Gegenschlag

Verstand vs. Irrsinn


Eine archivierte Kolumne von  Melodia

Dienstag, 12. März 2013, 19:03
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Atomarer Kindergarten

Nuklearsprengköpfe, Atomraketen und AKWs haben zu Recht einen schlechten Ruf und man sollte sich auch vor entsprechenden Folgen fürchten. Aber was sich Nordkorea momentan raus nimmt, ist schon dezent peinlich und kindisch. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich vermuten, dass es ein Wahljahr wäre. Aber nicht, dass die USA oder Südkorea ordentlich nachhelfen würden. Der sinnlose Kreislauf der Diplomatie.

Seit Anfang des Jahrtausends wurde Nordkorea, von US-amerikanischer Seite aus, ständig vorgeworfen, sich heimlich um eine Atomrakete zu bemühen und bereits große Mengen an Uran angereichert zu haben. Das Land wurde als „Schurkenstaat“, als „Vorposten der Tyrannei“ und als Teil der „Achse des Bösen“ bezeichnet. Dass die Anschuldigungen der Wahrheit entsprachen, zeigte sich als der pakistanische „Vater der Atombombe“ 2004 zugab, Pläne an Nordkorea verkauft zu haben, spätestens beim ersten Test 2006. Übrigens verkaufte der gute Atomphysiker auch an Iran und Libyen. Ein Land wurde bereits angegriffen, das andere möchte die Atombombe haben. Ich habe so eine Vermutung, warum dem so ist.

Jedenfalls fühlten sich die USA genötigt im Dezember 2002 ihre Öllieferungen an Nordkorea einzustellen. Klar, denn „Schurkenstaaten“ und wirtschaftliche Interessen sind nie unüberbrückbare Differenzen. Man muss eben Prioritäten setzen. Saudi-Arabien weiß das seit Jahren sehr zu schätzen. Eine Diktatur zu sein ist kein Problem, solange man sich nur tief genug verbeugt und spurt. Mittlerweile weiß man auch, dass die Vorwürfe der USA über die Mengenangaben des Kernmaterials vollkommen überzogen waren und sind. Wo habe ich das nur schon mal gehört?

Die Reaktion darauf war das nordkoreanische Austreten aus dem Atomwaffensperrvertrag und die Anschuldigung, die USA betreibe eine Politik der Isolierung. Das mag schon sein, aber der Spiegel hängt näher als man denkt. Die Begründung der Selbstverteidigung verstehe ich allerdings. Schließlich wird Pakistan, eine „Atommacht“, weitestgehend unbehelligt gelassen, obwohl Bin Laden dort entdeckt und getötet wurde und es seit Jahren wachsende Spannungen gibt. Dass US-Regierungen bereits weit weniger benötigen, um irgendwo auf der Welt „einzugreifen“ wurde oft genug unter Beweis gestellt.

Nach dem erfolgreichen Start einer Weltraumrakete im Dezember 2012 und dem dritten Atombombentest im Februar 2013 spuckt der kleine Kim Jong Un, der so ein bisschen aussieht wie ein verwöhnter Hamster, nun große Töne. Warum? Weil die USA und Südkorea ihr jährliches Militärmanöver abgehalten haben! Vielleicht sollte ihm jemand sagen, dass das „normal“, wenn auch bescheuert ist. Sich chronisch über etwas aufzuregen, dass seit Jahren dennoch stattfindet, erscheint mir sinnlos. Aber wir reden schließlich über Politik.

Auch wenn es den Anschein hat, dass Nordkorea nun ernst macht, nachdem sie das 60 Jahre währende Waffenstillstandsabkommen mit Südkorea aufgekündigt haben und selbst große Militärmanöver abhalten: Womit möchte der Staat seinen Nachbarn und den USA drohen? Zwar besitzt das Land die größte Armee Asiens, aber vermutlich waren Soldaten aus dem 1.Weltkrieg besser ausgerüstet. Manche Raketen, die auf den Paraden den Massen demonstriert werden, sind laut waffenkundigen Menschen nur Attrappen. Als ob eine Ameise die Lupe auf den Mensch halten würde. Man kann nur der südkoreanischen Außenministerin Recht geben, wenn sie sagt, dass Nordkorea bei einem Angriff zugrunde gehen würde. Ob das allerdings eine bessere Wortwahl darstellt, als die Atomschlagdrohungen des Nachbarlandes, wage ich zu bezweifeln.

Die UN-Sanktionen werden an der Situation nichts ändern, diese vermutlich eher noch anheizen, obwohl sie, meiner Meinung nach, ansonsten wenig bewirken. Reiseverbote und Kontensperrung erscheinen mir etwas unnütz gegen ein diktatorisches Regime, dass im Prinzip tun und lassen kann was es möchte. Außerdem, wann habt ihr das letzte Mal nordkoreanische Touristen gesehen? Exportverbote erscheinen schon sinnvoller zu sein, allerdings kämpft das Land bereits seit Ewigkeiten relativ erfolgreich dagegen an.

Eigentlich brauchen wir uns (noch) keine Sorgen machen. Jedoch nicht auf Grund von den Experten, welche die Meinung vertreten, dass Nordkorea noch lange nicht so weit ist, erfolgreich interkontinentale Atomraketen abzufeuern. Was für Südkorea vermutlich ohnehin nur ein schwacher Trost sein dürfte. Wie genau solche Experten liegen zeigt die Geschichte. Die UdSSR und China sollten auch beide noch Jahrzehnte brauchen. Der eigentliche Grund ist, dass niemand, nicht einmal Ex-Präsident Bush und sein Puppenspieler, so wahnsinnig wären, als erstes den roten Knopf zu drücken.

Stattdessen begnügt man sich mit kindischen Sandkastenstreitigkeiten, wer wem was weggenommen oder angetan hat. Die Schaufeln sind nicht aus Plastik, sondern aus Metall und explodieren unter Umständen. Kein Kind traut sich zu weit vor, denn sonst könnte man blutend nach Hause kommen. Ob diese Abschreckungspolitik am Ende tatsächlich wirkungsvoll ist wird sich noch zeigen. Doch auch Herr Gatling wollte Mitte des 19.Jahrhunderts mit seinen Maschinengewehrvorläufer genau das bezwecken, damit niemand mehr Krieg führt. Wie gut das funktioniert hat wissen wir. Der Schuss ging eindeutig nach hinten los.

Da erinnert mich die UN-Botschafterin Susan Rice mit ihrer Aussage „Die Welt will eine Halbinsel ohne Atomwaffen“ irgendwie an eine sehr alternative Walddorflehrerin, die in ihrem eigenem Universum feststeckt; natürlich abgesehen von dem „wollen“ in ihrem Satz. Sie möchte einen Sandkasten ohne explodierende Metallschaufeln haben, anstatt, dass man diese überhaupt abschafft.

Denn die Welt möchte eine Welt ohne Atomwaffen. Aber irgendwo sitzt leider immer ein Wahnsinniger am Abzug.

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