Unsere Zukunft

Essay zum Thema Mensch (-sein, -heit)

von  Graeculus

Was werden die wichtigsten Probleme der Menschen in fünfzig Jahren sein? Wissen wir das? Können wir das auch nur ahnen?
In ihrer Geschichte wußten die Menschen noch nie, welche Probleme sie in fünfzig Jahren haben würden.

• Niemand im östlichen Mittelmeerraum hat 1227 v.u.Z. geahnt, daß fünfzig Jahre später, 1177, das gesamte kulturelle, politische und wirtschaftliche System zusammengebrochen sein und ein dunkles Zeitalter begonnen haben würde. Es gab zuvor keinerlei Anhaltspunkte dafür.
• Um 380 v.u.Z. haben weder die Griechen noch die Perser etwas davon gewußt, daß fünfzig Jahre später das halbbarbarische Volk der Makedonen nicht nur Griechenland, sondern das gesamte riesige persische Reich erobert haben würde.
• Im Jahre 50 u.Z. hat kein Christ sich vorstellen können, daß um 100 die Welt immer noch nicht untergegangen und Jesu Prophezeiung sich nicht bewahrheitet haben würde.
• Im Jahre 1328 konnte kein Abendländer ahnen, daß zwanzig Jahre später die Pest über Europa hinwegfegen und drei Fünftel der Menschen töten, daß 1378 das Große Abendländische Schisma die Säule des Lebens, die katholische Kirche, mit zwei und drei parallel amtierenden Päpsten spalten würde.
• Wer hätte 1900 gewußt oder auch nur geahnt, daß die Menschheit 50 Jahre später zwei Weltkriege, eine Weltwirtschaftskrise und eine Epoche der Völkermorde hinter sich haben würde?
• Niemand, nicht einmal die SF-Autoren mit ihren zahlreichen Geschichten von dem Super-Computer, der künftig die Welt beherrschen könnte, hat 1950, 1960, 1970 einen Schimmer davon gehabt, daß es fünfzig Jahre später das Internet geben würde.

Wenn nun jemand annimmt, ich hätte gezielt unvorhergesehene Ereignisse ausgewählt und vorhergesehene ausgelassen, dann möge er mir wenigstens ein wichtiges Ereignis nennen, das über einen Zeitraum von fünfzig Jahren korrekt vorausgesagt worden wäre. Ich kenne keines. Aber ich habe viele völlig überraschend eingetretene Phänomene nicht erwähnt.

Deswegen nehme ich an, daß auch wir heute nicht wissen, wie die Welt in fünfzig Jahren aussehen, mit welchen Problemen sie es zu tun haben wird.

Eine durch den Klimawandel veränderte Erde, eine geschmolzene Arktis, ein im Meer versunkenes Bangla Desh? Vielleicht. Vielleicht wird aber auch ein Asteroid auf der Erde einschlagen oder ein gigantischer Vulkanausbruch sich ereignen und eine globale Kältezeit auslösen. Vielleicht wird es in fünfzig Jahren den Homo sapiens gar nicht mehr geben, weil er durch einen Homo superior oder einen Cyborg-Typus abgelöst sein werden wird. Vielleicht wird sich in fünfzig Jahren eine noch gänzlich unbekannte Religion auf der Welt ausgebreitet und die Schwerpunkte des menschlichen Lebens ganz anders definiert haben. Neue und schreckliche Krankheiten könnten die Existenz der Menschheit bedrohen. Oder aber die Medizin könnte den biologischen Tod besiegt haben, wie es ihr jetzt schon gelingt, bei Mäusen den Alterungsprozeß umzukehren. Welche Folgen hätte das?

Und dies alles sind bloß Möglichkeiten, wie sie meiner bescheidenen Phantasie entspringen, und nicht solche, die heute niemand auch nur als Möglichkeit in Betracht zieht.

Fünfzig Jahre sind zu lang für einen seriösen Blick in die Zukunft. Wir wissen es nicht. Wir können aus der Geschichte lernen, daß wir es nicht wissen. Karl Popper („Das Elend des Historizismus“) hat uns gezeigt, daß die Geschichte – anders als die Natur - nicht berechenbar ist, daß keine Gesetzmäßigkeiten in ihr am Werke sind, sondern allenfalls Trends, die jederzeit kippen können. Das Bedürfnis, in die Zukunft schauen zu können, mag von dieser Einsicht unbeeindruckt sein, doch es ist nicht zu befriedigen.

Ich höre den Einwand: Ja, sollen wir denn gar nichts tun? Sollen wir den Dingen einfach ihren Lauf lassen? Nein, wir sollten in die Gegenwart schauen.


Anmerkung von Graeculus:

Teil 2 folgt.

Hinweis: Der Verfasser wünscht generell keine Kommentare von Mondscheinsonate.

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Kommentare zu diesem Text

Terminator (41)
(13.12.20)
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 Graeculus meinte dazu am 13.12.20:
Manchmal ist das Geschichtsstudium zu etwas gut. Wenn ich allerdings bedenke, mit welchen Flausen im Kopf ich es vor 53 Jahren aufgenommen habe ...
Vom Philosophiestudium zu schweigen.

"So ist die Sache! O wie so leise,
wenn überhaupt, sagt das der Weise."
(W.B.)

Leider bin ich immer noch viel zu laut.

 DanceWith1Life (13.12.20)
Lach, du solltest zum Katastrophenschutz, die brauchen solche Leute. Gerade eben über einen chinesischen Quantencomputer gelesen, der eine Aufgabe gelöst hat, für die ein herkömmlicher "Supercomputer", 2,5 Milliarden Jahre braucht. Bis jetzt eine Nacht voller erstaunlicher Informationen, zum Glück atme ich noch genauso, wie die ersten Menschen, was in dieser "radioaktiven" Zeit, fast als unsere grösste Errungenschaft gehen könnte.
Raumschiff Prometheus Ende, wir fliegen jetzt Richtung....

 Graeculus antwortete darauf am 13.12.20:
Wenn dieser Quantencomputer das Verhalten eines einzigen Menschen, der von dieser Berechnung gewußt hat, treffend vorausgesagt hat - Hut ab!
Du kennst das Phänomen: Ich sage voraus, was Du tun wirst, und Du tust es deshalb gerade nicht. Indem ich dies prognostiziere, wirst Du - spätestens dann - unberechenbar.
Stünde es anders, dann könnten die Computer endlich mit Sicherheit vorhersagen, in welche Ecke der Elfmeterschütze schießen muß.

 TrekanBelluvitsh (13.12.20)
Zunächst einmal gibt es bei deiner Argumentation eine hoch problematischen Punkt. Du nennst Beispiele aus Zeiten, aus denen uns nur ein marginales Quellenmaterial überliefert ist. Somit beruhen deine Fragen auf Mutmaßungen.

Im Jahre 1328 konnte kein Abendländer ahnen, daß zwanzig Jahre später die Pest über Europa hinwegfegen und drei Fünftel der Menschen töten,
Diese Aussage ist nicht zu belegen. Sie ist auch nicht zu widerlegen. Sie ist eine Mutmaßung. Dagegen setze ich:
Im Jahre 1328 war jedem Abendländer klar, dass zwanzig Jahre später - oder früher oder später - eine Epidemie über Europa hinwegfegen konnte und drei Fünftel der Menschen töten
Belegen kann ich das - wie du - nicht. Du kannst es auch nicht widerlegen.

Ich gehe noch weiter: Dein Beispiel legt zugrunde, dass die Menschen eine Vorstellung von Europa, all den anderen Menschen,Kulturen und Reichen hatten. Das mag auf einen kleinen Teil der Bevölkerung - Händler, Regierende, Krieger, Geistliche - zugetroffen haben. Den allermeisten Menschen war das jedoch kaum bewusst (und selbst wenn waren die Vorstellungen in den meisten Fällen wohl kaum mit der Wirklichkeit in Übereinstimmung zu bringen). Die Schnelligkeit, mit der die Lungenpest die Menschen dahinraffte, mag die Zeitgenossen überrascht haben. Aber im 14. Jahrhundert konnte z.B. auch die Cholera einzelne Dörfer oder Landstriche entvölkern. Und das war dann für die Menschen dieser Dörfer und Landstriche das Entscheidende. Lebten sie in Südfrankreich, war ihnen völlig schnuppe, was in Südfriesland vor sich ging - ganz davon abgesehen, dass sie mit Südfriesland nichts anzufangen gewusst hätten. Es war ihnen so fern wie uns der Saturn (obwohl wir heute über den Saturn wahrscheinlich mehr wissen, als die meisten Mneschen im 14. Jahrhundert in Südfrankreich über Südfriesland).

Fazit: So logisch diese Beispiel auch klingen mag, es ist eine rein polemische Mutmaßungen aus der Sicht eines Menschen des 21. Jahrhundert durch die man der Wirklichkeit des 14. Jarhunderts nicht wirklich nahe kommt.

Wer hätte 1900 gewußt oder auch nur geahnt, daß die Menschheit 50 Jahre später zwei Weltkriege, eine Weltwirtschaftskrise und eine Epoche der Völkermorde hinter sich haben würde?
Wer? Ein Misanthrop und Pessimist. So war z.B.der gerade der Antisemitismus zu dieser Zeit schon längst ein bestimmender Faktor der europäischen Kultur und Politik. Doch viel wahrscheinlicher wäre es gewesen, dass dieser Misanthrop und Pessimist seinen Mund gehalten hat. Und wenn nur, weil er sich nicht mit dem bleiernen Optimismus der Menschen, der sie immer wieder die einfachsten Bedrohungen - "So schlimm wird es schon nicht werden" - verleugnen lässt. Verleugnen, den sehen tun die Menschen das schon.

Für die derzeitige Corona-Pandemie und das menschliche Verhalten darin gibt es eine wunderbare Vorlage. Einen Film: "Der weiße Hai". Da gibt es einen Bürgermeister, dem die Gefahr für die Menschen gleichgültig ist - er heißt nicht Boris Palmer - solange die Geschäfte gut gehen.

Und zum jetzt die Überraschung: Ich stimme deiner Schlussfolgerung absolut zu! Dass Problem offenbart sich schnell, wenn man sich Zukunftsprognosen anschaut. Die gehen nämlich immer davon aus, wie die Welt in 20, 30 oder 50 Jahren aussehen wird, wenn nichts sich ändert. Dabei ist jeder Tag wie ein Fußballspiel. Um zu wissen, wie es ausgeht, muss man den Ball treten. Und wer hätte vor 24 Stunden schon gedacht, das der VfB Stuttgart bei Borussia Dortmund 5:1 gewinnt?

Kommentar geändert am 13.12.2020 um 04:36 Uhr

 loslosch schrieb daraufhin am 13.12.20:
ich halte es mit der leipziger rathausuhr: MORS CERTA HORA INCERTA
Nimmer (45) äußerte darauf am 13.12.20:
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 Graeculus ergänzte dazu am 13.12.20:
Du bestreitest die Prämissen, stimmst aber der Schlußfolgerung zu? Hm.
Vielleicht kann man sich da auf folgendes verständigen:
1. "Wußte niemand" heißt für Historiker: eine solche Prognose ist quellenmäßig nicht belegt. Deine Version: "Im Jahre 1328 war jedem Abendländer klar ...", wird durch die Quellen nicht bestätigt, wohingegen meine Aussage durch die Quellenlage (gerade durch deren völliges Schweigen) gestützt wird.
2. Es gab 50 Jahre vorher keine für Zeitgenossen erfaßbaren Hinweise, Vorzeichen usw. für diesen konkreten Pestausbruch. Allenfalls hätte man aufgrund bisheriger Erfahrungen sagen können, daß irgendwann einmal wieder die Pest kommen werde. Für das Große Abendländische Schisma gab es m.W. überhaupt keinen Präzedenzfall.
3. Im Nachhinein festzustellen, daß es vorher Anhaltspunkte gab (wie es Historiker oft tun), ist etwas ganz anderes; das ist wenig mehr, als diejenigen tun, die nachher sagen, sie hätten es immer schon gewußt.
4. Selbst im Bereich der Naturwissenschaften werden ja immer mehr gesetzmäßige durch statistische Aussagen ersetzt. Man kann das - in Grenzen - sicher auch für die menschliche Gesellschaft tun, d.h. von Wahrscheinlichkeiten sprechen oder von dem, was Popper "Trends" nennt. Allerdings verlieren die in die längere Zukunft hinein rapide an Zuverlässigkeit, und 50 Jahre sind entschieden zuviel.
Aber darin sind wir uns ja einig.

Bei bewußten Wesen wie Menschen kommt dann noch hinzu, daß Prognosen selbst zu Faktoren werden, welche die Entwicklung verändern und daher unberechenbar machen.
Das ist schon im Alltag zu beobachten. Wenn A zu B sagt: "Du wirst jetzt X tun!", dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, daß B schon deshalb X nicht tun wird.

Ich bin übrigens überzeugt, daß nicht einmal Du als Pessimist um 1900 geahnt hättest, wie die Dinge sich bis 1950 entwickeln würden. Der schon 1900 zu beobachtende Antisemitismus mußte nicht zum Genozid führen ... und hätte es wohl auch nicht, wenn nicht der Madagaskar-Plan durch den 1939 ausgebrochenen Krieg obsolet geworden wäre.

 Graeculus meinte dazu am 13.12.20:
An loslosch:

Bei "mors certa" bin ich mir inzwischen nicht mehr so sicher. Geforscht wird ja an der 'Besiegung des Todes'; Frank F. Tipler, ein bekannter Physiker, hat eine "Physik der Unsterblichkeit" geschrieben, d.h. nicht nur Mediziner, sondern auch Physiker und Informatiker arbeiten an diesem Problem.

In etwas konkreterer Weise bin ich mir aber überhaupt nicht mehr sicher, daß diejenigen, die heute 80 Jahre alt sind, in 50 Jahren allesamt tot sein werden. Bislang konnte man sich ja noch wenigstens sicher sein, daß niemand 130 Jahre alt werden würde.

 Graeculus meinte dazu am 13.12.20:
An Nimmer:

Vermutlich meinst Du den Kommentar von Trekan. Ja, der ist gut, ein guter Diskussionsbeitrag.
Nimmer (45) meinte dazu am 13.12.20:
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 Graeculus meinte dazu am 13.12.20:
O doch, sehr gut. Die Eltern des Ödipus versuchen genau das zu verhindern, was das Orakle ihnen prophezeit. Selbstverständlich versuchen sie das! Die Folgen dessen aber, die erahnen auch sie nicht.

Antwort geändert am 13.12.2020 um 14:29 Uhr

 TrekanBelluvitsh meinte dazu am 13.12.20:
@ Graeculus:

1.: Ich habe heute gehört, das Erhard Eppler als Entwicklungshilfeminister - damals: Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit - vorhergesagt hat, dass wir, wenn wir unsere Politik nicht ändern, von Flüchtlingen überrannt werden. Hm... da passt 50 Jahre ganz gut...

2. Hm... ich weiß nicht. Wie du dich vielleicht noch erinnerst, habe ich für den September 2019 den Beginn eines Krieges der USA und Saudi-Arabiens gegen den Iran vorhergesagt. Da lag ich wohl daneben - mit dem Datum!

Ich denke nicht nur, dass dieser Krieg nicht vom Tisch ist. Denn das, was von Trump als große Friedenserrungenschaft für Israel gefeiert wird, sind in meinen Augen nur vertragliche Absicherungen um den Rest des Nahen Ostens im Frieden zu halten - auf nationalstaatlicher Ebene - und eine größere, wenn auch lockere Allianz gegen den Iran zu schmieden. So wäre z.B. die israelische Luftwaffe ein großer Gewinn für die Antiirankoalition. Das einzige, was einen Krieg gegen den Iran im Augenblick noch verhindert, ist die ungeklärte Situation in Syrien. Aber wie gesagt, das verschafft auf der anderen Seite Zeit, eine stärkere Front gegen den Iran aufzubauen. Und das ist auch gar nicht schwer, denn eigentlich sehen alle Staaten in diesem Raum den Iran als Gegner an. Das ist tagespolitisch, aber auch historisch (Bsp.: Araber versus Perser) begründet.

Auf der anderen Seite wird die Führung im Iran sich mit der Zeit immer mehr eingekreist fühlen. Ein - in ihren Augen: gerechtfertigter - Präventivschlag ist auch nicht auszuschließen. Das größte Problem - militärisch-strategisch gesehen - wird für den Iran in der nächsten Zeit sein, den Waffennachschub aus China sicherzustellen. Und da kommt dann Russland ins Spiel. Das er die Route durch Russland dicht macht, dass wird sich Putin teuer bezahlen lassen. Da steht ja z.B. immer noch das, was der russischen Außenpolitik seit 2014 am wichtigsten ist und woran sie in den letzten Jahren jämmerlich gescheitert ist: Die Aufhebung der Sanktionen.

Dennoch: Spätestes 2022 wird die Antiirankoalition stehen und bereit sein, den Krieg zu führen. Einen Anlass wird sich schon finden...

Das sind jetzt keine 50 Jahre, aber immerhin 2 Jahre.


Ach ja, und innerhalb der nächsten 50 Jahre wird es auch mit großer Wahrscheinlichkeit einen Krieg zwischen NATO (und Verbündeten) und Russland geben.
Nimmer (45) meinte dazu am 13.12.20:
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 Graeculus meinte dazu am 14.12.20:
Die Prognose Erhard Epplers ist gut. Sie ist nicht nur zufällig eingetreten, sondern (a) eine hohe Vermehrungrate und (b) ein große Armut erzeugen mit hoher Wahrscheinlichkeit (c) eine Flucht- bzw. Migrationswelle.
Gegenbeispiel akzeptiert.

 blauefrau (13.12.20)
Unsre Zukunft ist die Vergangenheit. Pestmauer, Leprahäuser - alles Relikte der Vergangenheit. Lepra gibt es noch häufiger, Pest eher selten, nur bei "uns" so gut wie nicht.

Wir Hygiene- und Wissenschaftsmenschen dachten, das meiste im Griff zu haben - die plötzliche Unsicherheit, die Abriegelung und auch Angst vor der nächsten Stunde verbinden uns mit den Menschen aus dem Mittelalter.

 Graeculus meinte dazu am 13.12.20:
Was das Wissen um die fernere Zukunft (etwa in 50 Jahren) angeht, stehen wir uns nicht wesentlich besser als die Menschen des Mittelalters. Allenfalls bevorzugen wir bestimmte Typen von Prognosen und lehnen andere eher ab - etwa die Wiederkehr Jesu und das Jüngste Gericht, wie es (u.a.) für das Jahr 1000 vorhergesagt worden ist.

 TassoTuwas (13.12.20)
Tatsache ist doch, dass die überwiegende Mehrheit der Menschen nicht in Zeiträumen von 50 Jahren, voraus denkt.
Da sind einerseits die, für die nur die Zuwachsrate des nächsten Jahres die große Rolle spielt, während andererseits viele in Sorge sind, wie sie es schaffen die Gegenwart zu überleben.
Es bedarf wohl immer erst einer großen Umwälzung, dass der Blick derer, die etwas zu verlieren haben, in die Zukunft geht.
Ich bin auf Teil 2 gespannt
TT

 Graeculus meinte dazu am 13.12.20:
50 Jahre sind viel, sind lange. Dennoch gibt es Prognosen über die klimatische Entwicklung und ihre Folgen bis 2100. Ich habe sogar mal eine Karte gesehen (in der FAZ), welche die dann zu erwartende Erde (ohne Holland und Bangla Desh) abbildete.

Frühger konnten die 80jährigen wenigstens sicher sein, daß sie in 50 Jahren tot sein würden ("daß mir dann kein Zahn mehr wehtut", wie mein Vater gerne sagte); heute wissen wir nicht einmal das mehr.

 EkkehartMittelberg (13.12.20)
hallo Graeculus, Tatsache ist, dass die weitaus meisten Menschen zukunftsblind sind. Ich vermute, dass diese Blindheit einen Schutz darstellt, denn es ist die Frage, ob sie bei Zukunftsgewissheit noch den Mut hätten, Katastrophen entgegenzuarbeiten. Oder würden sich zahlreiche Menschen wie Sisyphus verhalten und dennoch ihr Bestes geben, obwohl sie wissen, dass ihr Handeln vergeblich ist. Dein Essay wirft unterschiedliche Fragen auf.

 Graeculus meinte dazu am 13.12.20:
Schon in der Antike taucht der Gedanke auf, daß es gut sei, die Zukunft nicht zu wissen. Dafür spricht einiges.

Fragen wollte ich aufwerfen; was die Antworten angeht (--> Teil 2), so bin ich mir meiner eigenen Gedanken noch unsicherer als sonst schon, weshalb auch diese Gedanken wohl eher Denkanstöße sein werden.
Stelzie (55)
(13.12.20)
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 Graeculus meinte dazu am 13.12.20:
Es stimmt schon, daß wir mit unserem Handeln die Zukunft beeinflussen, nur können wir das Ergebnis nicht über drei oder vier Schritte hinaus vorhersagen.
Das fällt mir bei meinem eigenen Leben oft auf und gilt vermutlich auch für Deines. Du tust etwas, und das hat eine Folge, ein Ergebnis. Wenn Du es klug angestellt hast, hat es das erhoffte Ergebnis. Diese Folge wird aber wiederum zur Ursache für weitere Folgen usw. Und sehr bald sind die Folgen solche, die Du weder beabsichtigt noch geahnt hast.

Den Lauf der Planeten, vielleicht sogar Meteoriteneinschläge kann man vorausberechnen, denn sie folgen Naturgesetzen mit zu vernachlässigenden Randbedingungen. So steht es jedoch nicht bei der menschlichen Gesellschaft. Die Vorhersage einer Epidemie 50 Jahre im Voraus halte ich für ausgeschlossen. Schon die Ahnung, das so etwas im Anzug ist, führt ja zu Reaktionen, die dann dazu führen können, daß das Ereignis nicht eintritt.
(Frankreich wollte mit dem Versailler Vertrag 1919 Deutschland so nachhaltig schwächen, daß es nie wieder würde Frankreich gefährlich werden können. Das Ergebnis: 1940 mußte Frankreich sich gegenüber Deutschland geschlagen geben.)

Soweit ich es sehe hat im menschlichen Bereich jede Prophezeiung bzw. Vorhersage solche paradoxen Folgen. Bei Planeten, die kein Bewußtsein und keinen Willen haben, ist das nicht der Fall. Deshalb funktionieren Naturgesetze so schön.

P.S.: Ich habe keine Ahnung, welche Reaktionen diese Antwort auslösen wird.

Herzlichen Gruß
Wolfgang

 FrankReich (13.12.20)
Das wird sich auf die nächsten 50 Jahre bezogen allerdings ändern, denn schließlich haben wir jetzt das Internet. 😂😂

 Graeculus meinte dazu am 13.12.20:
Ein guter Witz!
Wie man hört, hat den Erfindern des Internets etwas deutlich anderes vorgeschwebt als das, was bis heute daraus geworden ist.

Die US-Regierung hat eine Initiative gestartet, Facebook zu zerschlagen. Bin gespannt, was daraus werden wird. Ich weiß es nicht.

 AndreasG (13.12.20)
Hallo Graeculus.

Ein anregender Text, das muss ich sagen. Aber er regt auch zu Widerspruch an, denn die Aussagen und Beispiele sind schon sehr generalisiert.
Fehlendes Bewusstsein scheint mir die Kernaussage zu sein. Dabei ist ein andauerndes Bewusstsein über die Möglichkeit von Naturkatastrophen nicht einmal wünschenswert. Wer würde dann noch ein Haus bauen, einen Apfelbaum pflanzen oder eine Familie gründen?
Für kriegerische Auseinandersetzungen steht es ähnlich. Wir haben beide zur Zeit des kalten Krieges gelebt, da wurde viel zu viel Kraft und Energie in die Vorbereitung und Abwehr gesteckt.

Abgesehen davon: die meisten Beispiele betreffen immer nur Regionen, nie die gesamte Erde. Und in einigen Fällen hättest Du auch anstatt 50 Jahren 2 Jahre setzen können. - Heute sieht das anders aus. Die meisten Entwicklungen wirken global, siehe Internet, Handy und Klimaerwärmung, dadurch sind Vorhersagen noch schlechter möglich.
Sprich: in der weiter entfernt liegenden Vergangenheit konnten die meisten Menschen durchaus davon ausgehen, dass sich ihre persönliche Welt in 50 Jahren nicht sonderlich verändern würde. Das ist heute nicht mehr der Fall.

Die Pest halte ich übrigens für ein nicht sehr gelungenes Beispiel. In die Lebenseinstellungen der damaligen Menschen können wir uns nicht hineinversetzen, als Krankheit im heutigen Sinne wurde sie wohl nicht erkannt und mit einer Strafe Gottes rechneten (zumindest die Christen) eh jeden Tag.

Wer kann sich in die alltägliche Lebenssituation vor 50 Jahren hineindenken, soweit er/sie sie nicht selber erlebt hat? Dieses Thema, dass der Mensch im Grunde immer nur im Jetzt lebt, sollte berücksichtigt werden.

Ja, ein sehr anregender Text. Durchaus.

Liebe Grüße,
Andreas

 Graeculus meinte dazu am 13.12.20:
Zum Nachdenken und auch zum Widerspruch anregen, das ist meist mein Ziel. Gerade von Einwänden kann man eine Menge lernen.

Zur Auswahl der Beispiele, die natürlich eine subjektive ist, habe ich ja etwas geschrieben, nämlich daß ich zwar noch mehr Beispiele anführen könnte, aber eigentlich warte auf auch nur ein Gegenbeispiel, nämlich einen Fall, in dem Menschen ein wichtiges Ereignis (also nicht gerade eine Mondfinsternis, sowas geht natürlich) auf 50 Jahre im Voraus gesehen hätten.
Gekommen ist da bisher keines.

Die gesamte Erde als Ereignishorizont kommt für die Menschen erst spät in ihrer Entwicklung ins Spiel, vielleicht ab dem 16. Jhdt. oder ab dem Siebenjährigen Krieg, der m.E. der erste Weltkrieg war. Aber auch er: 50 Jahre vorher nicht abzusehen.

Insgesamt hat sich das Ausmaß der Veränderungen beschleunigt, darin stimme ich Dir zu. Vor 10000 Jahren konnten die Menschen noch davon ausgehen, daß ihre 'Welt' sich in 50 Jahren nicht wesentlich geändert haben würde; allerdings konnten sie sich nicht sicher sein, daß ihr Stamm dann noch existieren würde.
Die Römer um 150 u.Z. durften annehmen, daß es 50 Jahre später keine ganz neuen Waffen, keine neuen Stände und keine neue Regierungsform geben würde; doch daß dann das Goldene Zeitalter der Adoptivkaiser vorüber sein würde, das wußten sie nicht.

Was die Pest angeht, so wurde sie im 14. Jhdt. in der Tat anders verstanden als heute. Aber niemand wußte vorher, daß 'Gott sie demnächst so strafen würde', daß drei Fünftel der Europäer tot sein würden.

In der Gegenwart sind die Berechnungsmethoden ausgefeilter geworden, so daß wir das Wetter schon eine Woche vorher (!) kennen. Und doch bleibt vor allem im Bereich der Gesellschaft, also der Menschen, ein gleich hohes (oder sogar höheres?) Maß an Unsicherheit.
Noch im Oktober wußten wir nicht, wie die Präsidentenwahl in den USA ausgehen würde.

Für die gesamte Menschheit ist die Entwicklung des Klimas wichtig, und hier gibt es eine gut erkennbare Tendenz. Aber ich bleibe dabei, daß das kein Wissen über unsere Probleme in 50 Jahren impliziert. Vor 50 Jahren haben wir uns Sorgen über den Kalten Krieg und die Atomwaffen gemacht. Das ist heute nicht mehr so präsent, doch die technische Möglichkeit, die gesamte Erde binnen eines Tages in eine Wüste zu verwandeln, besteht immer noch. Ob da nicht irgendwann doch einmal einer der Herren über den Roten Knopf von diesem Gebrauch machen wird? Dann wäre der Klimawandel, von dem wir jetzt reden, obsolet.

Nein, das wissen wir nicht. Dennoch bin ich nicht der Meinung, daß wir einfach schicksalsergeben die Hände in den Schoß legen sollten; aber wir müssen ohne Wissen um die Zukunft handeln, d.h. wir brauchen einen Maßstab von anderswoher. Damit möchte ich mich in Teil 2 befassen.

 AndreasG meinte dazu am 17.12.20:
Selbstverständlich dürfen wir nicht die Hände in den Schoß legen, aber wir sollten auch nicht alles auf ein Pferd setzen. Das würde auch wieder nur bedeuten, dass wir davon ausgingen die Zukunft zu kennen.
Beispiel: E-Mobilität. Das kann nicht die (einzige) Lösung sein, denn dafür stehen uns gar nicht genügend Ressourcen zu Verfügung. Dazu noch der anfallende Sondermüll, die Probleme mit der Aufbereitung und, und, und ...
Vor 40 Jahren war ich davon überzeugt, dass 50 Jahre später der überwiegende Verkehr auf Wasserstoffbasis laufen würde. Heute fürchte ich, dass das noch einmal 50 Jahre dauern könnte.

Trotzdem muss etwas geschehen. Ich hoffe sehr, dass die unterschiedlichen Möglichkeiten nicht nur geprüft und verworfen, sondern auch nebeneinander ausprobiert werden.

 Graeculus meinte dazu am 18.12.20:
Auch mein Standpunkt ist, daß wir sehr wohl etwas tun sollten, daß das, was wir tun sollten, sich jedoch nicht an unserem nicht vorhandenen Wissen über die Zukunft orientieren kann, sondern an unserer Gegenwart. Daher soll der zweite Teil lauten: "Unsere Gegenwart". Daran arbeite ich noch; bisher bin ich mit der Formulierung meiner Gedanken nicht zufrieden.

Wenn ich Dich richtig verstehe, gehen Deine Überlegungen in eine ähnliche Richtung, weshalb ich gespannt bin, was Du dazu sagen wirst ... sobald einmal der Zeitpunkt gekommen sein wird, an dem sie das Licht der Öffentlichkeit verdienen.

 Bergmann (13.12.20)
Generell finde ich Graeculus' Thesen historischer Überraschungen einleuchtend, auch wenn sich dies und das einwenden lässt.

Seine Fragestellung ließe sich vielleicht mit einigem Erfolg analog anwenden auf Lebensläufe Einzelner (vor allem in jungen Jahren). Viele müssen nur an ihr eigenes Leben denken.

Ich bin gespannt auf Teil 2!

 Graeculus meinte dazu am 14.12.20:
O ja, das läßt sich auch auf die Lebensläufe von Individuen übertragen. Mir ist einmal der Gedanke gekommen, daß Eltern zwar alles dazu beitragen möchten, daß ihre Kinder später einmal glücklich werden - daß sie aber keine Kenntnis davon haben, was ihre Kinder später einmal (und da reden wir ja über Jahrzehnte) unter Glück verstehen werden. Meine Eltern jedenfalls haben sich das nicht vorstellen können, sondern sind - naheliegenderweise - von ihren eigenen Ansichten ausgegangen.

 Bergmann meinte dazu am 14.12.20:
So erging es mir auch - und ich bin teils willentlich, teils unwillentlich von dem abgewichen, was sich meine Eltern unter Glück vorstellten. In manchem bin ich ihnen aber teils unwillentlich, teils willentlich ähnlich, was man das bürgerliche Fundament des Lebensglücks nennen könnte, und ich spiegele in manchem mehr das wieder, was meine Großeltern väterlicherseits für Glück hielten. Inwiefern ich etwas ganz Eigenes schuf (im Zusammenhang mit dem Glück), frage ich mich und finde keine klare Antwort, bin also wie Ulrich in Musils MANN OHNE EIGENSCHAFTEN im Zweifel.

 Graeculus meinte dazu am 15.12.20:
Ja, Lieber, da haben wir eine ähnliche Erfahrung gemacht. Ob ich eher den Vorstellungen meiner Großeltern nahekomme (ich denke da an den Großvater mütterlicherseits, dem ich mich verbunden fühle), darüber muß ich noch nachdenken.
Der Unterschied zu den Glücksvorstellungen der Eltern schließt in der Tat andere Gemeinsamkeiten nicht aus; das Gegenteil wäre ja auch biologisch unwahrscheinlich. Doch die Biologie scheint die Glücksvorstellungen nicht zu determinieren.

 Bergmann meinte dazu am 15.12.20:
Im Grunde bin ich ja auch sehr froh, dass ich nicht vollkommen in die von meinem Vater uns Söhnen vorgedachten Bahnen geraten bin. Mein Vater war Arzt und wollte, dass einer seiner drei Söhne die Praxis in Birkenfeld/Enz bei Pforzheim übernimmt. Keiner von uns übernahm sie. Ich, der älteste Sohn, habe mich schon in meiner Schulzeit am Neuenbürger Gymnasium eindeutig literarisch-belletristisch, historisch und philosophisch orientiert, spätestens ab der Obersekunda. Ich kann heute, wo ich mich in einem schon sehr fortgeschrittenen Alter befinde, sehr deutlich erkennen, in welchen Bahnen ich meinem Vater (es geht in dieser Hinsicht nur um ihn) weitgehend gefolgt bin - das betrifft dann die Art meines bürgerlichen Lebens (Beruf, Ehe und Familie). Hier übernahm ich vieles, obwohl das eheliche Leben meines Vaters eher nicht zur Nachahmung reizte. - Die Biologie, die wahrscheinlich sinn-los ist und zahllose Möglichkeiten des Seins verwirklicht, ohne ein Ziel zu haben, ist so gesehen für den sinn-voll, der sich selbst einen Sinn zu setzen vermag (was letztlich auch nur eine Illusion sein kann, obwohl das in unserem begrenzten Leben egal ist). In diesem Sinne lebe ich gern und teile nicht fühlbar die Probleme, die Musil in seinen Romanfiguren aufwirft. Deren Leiden ist interessant, aber ich will nicht mit ihnen tauschen, selbst wenn ich ein Michelangelo wäre oder ein Goethe.

 Graeculus meinte dazu am 16.12.20:
Es ist seltsam, daß manche Kinder in die Fußstapfen ihrer Eltern treten (und wenn in der Familie Trump alle Geschäftsleute werden, dann führe ich das nicht zwingend auf eine gute Erziehung zurück), andere hingegen gar nicht. Ihr wolltet nicht Arzt werden, meine Kinder wollten nicht Lehrer werden.
Erziehung hat natürlich immer Folgen, aber bei weitem nicht immer die beabsichtigten.
Habe ich mir gewünscht, daß meine Kinder Lehrer würden? Nein. Aber gewünscht habe ich mir, ihnen meine Liebe zu Büchern und zur Literatur weiterzugeben. Daß das nicht gut gehen würde, habe ich geahnt, als sie ihre ersten Idole verehrt haben: Stefan Raab und Michael Schumacher. Man darf den Einfluß von Gleichaltrigen ebensowenig unterschätzen wie das Bedürfnis, sich gegenüber dem Vater ein eigenes Profil zuzulegen.
Kinder sind auch ein Spiel mit dem Zufall, was - so meine ich - ein durchaus biologischer Gedanke ist.

Interessant ist das Beispiel der Familie Zuckerberg (wobei ich von den Eltern nichts weiß): Irgendetwas muß dazu geführt haben, daß Sohn Mark Facebook aufgebaut hat und seine Schwester Donna ein Internet-Forum für Altgriechisch: Eidolon.

 Bergmann meinte dazu am 16.12.20:
Mein Sohn ist zum BKA gegangen und war eine Zeitlang Bewacher von Kohl und Graf Lambsdorf sen., später ging er zur Bundespolizei und wurde dort tatsächlich Lehrer (!), aber meine literarisch-belletristische Liebe hat er nicht, und bei meinem Enkel (16) zeigte sich bisher nur eine musische Begabung im Zeichnen, jetzt mehr im Organisieren und im öffentlichen Auftreten und Diskutieren, und meine Enkelin, 9, wird wohl auch nicht mir ähnlich. - Ich bin's zufrieden. Gewünscht hatte ich mir übrigens auch nichts, außer dass ich hoffe, sie werden selbständig und leben gern; aber gerade Letzteres ist am wenigsten beeinflussbar.
Was die Biologie mit uns macht, ist ihr wohl selbst egal, sie hat kein Bewusstsein, und ein höherer Plan existiert nicht, ich kann es mir nicht vorstellen, auch nicht im Nachhinein (also wenn wir von heute zurückschauen auf die Primaten, den Neandertaler usw.). Vielleicht entsteht nur Sinn, indem wir ihn setzen. Ob der gesetzte Sinn Sinn macht, das ist fraglich. Je suis condamné à être Nihiliste (héroique).

 Graeculus meinte dazu am 17.12.20:
Ach. Personenschützer von Otto Graf Lambsdorff? Da könnte er ... aber nein, das paßt wohl zeitlich nicht.

Folgendes: Lambsdorff war kriegsversehrt, nämlich beinamputiert.
Damit fiel er hinsichtlich seiner Versorgungsansprüche in den Bereich einer Behörde, bei der mein Vater beschäftigt war: das Versorgungsamt Düsseldorf.
Ganz wie ein normaler Bürger stellte Lambsdorff sich dort eines Tages zu einer amtsärztlichen Untersuchung ein. An deren Ende hat er seine Röntgenbilder vergessen. Diese, in eine Pappröhre verpackt, brachte ihm ein Mitarbeiter im Laufschritt nach.
Das wiederum haben seine Sicherheitsleute, die nur einen Mann mit einer unidentifizierbaren Röhre auf Lambsdorff zulaufen sahen, in einen ganz falschen, aber ihrer Funktion entsprechenden Hals bekommen.
Nicht, daß sie den Mann erschossen hätten, aber sie haben ihn sofort zu Boden geworfen und sich schützend vor ihren Mandanten gestellt.
Mein Vater war Zeuge dieser Szene und hat sie uns abends berichtet.

Da man Vater 1981 in Pension gegangen ist, muß das vorher passiert sein - also mit ziemlicher Sicherheit zu einer Zeit, bevor Dein Sohn in diese Aufgabe eingerückt ist. Skurril wär's aber, und vielleicht magst Du die Anekdote Deinem Sohn erzählen.

 TrekanBelluvitsh (26.12.20)
 Drosttradamus
...hm... nur 6 Monate...

Kommentar geändert am 26.12.2020 um 09:30 Uhr

 Graeculus meinte dazu am 26.12.20:
Ein klarer Fall. Ich glaube, dem Drosten war das aber auch bewußt, daß er sich nur auf falsifizierbare Informationen stützen konnte.

 Graeculus meinte dazu am 27.12.20:
Immerhin sechs Monate, das muß man allerdings zugeben; soweit reicht das Wissen von manchen Fachleuten. Um diese aus der Menge aller Fachleute herauszufinden, wäre es hilfreich, wenn sie einander nicht in allem widersprächen, die Fachleute. Aber das ist ein eigenes Problem.

 TrekanBelluvitsh meinte dazu am 27.12.20:
Nun,es gibt schon einige Indikatoren, woran man einen guten Fachmann erkennt. Dazu gehört z.B. dass er/sie auch mal sagt: "Das weiß ich nicht", oder "Da bin ich kein Fachmann".

Hingegen sind Leute, die Aussagen ganz ohne Kontext heraushauen,oderganz offensichtlich fachliches Wissen mit Meinung mischen (Steeck!) mit Vorsicht zu genießen.

 Graeculus meinte dazu am 27.12.20:
Zugegeben, bei Wissenschaftlern kommt das schonmal vor. Ich persönlich habe mit Fachleuten vor allem in der Variante des Handwerkers zu tun, und die sähen wohl jede Selbstkritik als geschäftsschädigend an.

Du kennst vielleicht den alten Scherz mit einem Kern von Wahrheit:
Es gibt drei Wege, auf denen ein Mann sich selbst ruinieren kann.
Der erste ist der Alkohol. Das ist der fröhlichste.
Der zweite sind Frauen. Das ist der bitterste.
Der dritte ist der Rat von Fachleuten. Das ist der sicherste.
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