Taucher’s Freund !

Erzählung zum Thema Meer

von  Triton

(nach einer wahren Begebenheit)
Malediven, im Februar 1998

Bevor ich mit der eigentlichen Geschichte beginne, muss ich vorwegschicken, um wen es sich bei Taucher’s Freund handelt. So wird unter Sporttauchern oft der Napoleon genannt, ein bunter Lippfisch, der eine beeindruckende Größe von ca. 2,5 mtr erreichen kann. Harmlos und äußerst neugierig, ist er oft in Tauchrevieren anzutreffen, da er sich auch leicht anfüttern lässt. Während die großen Exemplare Einzelgänger sind, kann man kleinere Tiere der Gattung auch zu mehreren antreffen, oft auch bei Wracks, welche sowieso zu den bevorzugten Zielen der Taucher gehören.
Im Februar 1998 weilte ich zum Tauchurlaub auf einer Malediven Insel, die an Ihrem Hausriff auch über ein schönes Wrack verfügt, welches in ca. 20-24 mtr Tiefe liegt. Dieses Wrack war unter anderem auch die Heimat von 3 Napoleon Fischen, die so ungefähr zwischen 60 und 90 cm groß waren. Da diese jeden Tag regelmäßig Besuch von Tauchern erhalten, von denen sie auch regelmäßig gefüttert werden, sind sie nicht nur sehr zutraulich sondern bisweilen sogar aufdringlich. Obwohl das Füttern eigentlich eine Unart ist, und von den Basisbetreibern nicht so gern gesehen wird, lässt es sich nicht gänzlich verhindern, und ich muss gestehen, dass es auch ein interessantes Schauspiel ist, einen Napoleon beim Fressen zu beobachten.
Niemand weiß, wer es einmal herausgefunden hat, aber es ist eine Tatsache, dass die Napoleon Fische mit Vorliebe gekochte Eier verspeisen, und das auf eine unnachahmliche, faszinierende Art. Der Fisch schwimmt auf das im Wasser treibende Ei zu, kurz davor reißt er schlagartig das Maul auf, und durch die Sogwirkung verschwindet das Ei blitzartig in seinem Schlund, wobei dann kurz darauf die Schalen teilweise über die Kiemen wieder zutage treten, teilweise auch wieder ausgespuckt werden. Wenn ein solcher Fisch also bemerkt, dass Taucher Futter bei sich führen, wird er sie ordentlich belästigen.
Aber auch das richtige Füttern will gelernt sein, wie ein Tauchneuling erfahren musste. Die beste Methode dabei ist, das Ei loszulassen und die Hand wegzuziehen, so bringt man am besten schnell Distanz zwischen sich, dem Futter und dem hungrigen Fisch. Der erwähnte Tauchneuling hingegen versuchte, als der Fisch auf ihn zukam, das Ei von sich zu werfen.
Nun versuchen Sie einmal, unter Wasser irgend etwas zu werfen! Die Folge war, dass er das Ei praktisch in der Hand behielt, die dann urplötzlich mitsamt dem Ei im Maul des Fisches verschwand. Sichtlich erschrocken zog der Taucher nun natürlich seine Hand zurück, zu seinem Glück war der Napoleon noch relativ klein und verfügt auch nicht über ein übertrieben gefährliches Gebiss. Es blieb also bei einer Quetschung und Aufschürfung rund um das Handgelenk.
Diese kuriose Geschichte machte natürlich recht schnell die Runde auf der Insel, und da der Taucher mit seinem verbundenen Handgelenk auch eindeutig zu identifizieren war, musste er allerhand Witzeleien über sich ergehen lassen.
Gut möglich, dass diese Geschichte auch heute noch auf der Insel zum Besten gegeben wird, aber da auch die Taucher ähnlich wie Angler zu Übertreibungen neigen, ist es gut möglich, dass der Napoleon der aktuellen Version inzwischen ausgewachsen ist, aus ihm ein Hai wurde und der Taucher seine Hand oder sogar seinen Arm verloren hat.
Ganz so schlimm war es also nicht, aber es war gewiss eine lehrreiche Erfahrung, wenn schon nicht beim Tauchen, so doch wenigstens in der Physik.

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Kommentare zu diesem Text

Wasserkreise (29)
(07.08.04)
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 Triton meinte dazu am 07.08.04:
Hallo Wasserkreise, vielen Dank für Deine Bewertung und diesen wunderschönen Kommentar, der selbst schon nach Poesie klingt. Hat mich sehr gefreut. LG Triton
salzhering (34)
(16.08.04)
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 Triton antwortete darauf am 16.08.04:
Freut mich sehr, daß Dir die Geschichte gefallen hat, zumal Du Dich hineinversetzen kannst. Danke für die Bewertung, und noch viele schöne Erlebnisse unter Wasser. Lg Triton

 DariusTech (11.02.05)
Nette Geschichte, besagter Taucher hat seine Lektion bestimmt gelernt. Habe als Kind mal ein Pferd mit Vogelmiere gefüttert und diese mit dem Daumen festgehalten. Der SCHWARZE Daumennagel hat mich noch monatelang daran erinnert es nie wieder zu tun. Das war wohl so ähnlich...

 Triton schrieb daraufhin am 11.02.05:
Nunja, sowas sind wirklich besondere Erlebnisse, und ich kann es nachvollziehen, daß die Begeisterung auch mit einem durchgehen kann. Habe z.B. mal die Gelegenheit genutzt, einen schlafenden jungen Hai zu streicheln und bekam deshalb nen ordentlichen Anpfiff vom Tauchguide. Aber es war die Erfahrung wert, ich Dödel konnte bloß an Bord meine Klappe nicht halten, war also selber schuld, lächel. Danke für Deinen Kommentar. LG Triton

 DariusTech äußerte darauf am 12.02.05:
Hätte wahrscheinlich beides genauso gemacht... *seufz* hätte auch gerne Tauchschein... könnte ich aber als Student eh nicht nutzen. :)
Graeculus (69)
(25.01.15)
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 Dieter_Rotmund ergänzte dazu am 24.10.18:
Ja, ansonsten wäre es wohl ein klassisches Deppenapostroph. Aber vielleicht wollte uns Triton damit etwas bestimmtes sagen ...?
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