J´aime la chanson... speziell heute!

Essay zum Thema Gedichte/Lyrik

von  eiskimo

Für mich ist heute ein besonderer Tag. Genau vor 92 Jahren, am 8. April, wurde nämlich in Belgien ein Sänger geboren, der wie kein anderer das moderne Chanson prägte, ein Sänger und großer Poet, der auch mich immer sehr bewegt hat.

„Verlass mich nicht,
lass mich wenigstens noch sein
der Schatten deines Armes
der Schatten deines Schattens
der Schatten deines Hundes
aber verlass mich nicht…“

Auch heute packen mich seine Texte noch. Sie sprechen von Liebe, meist von enttäuschter Liebe, aber  mehr noch  von Alter, von Einsamkeit, Langeweile und Tod.  Mein Chansonnier ätzte damals, in den 60er Jahren, gegen die satten Reichen, gegen die verlogenen Frömmler, gegen allzu selbstgefällige Frauen.
Und wenn er auf der Bühne stand mit seinem braven Seitenscheitel, unscheinbar gekleidet und nur mit seiner Stimme gerüstet, dann verstand er es, eine ungemeine Dramatik und expressive Kraft zu entwickeln – ich rede von  Jacques Brel.
Heute, am 8. April,  würde er seinen 92. Geburtstag feiern. Doch schon 1967, nach einer 14 Jahre dauernden Erfolgsgeschichte mit etlichen Welthits, gab er seinen Abschied von der Bühne bekannt, um nur noch als Schauspieler und Filmschaffender tätig zu sein. „Die Filzlaus“, die ist mir besonders gut in Erinnerung. Da spielte Brel einen  etwas verpeilten Vertreter für Seidenhemden, der einem Killer – Lino Ventura – nicht mehr von der Pelle ging.
In seinem Todesjahr 1978 war Jacques Brel von seiner polynesischen Insel, wohin er sich zurückgezogen hatte, noch einmal nach Paris gekommen, um eine letzte Langspielplatte einzusingen. Sie wurde noch vor Erscheinen über eine Millionen Mal geordert.
Andy Williams, Tom Jones, Shirley Bassey, Judy Collins - um nur einige zu nennen – übertrugen Brels Lieder ins Englische. Hildegard Knef, Michael Heltau und Klaus Hoffmann  interpretierten sie mit viel Erfolg auf Deutsch.
Ein Chanson, das mich in den 60er Jahren total für diesen fast unbarmherzig wirkenden Brel begeisterte, das war „Les vieux“, die Alten.

„Die Alten kauern nur noch still, 
selbst ihre kleinen Gesten haben schon Falten,
ihre Welt ist ganz klein geworden
Vom Bett mal zum Fenster, dann vom Bett mal zum Sessel,
dann vom Bett ins Bett…“

Deutlich politischer war „Quand on n´a que l´amour“:

"Um Kanonen zu befrieden
Hat man nur die Liebe
Um Kriegstrommeln stumm zu machen
Nur ein Chanson…"

Jacques Brel hat wunderbare Chansons geschrieben. Heute wäre ein passender Tag, mal das eine oder andere anzuhören. "Le plat pays", "Le moribond (seasons in the sun)", "Vesoul", "Amsterdam", "les bonbons" .....


Anmerkung von eiskimo:

Die (recht freien) Übersetzungen stammen von mir. Ich habe diese - und andere - Passagen im Kopf, eigentlich schon immer...

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Kommentare zu diesem Text


 BeBa (08.04.21)
Schön, dass du an ihn erinnerst.

LG
BeBa

 Graeculus (08.04.21)
Danke für die Erinnerung!
In "Die Filzlaus" hat er zusammen mit dem großen Lino Ventura übrigens die Version von Jack Lemmon und Walter Matthau sehr, sehr blaß aussehen lassen.

 eiskimo meinte dazu am 08.04.21:
Hey, Du kennst Dich aus.... Das freut mich.
Und Brel hatte einfach was drauf!

 Graeculus antwortete darauf am 08.04.21:
In der Tat. Lemmon & Matthau an die Wand zu spielen, das ist keine geringe Leistung.
Was ich nicht weiß: Hat er noch andere Filme gedreht? Du deutest es an.

 eiskimo schrieb daraufhin am 08.04.21:
André Cayatte hat ihn in seinem Film "Die Verleumdung" (1967) als Kleinstadtlehrer besetzt, den seine Schülerinnen bezichtigen, er habe sie unsittlich berührt. Dann spielte Brel spielte bei Molinaro in "Mein Onkel Benjamin" (1969) einen lebenslustigen Landarzt zur Zeit Ludwig XV.

Mit Lino Ventura spielte er in Claude Lelouchs "Die Entführer lassen grüßen" (1972).
Jacques Brel hatte für alle Filme, in denen er mitgewirkt hat (mit Ausnahme desjenigen von Lelouch), die Musik selbst geschrieben und teilweise gesungen.

In zwei Filmen hat Brel selbst Regie geführt: 1971 "Franz" und 1973 "Le far-west", der eine wunderbare Geschichte erzählt: Jacques und Gabriel treffen sich und verstehen sich auf Anhieb so gut, dass sie in den Westen aufbrechen, eine Mine finden und auf Gold stoßen. Ein Traum von der ewigen Jugend, von Buffalo Bill und Don Quichotte.
Insgesamt hat Brel in 10 Filmen mitgewirkt. (frei nach "Prisma")

 Graeculus äußerte darauf am 08.04.21:
Danke für die ausführliche Information.
In meinen Filmbeständen habe ich nichts davon, wohl aber "Hommage an Jacques Brel – Zum 25. Todestag des Sängers".

 AchterZwerg (08.04.21)
:)

Mich freut es ebenfalls sehr, dass du an den Herzergreifenden und seine durch&durch lyrischen Texte erinnerst!

Liebe Grüße

 eiskimo ergänzte dazu am 08.04.21:
Es ist mir eine Ehre...
und um etwas Witziges anzufügen: Brel ist der einzige Belgier, auf den die Franzosen stolz sind.
salut
Eiskimo

 AchterZwerg meinte dazu am 08.04.21:
Stimmpt!

 Graeculus meinte dazu am 08.04.21:
Brel ist der einzige Belgier, auf den die Franzosen stolz sind.
Schön!

 eiskimo meinte dazu am 08.04.21:
..und Jakob Prellung, so nannten wir ihn früher schon mal witzelnd, ist fürwahr größer als ein Älvis Pressluft!
Hilde (62)
(08.04.21)
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 eiskimo meinte dazu am 08.04.21:
Ja, der hatte was zu sagen, und er konnte einen bewegen! Ich bin da fast missiononarisch unterwegs, wenn ich seine Erinnerung wach halte.
lG
Eiskimo
Al-Badri_Sigrun (61)
(08.04.21)
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 eiskimo meinte dazu am 08.04.21:
ca vient du coeur, Sigrun!
à +
Eiskimo
Agnete (66)
(08.04.21)
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 eiskimo meinte dazu am 09.04.21:
Du sagst es: Ein ganz Großer, und er hatte was zu sagen....
salut
Eiskimo
Dieter Wal (58)
(11.04.21)
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 eiskimo meinte dazu am 12.04.21:
Lieber Brel als Brassens, so war es bei mir. Serge Lama kam auch noch in Frage, Barbara oder Richard Anthony....
Heute sind die "Franzosen" ziemlich abgehängt, denke ich. Man sieht es in den Musikabteilungen etwa bei Saturn: 90% Englisch, ein bisschen Spanisch oder Italienisch, und irgendwo bei den "Exoten" liegt auch etwas Französisches...
Dabei tut sich in Frankreich musikalisch sehr viel, und die Sprache ist einfach sehr reich....
c´est la vie...
Eiskimo
Dieter Wal (58) meinte dazu am 12.04.21:
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 eiskimo meinte dazu am 12.04.21:
Autistische Diktion und Intonation, das trifft es...Und auf der Bühne passierte nicht viel. Aber mit seinen Texten gehört er zum Patrimoine, M. Brassens...
Und wenn wir ARTE nicht hätten!
Darauf einen Dubonnet!
Eiskimo
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