Dienstags bei Inge

Ansichten übers Leben und Sterben und den Rest dazwischen


Eine archivierte Kolumne von  IngeWrobel

Dienstag, 22. September 2009, 00:28
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Umarmungen

Kürzlich las ich über die Vorteile von persönlichen Begegnungen im realen Leben im Verhältnis zu den virtuellen Begegnungen im Netz.
Die Vorteile der wirklichen Treffen auf und mit leibhaftigen Menschen, die wir berühren können, sind überwältigend. Der Körper setzt Oxytocin frei – ein Hormon, welches Verletzungen schneller heilen lässt, unseren Stimmungspegel hebt und erhöhten Blutdruck senkt. Knapp auf den Punkt gebracht heißt das: Jede Umarmung mit einem Freund lässt dich länger leben.
Je nachdem, wie groß der jeweilige Freundeskreis ist, bekommt man also mehr oder weniger Glückshormone geliefert. Mehr allerdings auch nur, wenn man zu den Umarmern gehört. Manche Menschen gehen mit ihrer Umarmungsbereitschaft eher zurückhaltend um. Das sagt nicht zwangsläufig etwas über ihre Sympathiebereitschaft für das Gegenüber aus, sondern eher über sie selbst und ihren Charakter. Sie sind eben einfach zurückhaltender damit.
Ich, als Spontanumarmerin, merke in der Regel zu Beginn, ob jemand es mag, von mir umarmt zu werden, oder nicht. Selbstverständlich hab ich mich auch schon geirrt – was sehr peinlich sein kann. Aber jede neue Begegnung birgt ein Risiko, weil die individuellen Signale des Gegenüber ja noch nicht vertraut sind.

Als begeisterte Besucherin von Autorentreffen konnte ich beobachten, ob in der Realität aus den virtuellen Umarmungen tatsächlich reale werden – oder nicht. Überhaupt ist es sehr interessant, Menschen, die man bisher nur mittels ihrer Schreibweise kennenlernte, aus Fleisch und Blut vor sich zu haben.
Da gibt es Autorenkollegen, mit denen man sich seelenverwandt fühlte – und nach dem Treffen ist der Kontakt ganz abgebrochen. Auch das Gegenteil kommt vor: nämlich dass man jemanden schätzen lernt, dessen literarischen Stil man ablehnt, ja, unmöglich findet.
Zum Glück gibt es dann immer noch die Begegnung mit Menschen, die man vorher weder durch ihr Schreiben, noch durch den Avatar zur Kenntnis genommen hat. Das birgt ein großes Überraschungspotenzial und da können jede Menge Hormone freigesetzt werden. Ich weiß das aus Erfahrung!
In diesem Sinne: Berlin, ich komme!

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Kommentare zu diesem Kolumnenbeitrag


 Dieter_Rotmund (22.09.09)
Daß Oxytocin schon bei jeder Umarmung ausgeschüttet wird, halte ich wissenschaftlich für eine sehr gewagte These! Nach einem Artikel in der FAS, den ich kürzlich gelesen habe, bauen Oxytocininhaber schneller Vertrauen auf; von schnelleren Velretzungregeneration stand da nichts. Woher beziehst DU deine Information über Oxytocin?
Das Hormon kommt hauptsächlich bei jungen Müttern vor, damit sie ihr rotgesichtiges, aufgedunsenenes Brüllfleisch nicht gleich in die Tonne kloppen (so ihre Sichtweise OHNE Oxytocin).

Als Hobby-Misanthrop sind mir Spontan-Umarmer ein Gräuel. Wieso sich nicht einfach nur die Hände schütteln? Dabei kann man sich wenigstens in die Augen sehen...
wupperzeit (58)
(22.09.09)
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 IngeWrobel (23.09.09)
http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/0,1518,311547,00.html
http://www.tomdoch.de/work/newsletter/archiv/04_08_04_01.html
http://www.rp-online.de/public/article/wissen/gesundheit/104637/Oxytocin-das-Vertauens-Hormon-macht-leichtsinnig.html

 Dieter_Rotmund (25.09.09)
Tomdoch ist okay, aber spiegel.de ist übler Boulevard-Journalismus, da gebe ich keine 10 Cent drauf!
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