Und Witz-Symposium.
Erzählung zum Thema Heimweg/ Heimkehr
von franky
Witz-Symposium
Der Andrang an Spital war so groß, dass überlegt wurde, wie man uns fünf unverbesserlichen aus Zimmer sieben in einen extra Raum unterbringen könne.
Obwohl der Spitalbau schon einige Jahre auf dem Buckel hatte, verfügte er über einen ganz passablen Wintergarten. Der harte Kern von Zimmer sieben wurde nun dort hin verfrachtet.
Wir schrieben nun schon Juni neunzehnhundertfünfundvierzig, ein wunderschönes Wetter mit viel Sonne ließ uns in dem Wintergarten mit vielen Fenstern ohne Vorhänge ganz schön schwitzen. Der Zugang zu unserem Zimmer führte durch ein voll besetztes Durchgangszimmer.
Es dürften an die Sechs Personen hier platzgefunden haben.
Auf der linken Seite vor der Wintergartentüre War das Bett eines Lehrers, der für mich gar keinen kranken Eindruck machte. Den musste ich ganz genau erzählen, wie mein Unfall im Detail im Wald in Laufnitzdorf abgelaufen war.
Der schreckliche Knall, hatte auch mein Kurzzeitgedächtnis etwas zerrüttet. Hatte da einige wirre Variationen zum Unfall zusammengebastelt. Wollte unsere Tageszeitung bei Windischmutter holen, der Weg führte durch den Wald. Was auch zum Teil stimmte, jedoch nicht an jenem Vormittag des dreizehnten Aprils neunzehnhundert fünfundvierzig.
Wenn die Sonne ihre kräftigen Strahlen durch die vorhanglosen Fenster unseres Zimmers knallte, wurden alle Fensterflügel geöffnet, so dass man meinen konnte im freien zu wohnen.
Leute gingen knapp an unserem Sonnenbabilon vorbei, vereinzeln wurden mit uns kurze Gespräche geführt. Mutter von Fritz Baumgartner, der noch im Zimmer sieben lag, fragte mich mal wie es mir gehe. Fritz konnte mit einem Auge noch relativ gut sehen, doch das andere wurde durch die Explosion der Gewehrgranate so schwer beschädigt, dass es für dieses Auge keine Hilfe gab und entfernt werden musste.
Augenarzt der Fritz betreute, hatte dies in die Wege geleitet.
Die Langeweile die uns befiel, trieb bei uns die seltensten Blüten. Es wurden am laufenden Band Witze erzählt. Es wurde viel und laut gelacht. Je weiter unter der Gürtellinie des do besser. Die Vorsicht hinsichtlich meines Kindlichen Alters wurde von den Erwachsenen total ignoriert, weil sich dachten: „Der kapiert das e nicht!“
Da haben die sich aber sträflich geirrt.
Als ich Wochen später nach Hause kam, wurden sämtliche einverleibte Witze vorgetragen. Mutter, Vater und Nachbarin hielten sich die Bäuche vor lachen. Ich aber wusste gar nicht um was es da tatsächlich genau ging. Ich sammelte die Witze in meinem Kopf wie Gedichte. Die Pointe setzte ich aber fein säuberlich am Schluss, so dass kräftig gelacht werden konnte.
An eine herzige Geste einer jungen Operationsschwester kann ich mich noch deutlich erinnern. Schwester Pauline, die mir vor Wochen den angeklebten Verband von meinem Stumpf entfernte und dabei meine feinen Härchen unbarmherzig ausrupfte. Die Schmerzensschreie die ich dabei ausstieß, waren mir noch deutlich in Erinnerung.
Diese herzige junge Schwester Machte mir den Vorschlag:
„Morgen ist Sonntag und da möchte ich dich zu der Sonntagsmesse in die Kirche mitnehmen.“
Ein Paar kurze Hosen fand sie in meinem Nachttisch, die hatte bestimmt mir Mama bei einem Besuch von zu Hause mitgebracht.
Die liebe Schwester nahm mich am Sonntag morgens in die Arme wie ein kleines Kind. Ich schlang meine Arme um ihren Hals. Konnte mit meinen Fingern den Haaransatz fühlen, ihre Haarpracht musste sie demütig unter ihren breiten Hut verstecken.
Sie roch so jungfräulich frisch, zum Hineinbeißen, nein das durfte ich dann doch nicht wagen.
An die Messfeier kann ich mich nicht mehr erinnern, nur so viel, mir war trotz Hochsommer in der kleinen Kirche ziemlich kalt. War froh wieder in mein Warmes Zimmer zurück zu kommen.
Ein heißer Monat Juli war nun angebrochen. Mama fragte Nachbarin Frau Grassecker in Laufnitzdorf, ob sie mich mit dem Zug nach Frohnleiten bringen könne.
Frau Grassecker war von kräftiger Statur, ihr konnte man diesen Transport gut zutrauen.
Wir schrieben Dienstag den 13.07.1945. Frau Grassecker kam mit dem Frühzug nach Bruck um mich im etwas entferntem Spital abzuholen.
Mein Schutzengel wirkte nicht mehr gestresst, er ließ mich aber trotzdem nicht aus den Augen. In Zukunft könnten nun wieder andere Gefahren lauern. Wo er jedoch nicht eingreifen konnte, war der mühsame Weg, bei sengender Mittagshitze zum Bahnhof nach Bruck.
Der Weg dürfte geschätzte zwei Kilometer weit sein.
Vorbeifahrende Lastauto wehten uns ihre stinkende Abluft um die Nasen, nicht dazu angetan sauerstoffreiche Luft in unsere Lungen zu pumpen. Frau Grassecker rann zusehends Schweiß über ihr Gesicht und Körper. Meine Arme wurden auch immer länger und schlaffer, konnten den griff um ihre Schultern nicht mehr aufrechterhalten. Immer öfter mussten Pausen eingelegt werden. Wir lehnten uns an Grenzsteine am Straßenrand, bis Frau Grassecker wieder genügend Kräfte für einen nächsten Abschnitt gesammelt hatte. Zwei Kilometer zogen sich in diesem Tempo brutal in die Länge! Bis wir die Bahnhofsbaracke erreicht hatten, war Frau Grassecker total durchgeschwitzt und voll ausgepumpt. Der Zug stand bereits am Bahngleis, die fauchende Lok an der Spitze des Zuges, Frau Grassecker besorgte noch die Fahrscheine in der Holzbaracke, wo sich der provisorische Schalterraum befand. Wir mussten nur noch einsteigen. Nachhause zu meinen großen und kleinen Geschwistern. Wie werden die wohl auf mich reagieren? Ich mit meinen leeren Augenhöhlen; Und abgeschnittenem Bein. Nur noch ein halber Mensch. Ja, aber mein Herz, mein Herz das war noch ganz!
Mama und meine Geschwister warteten am Bahnhof in Frohnleiten. Mama hätte nicht die Kraft mich auf den Armen nachhause zu tragen, sie brachte den kleinen Leiterwagen mit, den sie mit Kissen und Decken weich ausgepolstert hatte.
Die vier jährige Resi und die fünf jährige Schwester Trude gingen wortlos, mit geringem Abstand hinter dem Leiterwagen her. Schwester Franziska und Schwester Poldi halfen Mama das Leiterwagerl zu ziehen. In dieser Formation ging es durch den Frohnleitner Marktplatz. Dann die kleine Prozession Weiter auf der Landstraße vier Kilometer bis nach Laufnitzdorf, hinaus zum Natzbauern.
Plötzlich spürte ich in meinem Rücken, wie sich vier kleine Hände am hinteren Rand vom Leiterwagen festklammerten. Erst nur zögerlich, später jedoch stützten sie sich recht übermütig auf den rückwärtigen Teil des Leiterwagerls.
Als wir Sechs Personen in die Nähe des Wieserwald kamen, schüttelte mein Schutzengel vor Grauen die Flügelfedern: „Das war eine verdammt schwere Arbeit! Sollte für die nächsten Jahre wohl genügen.“ Hockte sich gedankenversunken auf den Waldboden und schlang die Arme weiter sinierend um seine Knie.
Der Andrang an Spital war so groß, dass überlegt wurde, wie man uns fünf unverbesserlichen aus Zimmer sieben in einen extra Raum unterbringen könne.
Obwohl der Spitalbau schon einige Jahre auf dem Buckel hatte, verfügte er über einen ganz passablen Wintergarten. Der harte Kern von Zimmer sieben wurde nun dort hin verfrachtet.
Wir schrieben nun schon Juni neunzehnhundertfünfundvierzig, ein wunderschönes Wetter mit viel Sonne ließ uns in dem Wintergarten mit vielen Fenstern ohne Vorhänge ganz schön schwitzen. Der Zugang zu unserem Zimmer führte durch ein voll besetztes Durchgangszimmer.
Es dürften an die Sechs Personen hier platzgefunden haben.
Auf der linken Seite vor der Wintergartentüre War das Bett eines Lehrers, der für mich gar keinen kranken Eindruck machte. Den musste ich ganz genau erzählen, wie mein Unfall im Detail im Wald in Laufnitzdorf abgelaufen war.
Der schreckliche Knall, hatte auch mein Kurzzeitgedächtnis etwas zerrüttet. Hatte da einige wirre Variationen zum Unfall zusammengebastelt. Wollte unsere Tageszeitung bei Windischmutter holen, der Weg führte durch den Wald. Was auch zum Teil stimmte, jedoch nicht an jenem Vormittag des dreizehnten Aprils neunzehnhundert fünfundvierzig.
Wenn die Sonne ihre kräftigen Strahlen durch die vorhanglosen Fenster unseres Zimmers knallte, wurden alle Fensterflügel geöffnet, so dass man meinen konnte im freien zu wohnen.
Leute gingen knapp an unserem Sonnenbabilon vorbei, vereinzeln wurden mit uns kurze Gespräche geführt. Mutter von Fritz Baumgartner, der noch im Zimmer sieben lag, fragte mich mal wie es mir gehe. Fritz konnte mit einem Auge noch relativ gut sehen, doch das andere wurde durch die Explosion der Gewehrgranate so schwer beschädigt, dass es für dieses Auge keine Hilfe gab und entfernt werden musste.
Augenarzt der Fritz betreute, hatte dies in die Wege geleitet.
Die Langeweile die uns befiel, trieb bei uns die seltensten Blüten. Es wurden am laufenden Band Witze erzählt. Es wurde viel und laut gelacht. Je weiter unter der Gürtellinie des do besser. Die Vorsicht hinsichtlich meines Kindlichen Alters wurde von den Erwachsenen total ignoriert, weil sich dachten: „Der kapiert das e nicht!“
Da haben die sich aber sträflich geirrt.
Als ich Wochen später nach Hause kam, wurden sämtliche einverleibte Witze vorgetragen. Mutter, Vater und Nachbarin hielten sich die Bäuche vor lachen. Ich aber wusste gar nicht um was es da tatsächlich genau ging. Ich sammelte die Witze in meinem Kopf wie Gedichte. Die Pointe setzte ich aber fein säuberlich am Schluss, so dass kräftig gelacht werden konnte.
An eine herzige Geste einer jungen Operationsschwester kann ich mich noch deutlich erinnern. Schwester Pauline, die mir vor Wochen den angeklebten Verband von meinem Stumpf entfernte und dabei meine feinen Härchen unbarmherzig ausrupfte. Die Schmerzensschreie die ich dabei ausstieß, waren mir noch deutlich in Erinnerung.
Diese herzige junge Schwester Machte mir den Vorschlag:
„Morgen ist Sonntag und da möchte ich dich zu der Sonntagsmesse in die Kirche mitnehmen.“
Ein Paar kurze Hosen fand sie in meinem Nachttisch, die hatte bestimmt mir Mama bei einem Besuch von zu Hause mitgebracht.
Die liebe Schwester nahm mich am Sonntag morgens in die Arme wie ein kleines Kind. Ich schlang meine Arme um ihren Hals. Konnte mit meinen Fingern den Haaransatz fühlen, ihre Haarpracht musste sie demütig unter ihren breiten Hut verstecken.
Sie roch so jungfräulich frisch, zum Hineinbeißen, nein das durfte ich dann doch nicht wagen.
An die Messfeier kann ich mich nicht mehr erinnern, nur so viel, mir war trotz Hochsommer in der kleinen Kirche ziemlich kalt. War froh wieder in mein Warmes Zimmer zurück zu kommen.
Ein heißer Monat Juli war nun angebrochen. Mama fragte Nachbarin Frau Grassecker in Laufnitzdorf, ob sie mich mit dem Zug nach Frohnleiten bringen könne.
Frau Grassecker war von kräftiger Statur, ihr konnte man diesen Transport gut zutrauen.
Wir schrieben Dienstag den 13.07.1945. Frau Grassecker kam mit dem Frühzug nach Bruck um mich im etwas entferntem Spital abzuholen.
Mein Schutzengel wirkte nicht mehr gestresst, er ließ mich aber trotzdem nicht aus den Augen. In Zukunft könnten nun wieder andere Gefahren lauern. Wo er jedoch nicht eingreifen konnte, war der mühsame Weg, bei sengender Mittagshitze zum Bahnhof nach Bruck.
Der Weg dürfte geschätzte zwei Kilometer weit sein.
Vorbeifahrende Lastauto wehten uns ihre stinkende Abluft um die Nasen, nicht dazu angetan sauerstoffreiche Luft in unsere Lungen zu pumpen. Frau Grassecker rann zusehends Schweiß über ihr Gesicht und Körper. Meine Arme wurden auch immer länger und schlaffer, konnten den griff um ihre Schultern nicht mehr aufrechterhalten. Immer öfter mussten Pausen eingelegt werden. Wir lehnten uns an Grenzsteine am Straßenrand, bis Frau Grassecker wieder genügend Kräfte für einen nächsten Abschnitt gesammelt hatte. Zwei Kilometer zogen sich in diesem Tempo brutal in die Länge! Bis wir die Bahnhofsbaracke erreicht hatten, war Frau Grassecker total durchgeschwitzt und voll ausgepumpt. Der Zug stand bereits am Bahngleis, die fauchende Lok an der Spitze des Zuges, Frau Grassecker besorgte noch die Fahrscheine in der Holzbaracke, wo sich der provisorische Schalterraum befand. Wir mussten nur noch einsteigen. Nachhause zu meinen großen und kleinen Geschwistern. Wie werden die wohl auf mich reagieren? Ich mit meinen leeren Augenhöhlen; Und abgeschnittenem Bein. Nur noch ein halber Mensch. Ja, aber mein Herz, mein Herz das war noch ganz!
Mama und meine Geschwister warteten am Bahnhof in Frohnleiten. Mama hätte nicht die Kraft mich auf den Armen nachhause zu tragen, sie brachte den kleinen Leiterwagen mit, den sie mit Kissen und Decken weich ausgepolstert hatte.
Die vier jährige Resi und die fünf jährige Schwester Trude gingen wortlos, mit geringem Abstand hinter dem Leiterwagen her. Schwester Franziska und Schwester Poldi halfen Mama das Leiterwagerl zu ziehen. In dieser Formation ging es durch den Frohnleitner Marktplatz. Dann die kleine Prozession Weiter auf der Landstraße vier Kilometer bis nach Laufnitzdorf, hinaus zum Natzbauern.
Plötzlich spürte ich in meinem Rücken, wie sich vier kleine Hände am hinteren Rand vom Leiterwagen festklammerten. Erst nur zögerlich, später jedoch stützten sie sich recht übermütig auf den rückwärtigen Teil des Leiterwagerls.
Als wir Sechs Personen in die Nähe des Wieserwald kamen, schüttelte mein Schutzengel vor Grauen die Flügelfedern: „Das war eine verdammt schwere Arbeit! Sollte für die nächsten Jahre wohl genügen.“ Hockte sich gedankenversunken auf den Waldboden und schlang die Arme weiter sinierend um seine Knie.