Erinnerungen [gehäuft]

Kurzprosa zum Thema Erinnerung

von  rebell91

Bilder kann man zerreißen. Briefe auch. Erinnerungen nicht.


Ich war ein sehr schwieriges Kind. Meine erste Erinnerung ist, wie mich meine Mama mit drei Jahren im Kindergarten zurückgelassen hat. Ich hab geschrien und geweint, weil ich dachte, dass sie mich für immer dort lässt. Ich hatte vor vielem Angst. Im Kindergarten ist mir mal die Seife runtergefallen und ich hab den ganzen Tag nichts mehr gegessen, weil ich der Seife nicht mehr vertraut habe. Ich habe bei jeder Flüssigkeit gefragt, ob sie giftig sei. Doch am meisten Angst hatte ich immer, wenn ich dachte, man ließe mich allein. Ich bin nirgendwo alleine hingegangen. Ich bin meiner Mutter auf Schritt und Tritt gefolgt. Sie konnte nicht mal im Keller Wäsche waschen ohne dass ich daneben saß. Nachts bin ich durchs Haus geschlichen und hab gelauscht, ob meine Eltern noch da sind. Mein Hausarzt wollte mich zum Psychiater schicken. Meine Eltern sagen, sie hätten nicht gedacht, dass aus mir mal ein normales, selbstständiges Mädchen wird.


Plötzlich ist es dunkel und man schmeckt Blut, weil man so viel geschrien hat. Erst dann wird man still.


Dann, in der Schule, waren diese Ängste zwar immer noch da, aber sie kamen nicht mehr all zu oft zum Vorschein. Ich hab angefangen Geigenunterricht zu nehmen. Später dann Klavierstunden. Erst vor knapp drei Jahren hatte ich zum Ersten mal eine unserer Gitarren bewusst in der Hand. Mittlerweile haben wir sieben. Ich spiel immer das, worauf ich gerade Lust hab. Und seit einem Jahr sing ich in der Band.
Auf jeden Fall war ich erst mit ungefähr dreizehn oder vierzehn selbstbewusst. Vorher wars ne Katastrophe. Von da an gings - aus meiner Sicht - aufwärts.


Und dann holt einen alles ein. Und man weiß.


Mit fünfzehn hab ich dann angefangen zu rebellieren. Nachts bin ich, wie auch C. , wobei sie ein glückliches Wesen mit Balkontür im Erdgeschoss ist, aus dem Kellerfenster geklettert, um zu meinen Freunden zu gehen, Spaß zu haben und zu trinken. Ich will garnich wissen, mit wie vielen Kerlen ich was gehabt hätte, wenn ich nicht mit M. zusammen gewesen wäre. War aber lustig und in dieser Zeit, habe ich mehr denn je fürs Wochenende gelebt. Zehn Kilo hab ich auch noch irgendwann abgenommen.


Schmerz.


Dann war ich endlich sechzehn. Bekam meinen Perso, ging in die Disko oder auf Tanz. Auch über Zäune geklettert. Lustige Aktionen. War mit M.s Familie in Südfrankreich. Dann is Alex gestorben und alles bekam so einen faden Beigeschmack.


.


Samstag war ich aufm Hosenkonzert. Ich rauche nicht, ich trinke kaum. Ich liebe meine Freunde und ich liebe M. Ich werd in weniger als einem halben Jahr achtzehn. Und ich freue mich natürlich, obwohl ich weiß, dass dieser Zauber bald nachlassen wird. Führerschein hab ich schon. Alk kann ich mir auch anders besorgen. Im Grunde wird alles legal, was ich eh schon gemacht hab. Alle um mich rum werden oder sind schon achtzehn. Und jetzt? Jetzt gehen sie auf die zwanzig zu und – schwups sind sie dreißig. Überhaupt hab ich keine Lust auf ABI. Ich weiß garnich ob ich das, was ich will, wirklich machen werde. Morgen ist wieder Montag. Ich freu mich, dass ich lebe. Und was, verdammt noch mal, sag mir, was wäre besser?

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Kommentare zu diesem Text

Grufti.Ente (28)
(22.12.08)
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 rebell91 meinte dazu am 22.12.08:
dankeschön :) wünsch dir auch ein wunderschönes weihnachtsfest und natürlich tolle geschenke ;) liebs grüßle!!!
MellonCollie (24)
(23.12.08)
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 rebell91 antwortete darauf am 23.12.08:
ich verstehs nich! :D :(

 rebell91 schrieb daraufhin am 23.12.08:
jez hab ichs ja verstanden, aber nein, C., es gibt wichtigeres ;) - und geb dir das - das sag ICH!!! :D

 Mutter (29.06.09)
Der erste längere Absatz ist beeindruckend. Sehr.
Der Rest ist gut und sauber geschrieben, kann man schön folgen. Verblasst halt etwas gegen diesen ober-starken Absatz.

So isses manchmal ... :)

 rebell91 äußerte darauf am 29.06.09:
das macht mir angst. es ist mein leben gewesen. O.o

"it's better to burn out then fade away." - scheiße :D
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