KeineGedanken

Was macht dir (keine) Gedanken?


Die Kolumne des Teams " keineGedanken"

Mittwoch, 15. August 2012, 20:26
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(K)eine Szene

von  Seelenfresserin


Ich erinnere mich... als ich das erste mal in diese Szene getaucht bin. Als ich das aller erste mal diese Musik gehört, diese Menschen gesehen und diese Luft eingeatmet habe.
Ich war berauscht.

Mein erstes Berufsschuljahr hatte begonnen. Ich war wie alle anderen Mitschüler aufgeregt und natürlich gab es auch Klassen über der unseren. Und da war der Mensch, der mich in diese Szene eingeführt hat. Ich muss nicht erwähnen, das ich sogar eine Zeit lang verliebt in diesen Menschen war. Doch bis heute haben wir eine feste Freundschaft. Und doch hat dieser Mensch mein Leben um 360° gedreht.

Die Gothic-Szene. Die "Schwarze" Szene. Wikipedia schreibt: "Die Gothic-Kultur ist eine Subkultur, die Anfang der 1980er Jahre aus dem Punk- und New-Wave-Umfeld hervorging und sich aus mehreren Splitterkulturen zusammensetzt. Sie existierte in den 1980er und 1990er Jahren im Rahmen der Dark-Wave-Bewegung und bildete bis zur Jahrtausendwende den Knotenpunkt der sogenannten Schwarzen Szene. Das Basiselement, das die Entwicklung der Gothic-Kultur ermöglichte, war das Zusammenwirken von Musik (Gothic Rock), Faszination an Themen wie Tod und Vergänglichkeit sowie einer daraus resultierenden Selbstinszenierung. Wesentlichen Einfluss nahmen hierbei Literatur und Film („Gothic Fiction“), deren Thematik das Erscheinungsbild der Szene zum Teil maßgeblich prägte."

Eine Szene die einen Menschen wie mich beinahe schon leichter locken konnte als manch anderen. Dieser Mensch war ein Goth. Er ist es bis heute immernoch. Dazu ist er ein anerkannter Erzieher. Doch zu diesem Thema komme ich nachher. Goths. Schwarze Menschen. Schwarzes Make-Up. Düstere Gedanken. Düstere Musik und Kleidung. Ich war fasziniert. Und doch hat es ein ganzes halbes Jahr gedauert bis ich das erste mal einen Szene-Club betreten habe. Ich war fasziniert von den ganzen Einflüssen die auf mich einregneten. Düstere Musik, melancholische, teilweise mehr als Rabenschwarze Texte und Menschen, die schwarz Geschminkt, in schwarzen Kleidern gekleidet und stellenweise noch Nietenaccessoires. Ich fragte mich... bin ich ein Trittbrettfahrer? Ich mit meinem schlichten Schwarzen Shirt, meiner schwarzen Hose und meinen Schwarzen Sneakers? Ja.. zuallererst war ich es. Meine Eltern nannten es: Phase. Doch ich war überzeugt: die Mentalität, das Denken und die Gedanken waren eins mit diesem Kult. "Die Anhänger der Gothic-Kultur werden länderübergreifend als Goths bezeichnet, obgleich diese Bezeichnung innerhalb der Szene eher selten Anwendung findet, bei vielen Szene-Angehörigen gar auf Ablehnung stößt und häufig hinterfragt wird. Gründe hierfür finden sich im Versuch der Wahrung der eigenen Individualität."

Ich nahm die anderen wahr. Und sie kamen mir vor, als würden sie alle über den Dingen "schweben" würden. Unnahbar, Elitär und doch friedfertiger als so manch anderer Jugendlicher. Und Individualismus. Ich wollte so sein... genau so.

Viele Jugendliche sind Angehörige einer Szene. Sei es die Hip Hop Szene, die Metalszene oder gar die Popszene. Da war es doch mehr als selbstverständlich, das auch ich mich einer Szene angehörig fühlen wollte. Doch bei keiner anderen Szene stiess ich auf so viel Widerstand in meinem Umfeld, wie die Gothic-Szene. Meine Eltern sahen es mit Argwohn und Wut wenn ich Schwarze Kleidung trug. Wenn ich meine Freunde nach Hause einlud und jene Musik gehört habe. Meine erste Pentagrammkette wurde von meinem Vater zerstört. Er war schlichtweg gegen meine Entscheidung mich zu dieser Szene angehörig zu fühlen.

Aber natürlich reicht eine Kolumne nicht aus, um die ganze Mentalität, alles zu erklären und zu beschreiben was diese Szene ausmacht.

Aber wenn man mich heute fragt? Wohin ich gehöre?

Ich lächle. Und atworte Selbstsicher: Ich gehöre zu (k)einer Szene.
Und ich bin zufrieden damit.

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Kommentare zu diesem Teamkolumnenbeitrag


 BLACKHEART (18.08.12)
Ich sehe da gewisse Parallelen zu mir selbst.
Während meiner Schulzeit war ich ständig auf der Suche nach etwas. Nach der Musik, in der ich mich wieder finden konnte. Die Werte vertrat, die ich auch vertreten konnte. Doch fand ich sie erst, als ich in der Berufsschule war. Genauer gesagt auf einem Bildungsurlaubsseminar.
Es war der Heavy Metal. Etwas, das ich nicht wenige Jahre zuvor noch als unmöglich abgetan hätte, trat mit einem Mal ein. Ich hörte nur einige Songs eines Albums ("Crimson Thunder" von HAMMERFALL) und ich wusste: Das ist es!

Auch heute, 10 Jahre später, bin ich noch Metaler. Ich trage die Shirts, ich höre die Musik, ich gehe auf Konzerte und Festivals. Und ich bin durch die Musik als Person und als Persönlichkeit gereift und innerlich gefestigt.

Man sieht also: Die Zugehörigkeit zu einer Szene muss nicht immer negativ belastet sein. Vielmehr kann sie dabei helfen, zu sich selbst zu finden. Das Kunststück ist, dass man sich nicht von der Szene bestimmen lässt, sondern man selbst bestimmt, was die Szene für einen bedeutet.

Schön geschrieben. Gefällt mir gut.

LG BLACKHEART

 Dieter_Rotmund (18.08.12)
Nun, zunächst mal meinen Glückwunsch zu diesem ersten Kolumnentext der neuen Kolumne.
Ich würde mir für die Zukunft von "Keine Gedanken" jedoch wünschen, es würden weniger Rechtschreibfehler enthalten sein - es sind doch ziemlich viele geworden, das Lesevergnügen ist doch erheblich eingeschränkt, wenn man in dieser Regelmäßigkeit über Fehler stolpert...

Nichts für ungut, trotzdem (inhaltlich) weiter so!

 Dieter_Rotmund (26.08.12)
"wtf"?

 Dieter Wal (30.08.12)
Wie passend, nach dem Suizid eines Mitbewohners kam ein Gothic dazu. Ein über zwei Meter großer Mann. Schwarz gekleidet. Zurückhaltend. (Seither trage ich überwiegend schwarze T-Shirts.) Im "Nebenberuf": Industrial-Musiker. Er nahm mich zu ein paar Gothic-Konzerten mit. Die Harmonie unter den Besuchern fand ich bemerkenswert. Verbunden mit Toleranz, die mir sonst vergleichbar nur noch in Freimaurerlogen begegnete. Da diskutierten friedlich Neonazis in NS-Uniformen (Einer sprach über Waffenlager ...) neben La-Vey-Satanisten. Als ob das alles völlig normal sei.

Für einen Gothic fand ich mich zu alt. War da schon Ende 20. Wäre sozusagen ein "Post-Gothic" geworden. Aber die Begeistrung für diese Jugend-Szene blieb.

Schöner Einstiegstext. Lass dir deinen nächsten vor Veröffentlichung auf RS-Fehler von einem KV-Kollegen gegenlesen. Selbst Dieter_Rotmund würde eine solche Bitte nicht abschlagen.

 Dieter_Rotmund (01.09.12)
Nein, würde ich nicht.

Dass trotz des großen Zuspruchs schon am zweiten Termin (heute) die (mutmaßliche) Anfangseuphorie nachgelassen hat und kein neuer Kolumnentext eingestellt wurde... nun ja, worauf lässt das schließen?

 Seelenfresserin (02.09.12)
Danke erstmal, für die ganzen Rückmeldungen.

Und nur eines noch: Es gab keine 2 neuen Kolumnen, weil ich a) nicht so rechtzeitig über Internet verfügte und b) etwas schief gelaufen ist, doch nächste Woche gibt es wieder eine Kolumne.

Jenny

 Dieter_Rotmund (02.09.12)
Alles klar.
Vielleicht hätte ich Dir eine Gastkolumne anbieten sollen? Über den Trend, das junge Männer nun Handtäschchen tragen, man in der Läuferszene neben den orthopädischen Strümpfen nun auch noch gerne Armlinge zu Trägershirts trägt oder dem Trend, zu jedem Mist ersteinmal aus Wikipedia zu zitieren.

 Bergmann (06.09.12)
Szene wurde in den letzten Jahrzehnten ein immer weiter gefasster Begriff. Er wird überstrapaziert, wenn eine Lebensphase sogar subsumiert wird unter diesen Begriff.

Gothic kann ästhetisch-harmlos sein, Gegenwelt zum Bürgerlichen, Sehnsucht ... aber eben auch dümmlich und suchtnah. Da ist es schon gut, wenn Eltern intelligent (!) dagegenhalten, im besten Fall bessere Alternativen vorleben.
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