Schweizer Käseallerlei

Nicht immer ganz ernstgemeinte Blicke über die Grenze


Eine archivierte Kolumne von  Maya_Gähler

Montag, 23. Mai 2011, 11:44
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20`000 Menschen als Menschenstrom gegen Atomstrom

Als ich am gestrigen Sonntagmorgen erwachte, hörte ich als erstes das Geräusch eines Helikopters. "Ach ja richtig, heute ist ja die Demo gegen Atomkraftwerke", dachte ich.
Ruckzuck aus dem Bett und auf den Balkon. Ich habe von hier aus Blick auf das "Festgelände". Es war alles ruhig dort. Ein paar Zelte, Buden und Wohnmobile waren zu sehen.
Nichts wie unter die Dusche. Den Helikopter, der ständig über unser Haus flog hörte ich sogar dort.
Ich war gerade dabei mich abzutrocknen, als ich eine Stimme vernahm. "Wer ist das denn? Ich habe doch abgeschlossen. Kann doch gar niemand rein in meine Wohnung".
Ich schaute ins Wohnzimmer - nichts.
Da hörte ich diese Stimme wieder und hörte nun auch was sie sagte: "Test eins-zwei-drei". Jetzt dämmerte es mir. Die machten einen Soundcheck da unten.
Ich wohne am Hang. Unten verläuft die Bahnlinie. Dahinter ist der Stausee, ein paar Bäume und dann die Wiese. Genau die Wiese, auf der sich später um die
20`000 Menschen versammelten. Was ich aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht wusste.

Zurück zum Soundcheck. Braucht man dazu nicht auch Strom? Wo nehmen die den her? Rundherum sind Felder. Auch ein paar Häuser und ein wenig Industrie. Aber die dort unten beziehen ihren Strom doch auch zum größten Teil aus dem AKW Leibstadt und/oder Beznau. Ein Teil kommt aus dem Wasserkraftwerk Laufenburg. Sonnenkollektoren kann ich nirgends sehen.
Schon irgendwie ein bisschen inkonsequent, oder?

Beeindruckt hat mich später schon, dass so viele Menschen ihren Ängsten, Sorgen und Nöten in Bezug auf Atomstrom Ausdruck gegeben haben. Größen aus der Politik haben auf dem Gelände Reden gehalten. Ein Schriftsteller hat eine Vorführung abgehalten, die einem einen Schauer über den Rücken laufen ließ.
Ansonsten war es wie bei einem Volksfest. Gut gelaunte Menschen, die sich auf die verschiedensten Weisen auf der Wiese vergnügten. Es wurde musiziert, gegessen und getrunken, diskutiert, gelacht.

Einen 10 km Marsch haben alle "Festivalbesucher" auf sich genommen. Vorbei am AKW Beznau, am Zwischenlager in Würenlingen und in Sichtweite das AKW Leibstadt.
Alle haben sich an die Weisungen der 400 Polizisten gehalten. Es verlief ruhig und diszipliniert.
Gestaffelt wurden die Leute am späten Nachmittag vom Gelände entlassen. Im 10 Minuten Takt fuhr ein Zug im Bahnhof ein, um die Menschen wieder in der ganzen Schweiz, sowie an ihre Anschlüsse ins benachbarte Ausland, zu verteilen. Eine logistische Meisterleistung der Bahn.
Schön, dass alles friedlich verlief. Der Helikopter zog unentwegt den ganzen Tag seine Runden über uns.
Mein Balkon war eine Loge für ein Spektakel der besonderen Art.
Meine Informationen bezog ich aus den Medien, die immer wieder über diesen besonderen Tag berichteten.

Und doch frage ich mich immer noch, woher kam der Strom, der das Gelände beschallte?

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Kommentare zu diesem Kolumnenbeitrag


 AlmaMarieSchneider (23.05.11)
Es gibt Generatoren, die mit Diesl laufen. Schiffe "leuchten" auch damit.
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