Neulich bei Burger King

Kurzgeschichte zum Thema Romantik

von  ian_grey

Neulich, bei Burger King, es war schon fast Mitternacht und gerade war der King des Monats ein Crispy Chicken Burger, wollte ich einfach nur schnell ein Abendessen einwerfen. Ich ging also zum Tresen, wo mich ein junges dunkelhaariges Mädchen erwartete.

Ich wies sie zunächst darauf hin, dass ich glaubte, der King des Monats sei ein Crispy Chicken Burger. Als sie dies bejahte, wunderte sie sich sogleich über meine Enttäuschung darüber. Diese Verwunderung mag der geneigte Leser an dieser Stelle wohl teilen. Aus diesem Grund möchte ich nun eine Erklärung anbringen, die selbe Erklärung, die auch jenes hübsche Mädchen hinter der Theke erhielt: Aufgrund einer Abneigung gegen frittierte Kartoffelstäbchen bestelle ich bei Burger King immer ein Crispy Chicken Menü mit Cola und Salat. Bedauerlicherweise gestattet es das Kassensystem von Burger King jedoch nicht, statt des King des Monats-Menüs ein normales Menü zu bestellen, weshalb es nun besagtes Crispy Chicken Menü nur in Kombination mit den mir verhassten frittierten Kartoffelstäbchen zu erstehen gab, nicht jedoch als Verbund aus Burger, Getränk und Salat.

Mit dieser Erklärung verstand nun auch das dunkelhaarige Mädchen meine Enttäuschung, und so versuchte sie, alles in ihrer Macht stehende zu tun, um das Unmögliche möglich zu machen. Leider verblieb sie trotz Konsultation ihrer Managerin, die gerade im Begriff war, das Etablissement zu verlassen, ohne Erfolg, daher musste ich meine Wahl ein wenig abändern, und bat an Stelle des geliebten Crispy Chicken Burgers um einen deutlich weniger geliebten Whopper, mit Cola und Salat, zum Mitnehmen. Die süße Verkäuferin also tippte meine Bestellung in ihre Kasse: *Menü* *Whopper* *Salat* "Welches Dressing?" "Joghurt-Dressing" *Joghurt-Dressing* "Cola, richtig?" "Ja, Cola." *Cola* "Ketchup oder Majo?"

Um sich den Blick vorzustellen, mit dem ich die freundliche junge Dame bedachte, benötigt man vermutlich keine allzu große Phantasie. Mein Handeln mag gelegentlich irrational sein, dennoch habe ich in der Regel sehr rationale Erwartungen an die Geschehnisse und die Inhalte eines einfachen Kunde-Verkäufer-Gesprächs. Salat mit Ketchup gehört in der Regel nicht dazu, die Frage danach warf mich daher "geringfügig" aus der Bahn. Ich starrte sie daher deutlich irritiert an, und war trotz aller Wortgewandtheit nicht in der Lage, mehr als ein kurzes "Bitte was?", vermutlich aus den Tiefen meines Kleinhirns, hervorzublinzeln. "Ketchup oder Majo?", fragte sie mich daher nochmals. Meine Fassung wiedererlangend antwortete ich  mit scherzendem Unterton: "Beides will in meinen Gedanken nicht so recht zum Salat mit Joghurtdressing passen." Sie sah mich ein wenig beschämt an, um dann zuzugeben: "Entschuldigung, das hab ich schon wieder vergessen." "Macht nichts," beruhigte ich sie, "es ist ja schon spät, da darf sowas schon mal passieren."

Nachdem dann alles eingecheckt war, und die Managerin, die immer noch nicht aus dem Laden flüchten konnte, den Rabatt für ADAC-Mitglieder bestätigt hat, stapelte die schöne Bedienung also meinen Whopper und den Salat auf ein Tablett. Ich wartete gespannt ab, bis alles auf dem Tablett stand. Nicht aufgrund meiner zugegebenermaßen durchaus vorhandenen sadistischen Ader, sondern einfach, weil ich in diesem Moment die Verbindung "zum Mitnehmen" und "Tüte" selbst nicht zu Stande brachte. "Bitteschön" kommentierte sie das Abstellen des Colabechers auf dem Tablett. Fast hätte ich das Tablett entführt, dann kam mir der rettende Einfall, der verhinderte, dass ich mein Essen jonglierend zum Auto bringen musste: "Es wäre bestimmt leichter, das zu transportieren, wenn alles in einer Tüte wäre."

Noch in der Bewegung ihrer Hand zu den Papiertüten begann sie fast bildlich im Boden zu versinken, und die Schamesröte im Gesicht passte wunderbar zu ihren dunklen Haaren. "Tut mir leid" war alles, was sie noch vorbringen konnte, in einem viel zu bedauernden Tonfall. "Na, ist doch nicht schlimm," sagte ich aufmunternd zu ihr. Meiner sadistischen Neigung kurzzeitig folgend konnte ich jedoch nicht widerstehen, das nun folgende genau so zu formulieren: "Aber einen Wunsch hätt ich doch noch." In der kurzen Kunstpause, die ich an dieser Stelle anbrachte, schlich sich ein wenig die Panik in ihre Augen - hatte sie schon wieder etwas falsch gemacht? Doch mein Wunsch gestaltete sich in einer für sie völlig unerwarteten Form.

Doch es ist an der Zeit, zunächst eine kleine Expedition zu unternehmen. Denn hätte damals schon ein bestimmtes Lied existiert, wäre die Geschichte bestimmt anders ausgegangen. Leider war "neulich" schon lange bevor Versengold uns erklärte: verlieb' Dich nie, nie, nie in das Mädchen hinter der Theke. Das Mädchen war schön, wunderschön, und ihre übermüdete Tollpatschigkeit nutzte sie gekonnt aus, um zudem auch noch niedlich zu wirken. Es passierte also genau das, wovor Versengold in ferner Zukunft noch warnen würde. Ich fragte sie: "Wie viel muss ich denn an Burger King zahlen, damit ich Dich mitnehmen kann?" Der erleichterte Blick, die strahlenden Augen - diesen Moment will ich nie vergessen. Und auch nicht das verschmitzte Lächeln, mit dem sie ihre Antwort flankierte: "In zwei Stunden - gar nichts mehr!"

Ich lächelte sie an, sah ihr in die Augen, und verabschiedete mich mit den Worten: "Vielleicht komm ich ja in zwei Stunden nochmal zurück!"


Anmerkung von ian_grey:

Erzählt nach einer wahren Begebenheit. Leider verließ mich damals der Mut, und ich kehrte nicht wieder zurück. Und ich sah sie danach nie wieder. Schade, irgendwie...

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Kommentare zu diesem Text


 Dieter_Rotmund (15.10.19)
Och, wie goldig.

Bei Namen sollte man auf eine durchgehend identische Schreibweise achten.

Kommentar geändert am 15.10.2019 um 23:48 Uhr

 ian_grey meinte dazu am 17.10.19:
Aehm... stimmt. Ich hab dem Laden mal ein weiteres Leerzeichen spendiert... Ich würde aber sagen, das läuft unter Tipp-/Lektoratsfehler.
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