohrt. 'Es war nie die Rede davon, dass ich darüber einen Text schreibe. Das tat ich dann einfach so. Erst nachdem er fertig war habe ich Gerd gefragt, ob ich seine Idee überhaupt veröffentlichen darf... lächel... Und wie du siehst durfte ich...
Ganz herzliche Grüße, Sandra
Bonobo (38)
(02.02.06)
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Fabian_Probst (44)
(02.02.06)
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 leorenita (05.02.06)
ja, wirklich, toll geschrieben und super gelesen, Hut ab. Liebe Grüße, Regine
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