10 Länder - oder die unmoralische Wette um den schönsten Mann und eine Flasche Genever Teil I.

Geschichte zum Thema Liebe und Sex

von  Omnahmashivaya

Sie war schüchtern, sehr schüchtern. Eine richtige graue Maus. Wie ein scheues Reh blickte sie durch ihre Brille und die langen Ponyfransen, die wie Spagettis an ihr herunterhingen. Sie trug in der Regel Jeans und lange Pullover. Die Männer schenkten ihr wenig Beachtung, außer wenn sie Fragen oder Hilfe für ihr Biologiestudium brauchten. Die Männerwelt war für sie bisher ziemlich unentdeckt geblieben. Sie hatte zwar schon den einen oder anderen Freund gehabt, aber von One-night-stands, Fetischpartys und all den Kisten hatte sie noch nichts gehört. Es reizte sie auch gar nicht. Wahrscheinlich weil sie es nicht kannte. Mehr wahrscheinlich weil sie verliebt war. Unendlich, hoffnungslos verliebt. In den für sie schönsten und tollsten Mann der Welt. Er hiess Pierre, war Franzose und arbeitete in einem Blumenladen. Sie kaufte jeden Tag eine Blume, weil sie Blumen liebte. Jedesmal faszinierte er sie mehr, wenn er sie ansah, sachte über die grünen Blütenblätter strich und Sträuße band. Manchmal redete er sogar mit ihnen. Sprach ihnen süße Worte in die Kelche oder verabschiedete sich mit einem netten Wort von ihnen. Sie hatte noch nie einen Mann gesehen, der so gut mit Blumen umgehen konnte. Wenn sie den Laden betrat, dann saß er meistens mit einem Buch der Flora auf dem Stuhl, las noch eins, zwei Zeilen, legte es beiseite und fragte, was es denn heute sein dürfte. Dabei hätte er doch langsam merken müssen, dass sie immer nur dieselbe Blume kaufte. Die Königin unter den Blumen. Eine rote Rose, mit langem Stil, prachtvollem Kelch und Dornen.
Doch wahrscheinlich nahm er sie gar nicht wahr. Bei so vielen Käufern fiel es ihm bestimmt nicht auf.
Er zeigte sowieso wenig Interesse an einem Gespräch, geschweige denn an ihr. So kam es ihr auf jeden Fall vor. Ihre Freundinnen meinten immer, dass sie ja mal ein Gespräch anfachen könnte oder vielleicht mal eine andere Blume kaufen sollte, damit der gute Mann nicht auf die Idee käme, sie sei vergeben. Aber sie hörte nicht darauf. Sie war, wie gesagt, viel zu schüchtern.
Es kamen Tage, da ging sie in den Laden und Pierre war nicht da. Das waren die schlimmsten Tage. Jedes Mal machte sie sich Gedanken, wie es ihm wohl ginge und hoffte inständig, dass er am nächsten Tag wieder da sei und weder krank, verzogen noch versetzt sei.
Dann gab es die Tage, da passierten ihr die unmöglichsten Sachen. Mal stiess sie eine Vase um, mal knickte ihr eine Blume ab, wenn sie mit hastigen Ellebogenbewegungen das Geld aus ihrer Jutetasche kramte. Und immer, wenn sie sich vornahm, ihn mal anzusprechen, konnte sie gerade ein "Guten Morgen" und ein "Danke, auf Wiedersehen" herausdrücken. In ihrem verliebten Köpfchen spukten die tollsten und verrücktesten Ideen ihm näher zu kommen. Doch leider nur in ihrem Kopf.
Auf der einen Seite war sie glücklich, wenn sie ihn sah. Sie genoß die kurzen Augenblicke und hatte meist noch in der Bahn etwas davon, wenn sie mit verliebt verträumtem Gesichtsausdruck aus dem Fenster blickte. Doch nach und nach kamen traurige Gedanken und Fragen in ihr hoch. Dass sie ihn wohl nie ansprechen würde, ihm nie näher kommen würde, er sicherlich vergeben ist und viele andere Dinge, an die unnütze Gedanken verschwendet wurden. Sie war einfach unglücklich und das merkten auch ihre Freundinnen. "Du musst ihn endlich mal ansprechen", "geb es doch einfach auf", "andere Mütter haben auch schöne Söhne"...
Doch sie wollte einfach nicht hören, wollte weiter in ihrem Traum leben. Sie wusste einfach, dass er genau der war, den sie sich immer erträumt hatte. Einen Blumenliebhaber mit Herz und Verstand. Er haute sie nicht nur mit seiner Art um sondern auch mit seiner Optik. Er war groß und kräftig. Dunkle, kurze schwarze Locken zierten sein rundliches Gesicht. Er trug eine dezente Brille, die seine schönen braunen Augen noch wunderschöner machten. Sie fand ihn einfach toll, umwerfend, schön...
Eines Abends verabredete sie, sie hiess übrigens Linda, sich mit ihrer Freundin Silke. Mit einer Flasche Wein saßen sie am Ufer des Flusses und redeten über Gott und die Welt. Das das Thema Pierre wieder auf den Tisch kam, war natürlich unvermeidbar. Wie sollte es auch sonst anders sein?
Silke kam die Schnapsidee, eine Wette abzuschliessen.
Da bei Linda durch den Wein auch schon tüchtig die Lampen angegangen waren, willigte sie ein.
Sie wetteten um eine Flasche Genever, jenes süßliche Gesöff, das vom Geschmack her an die kleinen leckeren Johannisbeeren von Haribo erinnert. Die Flasche Genever würde Linda bekommen, wenn sie es schaffen würde, Pierre rumzubekommen. Wenn nicht, würde die Flasche in Silkes Händen landen. Eine seltsame Wette.
Noch seltsamer war die Zusatzanforderung, die beinhaltete, dass Linda bis zur Enderoberung jeden Tag einen anderen Mann erobern müsse. Von zärtlichen Knutschern bis hin zu sexuellen Praktiken sei alles erlaubt. Außerdem sollten es nicht irgendwelche Männer sein, sondern Männer aus den an Deutschland anliegenden Ländern. Und zwar jeden Tag einen anderen Landsmann. Verrückt, einfach nur verrückt, auf was für Wetten ihre gute Freundin im Alkoholgenuss kam. Die dreiste Begründung, warum es jeden Tag ein anderer Mann sein sollte, war, dass es später bei Pierre nicht an Mangel an Erfahrungen scheitern sollte. Wirklich sehr aufmerksam von ihrere Freundin Silke. Linda sah sich schon in den Realmarkt stiefeln um eine Flasche Genever zu kaufen. Hätte sie sich doch bloß nicht auf diese komische Wette eingelassen. Aber nun war es zu spät. Wette ist Wette und was man sagt, macht man auch. Ihr blieben also noch neun Tage. Neun Tage und neun Männer. Die Wette sollte schon am darauf folgenden Tag stattfinden.
Ein wenig frustriert machte sich Linda auf den Heimweg. Sie kam an einer kleinen Kneipe vorbei und beschloss dort noch ein Getränk zu sich zu nehmen.
Mitlerweile war ihr Pegel schon um Einiges gestiegen.
Sie setzte sich an den Tresen und begutachtete aufmerksam den jungen hübschen Kellner. Das erste Mal nach langer Zeit fiel ihr mal Jemand anderes als ihr Pierre auf. Mutig trank sie noch ein Bier und versuchte dann ein Gespräch mit dem Kellner anzufangen. Leider gelang ihr das nicht wirklich und die Sache hatte ein peinliches Ende. Sie hatte ihn nicht nur beim Ansprechen angespuckt sondern ihm auch ein volles Bierglas über den Tresen gekippt. Entmutigt bezahlte sie und torkelte nach Hause. Sie konnte von Glück reden, dass der erste Tag der Wette noch nicht begonnen hatte...

Hinweis: Du kannst diesen Text leider nicht kommentieren, da der Verfasser keine Kommentare von nicht angemeldeten Nutzern erlaubt.

Kommentare zu diesem Text

froho (24)
(07.04.06)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 NormanM. (01.07.09)
Na, wo bleibt denn nun die fortsetzung??????? *g*

 Dieter_Rotmund (07.12.22, 17:05)
Show, don't tell!

Kommentar geändert am 07.12.2022 um 17:05 Uhr
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram