Salve

Gedicht zum Thema Ausbrechen

von  Isaban

Ein jeder Handgriff schmerzt. Der Mann bewegt sich noch,
nur müde, ohne Kraft, lässt jeden Schwung vermissen.
Die Rüstung scheint voll Rost, rot quillt es aus den Rissen.
Sein Schwertarm ist so schwer. Die Wunden zehren doch.

Nun treten Löwen auf, vom Volk beklatscht, verehrt,
Symbol für Blut und Tod. Da weiten sich die Nüstern,
da seufzen Damen laut, da zucken Lippen lüstern,
der alte Recke wankt. Er stützt sich auf sein Schwert.

Gesenkt ist das Visier, die Augen sieht man nicht.
Das erste Raubtier kommt, es brüllt, es zeigt die Zähne;
die Sonne brennt herab, vergoldet seine Mähne,
der Gladiator weint und blinzelt in ein Licht,

das unbarmherzig sticht. Der Pöbel johlt und schreit.
Jetzt ist der Löwe nah, scheint Witterung zu fassen,
er legt sich in den Sand, empört damit die Massen -

Zäsur. Die Zeit steht still, Sekundenewigkeit,
Erstarrung vis-à-vis. Der Kämpfer wirkt gelassen.
Dann stürzt er in sein Schwert. Er mochte nicht mehr hassen.

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Kommentare zu diesem Text

Beaver (41)
(10.07.07)
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 Isaban meinte dazu am 10.07.07:
Hab Dank, lieber Manu, auch für deine Anregung.
Ja, diesmal musste ich ein bisschen feilen am Alex, wollte doch die Zäsuren durchgängig und stimmig einbauen. Aber ich denke, jetzt ist er ganz wohlgestalt, der alte Franzose, in der mehrschichtigen römischen Arena.

Herzliche Grüße,
Sabine
janna (60)
(10.07.07)
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 Isaban antwortete darauf am 10.07.07:
Danke, liebe Janna! Ich freu mich, dass es dir so gut gefällt.
Ja, ich glaube, das Ende jeden Kampfes ist tragisch, ob der Löwe nun innen oder außen steht.

Herzliche Grüße,
Sabine

 Bohemien (10.07.07)
das war schon eine grausame zeit..gladiatorenkämpfe..und die masse klatscht beifall..ein tolles gedicht, das nachdenklich stimmt...nicht alles was beklatscht wird, ist gut....lg dir
(Kommentar korrigiert am 10.07.2007)

 Isaban schrieb daraufhin am 10.07.07:
Wollen wir hoffen, dass es Vergangenheit ist, lieber Bo.
Wenn man sich die Organ-Gameshows, die künstlichen Gerichtsshows, Big Brother-Beobachtungen und die täglichen Talkshows ansieht, wo sich Leute bis aufs Letzte offenbaren, blamieren, zur Schau stellen und für Geld und Ruhm prostituieren, dann ahnt man, dass "Rollerball", "Running Man" und andere Bücher und Filme, die sich mit einem ähnlichen Thema beschäftigen vielleicht gar keine so ferne Zukunft darstellen. Nein, du hast Recht. Nicht alles, was beklatscht wird ist gut.

Herzliche Grüße,
Sabine
Nehemoth (25)
(10.07.07)
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 Isaban äußerte darauf am 10.07.07:
Ach Frank, Arnie hat es doch auch ganz gut hingekriegt, in der King-Verfilmung (R.Bachmann= Steven King). Trainierst dir halt noch ein paar Muckis an, dann wird das schon was, mit deinem großen TV-Auftritt, wer weiß, vielleicht nimmt dich hinterher sogar noch eine Krankenkasse auf...

Herzliche Schwarzmalergrüße,
Sabine
Nehemoth (25) ergänzte dazu am 10.07.07:
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 Isaban meinte dazu am 10.07.07:
Nicht ohne gute, natürlich private - ach ne, man sagt ja jetzt: eigenverantwortliche Krankenversicherung.
Ottilie (66)
(10.07.07)
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 Isaban meinte dazu am 10.07.07:
Manche Gladiatoren verkauften sich nicht, sondern wurden verkauft, liebe Ottilie, also in die Rolle gedrängt, gezwungen. Oder es lockte sie erst der Ruhm und dann kam das Gewissen.
Es war wohl schon immer ein Traum der Mächtigen, eine Armee um sich zu scharen, die keinen Befehl in Frage stellt, sondern einfach nur befolgt.
Und es gab immer Individuen, die lieber starben, als auf Dauer ihre eigene Moral, ihr eigenes Rechtsempfinden zu verraten.
Wie sehr wünschte ich, die Geschichte hätte nicht die Neigung, sich früher oder später immer zu wiederholen, auf die eine oder andere Art.
Hier, liebe Ottilie, war die Arena voller Löwen, auf dem Kampffeld und, wenn du es genau betrachtest, auch im Publikum und der Recke des Kampfes müde, sein Schwertarm ohne Überzeugungsschwung.
Ich danke dir ganz herzlich für deinen tollen, gedankenanregenden Kommentar.
Viele liebe Grüße,
Sabine
myrddin (47)
(10.07.07)
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 Isaban meinte dazu am 10.07.07:
Ja, lieber Ralph,
das sehe ich (leider) in Hinsicht auf unsere TV-Unterhaltung, auf die immer weiter klaffende Schere zwischen Arm und Reich, aufgrund der Sozialpolitik und der Entwicklungen im Gesundheits- und Bildungswesen u.s.w. ganz genau so. Wer weiß, vielleicht müssen wir bald eine Niere verkaufen, wenn wir ein Antibiotikum für unsere Kinder brauchen, oder müssen an einem TV-übertragenen Gladiatorenkampf teilnehmen, wenn wir uns für einen Job qualifizieren wollen, oder ein Stipendium für einen Studienplatz erringen wollen?

Hm, manche Löwen allerdings sind genau so in uns zu finden, wie draußen.
Wie weit verrät, verkauft man sich, wie weit wird man getrieben, lässt sich treiben, für Aufmerksamkeit, Geld und Ruhm, einen Job, um aus einer Zwangslage, einfach aus einer unangenehmen, schwierigen Situation zu entkommen, wie viel ist noch von dem da, was man mal wollte oder war, wie bekommt man es zurück, das Ich, wenn man von allen Seiten unter Druck ist und jeder Ausbruch aus dem Normalen große Schnitte bedeutet?

Ich danke dir für deinen nachdenklichen Kommentar.

Herzliche Grüße,
Sabine
Stefan_P. (58)
(10.07.07)
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 Isaban meinte dazu am 10.07.07:
Ich denke auch, das genau dieses Szenario leider nicht mehr lange wirklich Fiktion bleibt. Hab vielen herzlichen Dank für deinen stimmigen, engagierten Kommentar. Du hast wunderbar die zweite der Ebenen erkannt, die zwischen meinen Zeilen schimmern, Stefan. Schick mir mal deine Geschichte, ich würde sie gern lesen, freu mich drauf.
Liebe und herzliche Grüße,
Sabine

 AZU20 (10.07.07)
Ein sehr gelungenes Gedicht. Den letzten Satz können sich viele hinter die Ohren schreiben. Insofern erblicke ich eine weitere Ebene hinter der historischen. Mit Freude und zugleich nachdenklich gelesen. LG Armin

 Isaban meinte dazu am 11.07.07:
Das freut mich, Armin.
Ich dank dir sehr, für dein Lob und dein einfühlsames Vertiefen in meinen Text und seine Zwischenzeilen.
Herzliche Grüße,
Sabine
PierreFengler (39)
(10.07.07)
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 Isaban meinte dazu am 11.07.07:
Oh, ist das die schönste?
Hab vielen Dank, Pierre.
Liebe Grüße von
Sabine
(Antwort korrigiert am 11.07.2007)
Carmina (58)
(10.07.07)
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 Isaban meinte dazu am 11.07.07:
Danke, Carmina. Ja, du hast Recht.
Ich freue mich, dass dir mein Text etwas geben konnte.
Herzliche Grüße,
Sabine

 Maya_Gähler (10.07.07)
Ich staune einfach immer wieder, wie du es schaffst Philosophie, Realität, Vergangenheit, Zukunft, Gegenwart, Gedanken und Bilder zu einem Ganzen zu vereinen.
Dabei auch noch soviel Platz zu lassen für eigene Gedanken.
Hut ab Sabine, ich bin wieder einmal mehr sehr beeindruckt von deinem Können.
Liebe Grüße an dich,
Gudrun

 Isaban meinte dazu am 11.07.07:
Tausend Dank, liebe Gudrun.
Ich werde ganz rot, ob deines großen Lobes.
Viele herzliche Grüße,
Sabine
C.S.Steinberg (43)
(10.07.07)
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 Isaban meinte dazu am 11.07.07:
Danke, liebe Cashim, ich freue mich über dein Lob und deine nachdenklichen Zeilen.
Herzliche Grüße,
Sabine

 souldeep (10.07.07)
puh, ja, sabine, starke kost...

einfach mal sein dürfen - ohne schmerz, ohne
grosses wollen.
(so denke ich manchmal auch und wünsche...
ich wäre damit schon mal zufrieden...)

und doch.

ist der löwe aussen oder auch ein teil von ihm?
wieviel kämpfen ist ein muss und wieviel selbstgewollt?

kann ich meine rüstung ausziehen, eintauschen,
entsorgen?

es gäbe vieles, was sich diesbezüglich zu diskutieren
lohnt, finde ich.

:)

deshalb einfach mal: echt stark, liebe sabine!

von herzen grüsse ich dich -noch immer beeindruckt-
kirsten

 Isaban meinte dazu am 11.07.07:
Ja, innen oder außen, die Löwen in uns, vor uns, in den höheren Rängen, wir selbst oder die anderen, Not oder Wollen, gegen was kämpfen wir, und wofür?
Ich freue mich, Kirsten, dass mein Text dich so beschäftigen konnte.
Hab Dank für dein Lob und für deine intensive gedankliche Beschäftigung mit meinen Zeilen.
Herzlichst,
Sabine
Balu (57)
(10.07.07)
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 Isaban meinte dazu am 11.07.07:
Danke, Knut. Du bist sehr einfühlsam zwischen meine Zeilen gerutscht, hast die persönliche Ebene ebenso erfasst, wie die offensichtliche und vielleicht auch die politische, die man einmal andenken kann. Ich finde es immer spannend, wenn man möglichst viele Schichten in diesen strengen metrischen Formen vereinen kann, wenn es ein mehrdimensionales Gedicht wird und ich freue mich, dass ich diesmal an den Kommentaren erkennen kann, dass so viel von dem, was ich zur Assoziation anlegte so gut angekommen ist. Hab noch einmal vielen herzlichen Dank für deinen ausführlichen und gut interpretierenden Kommentar.
Liebe Grüße,
Sabine
Synonym (32)
(10.07.07)
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 Isaban meinte dazu am 11.07.07:
*lach* Und du bist eine meiner Lieblingsbanauselinnen.
Danke, Flöckchen!
Herzliche Grüße,
Sabine

 Janoschkus (10.07.07)
6-hebig mit zusätlichen quartett-leckerli - ja, doch, das is mal wieder was und so weiter und so fort. :)
gruß Janosch

 Isaban meinte dazu am 11.07.07:
Na, du, wieder erwacht von der Feierei? *g*
Danke dir, Jan. Ich freu mich.
Die besten Grüße in deine Nacht,
Sabine

 Janoschkus meinte dazu am 11.07.07:
feiereieiei, ja das war schon was. aber meine lungenflügel schlagen noch oder wieder, soweit ich weiß. ;)
wenn-dann-jetzt (39)
(11.07.07)
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 Isaban meinte dazu am 11.07.07:
Dein großes Lob macht mich sprachlos, werter Romano.
Hab vielen Dank.
Herzliche Grüße,
Sabine
Weltenwanderer (42)
(11.07.07)
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 Isaban meinte dazu am 12.07.07:
Vielen herzlichen Dank, lieber Norbert.
Ich freu mich, dass ich die die Löwenmäulchen näher bringen konnte.
Die besten Grüße, arenafern,
Sabine

 Hoehlenkind (11.07.07)
Beinahe hätte ich den Text nicht zu Ende gelesen, weil ich steh nicht so auf Adrenalin (eher auf Oxytocin . Dann aber doch noch ein schönes, aus diesem Gewalt-Schlammassel hinausweisendes Ende. Nicht mehr mitspielen, Spielverderber sein in diesem Scheißspiel. Hoffentlich hats dem Publikum den ganzen Abend versaut. Danke, auch für deine weiterführenden Antworten auf die Komentare. Liebe Grüße, Jobst
(Kommentar korrigiert am 12.07.2007)

 Isaban meinte dazu am 12.07.07:
Auch die besten Antikriegsfilme beginnen mit ihrer Ursache. Dem Krieg.
Ja, ich denke, die Erwartungen des Publikums wurden nicht so ganz erfüllt.
Manchmal muss man tiefe Schnitte tun, um auszubrechen aus einem Schema, einer Gewohnheit, einem Leben, das man so nicht leben will.
Ich danke dir, Jobst, für dein Lob (ja, ich denke auch, dass Oxytocin die bessere und angenehmere Alternative ist, wenn man denn Alternativen hat).
Herzliche Grüße,
Sabine
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