Das Widermännliche: das scheinbar Uneigene des Weibes, das sich formen läßt von jedem, der da kommt, das Widerstandslose, Uferlose, Weiche und Willige, das die Formen, die der Mann ihm gibt, im Grund niemals ernst nimmt und immer fähig ist, sich anders formen zu lassen: das ist es, was der Mann als das Hurenhafte bezeichnet, ein Grundzug weiblichen Wesens, das weiblich-Eigene, dem er niemals beikommt. Man könnte es auch das Schauspielerische nennen. Das Spiel der Verwandlung, das Spiel der Verkleidung. Der Mann, wenn er sich in Kostüme hüllt, hat er nicht immer einen Stich ins Verkehrte, ins Weibische, ins Widermännliche?
Die erste Verkleidung an die ich mich erinnern kann, war die eines Penners. Da ich mich erinnern kann, muss ich älter als vier, aber jünger als zehn gewesen sein. Ab diesem Zeitpunkt erwachte nämlich in mir die große Leere, die leere Weite, kurz, die Erleuchtung. Mit Bademantel, einer Wollmütze, Schal und roter Schminke an Wangen und Nase ausstaffiert, gingen wir zum Umzug. Ganz gemäß meines Kostüms bückte ich mich, um ein paar knätschige feuchte Bonbons aufzuheben, die alsbald in einer Aldi Plastiktüte verschwanden. Es regnete wie immer, die Eltern waren stellvertretend, da ich diesen Teil meiner Verkleidung noch nicht ausüben durfte, besoffen und die Funkenmariechen tanzten damals schon in einer Sprache, die ich nicht verstand. Am Abend erwischte ich besagte besoffene Eltern dabei, wie sie versuchten, den halbsteifen Schwanz des Vaters, sichtlich ohne Erfolg, an glänzende voreheliche Zeiten zu erinnern. Scheinbar war der Mund meiner Mutter nicht nur nicht geeignet schöne heilsame Worte rauszublasen, sondern auch nicht dazu gemacht, überhaupt irgendetwas Schönes zu blasen. Samesame, bloß andersherum.
Auch die folgenden Jahren blieben mir die Trogtänze meiner, meist weiblichen Gegenüber, ein Rätsel. Bis zum folgenschweren Strap-Om-Day und dem Tag meiner bisher letzten Verkleidung. Aus einer Bierlaune heraus, vielleicht war es auch Schnaps, warf ich mich in das schwarze Netz-Catsuit, das meine Frau normalerweise zu tragen pflegt, wenn sie meint irgendetwas falsch gemacht zu haben, quetschte meine Füße in ihre neonpinken High Heels, die angeschafft wurden, um meinem kleinbürgerlichen Pumpsfestisch zu befriedigen und klebte mir lange rote Nägel der Marke Impress, die den entscheidenen Vorteil haben selbstklebend zu sein, auf. Es war weder Fasching noch Karneval, fühlte sich aber insgesamt gut an. Der Umschnalldildo, der Mitglied unseres Haushaltes wurde, um mit ihm ein paar lustige Fotos fürs Famielalbum zu machen, lag noch bar seiner eigentlichen Funktion, ungenutzt in einer Kommode und wurde nun, für diesen feierlichen Anlass, um die Hüfte meiner Frau geschnallt. Selbstredend mit 2-Way Funktion ausgestattet, führte sie sich das schmale Ende, mir aber den dicken hautfarbenden Knüppel ein. Das Babyöl, das wir benutzen, damit die weiblichen Schleimhäute am Tag nach Sex nicht aussehen wie ein aufgeplatzter Streuselkuchen, fühlte sich warm und geschmeidig an und sorgte dafür, dass sich die ziehenden Schmerzen rundum und im Anus in Grenzen hielten. Nicht in Grenzen hielten sich a) meine Erektion und b) die mit dieser einhergehenden Egolimesverschiebung. Mit jedem Stoß plusterte sich die Bestie Ich auf, bis ihre Demarkationslinien in einem Land vor unserer Zeit verschwanden. Nach circa zehn Minuten ergoß ich mich auf ein mit Sternen bedrucktes Laken.