Glücklich mit Arthur Rimbaud

Bericht zum Thema Inspiration

von  eiskimo

Wenn man das Glück hat, im Sommer in Frankreich unterwegs zu sein, irgendwo auf dem Land, dann kann man Arthur Rimbaud begegnen, zwischen den Feldern, abends zur blauen Stunde...

Ich habe ihn tatsächlich angetroffen und gleichzeitig das, was er im Jahre 1870 mit „Sensation“ ausgedrückt hat, auf Deutsch: Gefühl.


„An den blauen Sommerabenden zieht es mich hinaus auf die Wege

zwischen das Getreide, ganz dicht an seine fein sortierten Reihen.

Verträumt werde ich dann die Frische fühlen zu meinen Füßen

und meinen unbedeckten Kopf werde ich eintauchen lassen in den Wind


Ich werde nicht reden, ich werde an nichts denken;

denn die grenzenlose Liebe wird tief in mir erwachen,

und ich werde losgehen, weit weg gehen , wie ein Nomade,

der Natur folgend – glücklich wie mit einer Frau.“


Meine holprige Übersetzung kann nur in Ansätzen Rimbauds wohlklingende Verse wiedergeben, aber mich hat allein der Versuch diesem Dichter sehr nahe gebracht.

Vielleicht nicht nah genug, denn bis zur letzten prüfenden Lektüre des Originals hatte ich am Ende die völlig anders zu verstehende Version „glücklich wie eine Frau.“

Erst dann merkte ich, dass da ja stand „ heureux comme AVEC une femme.“ - „glücklich wie MIT einer Frau.“!

Was hätte Rimbaud wohl zu meiner so eigensinnigen Sicht der Frau gesagt? Oder hätte er den Text gar aus Sicht einer Frau hätte schreiben können?



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Kommentare zu diesem Text


 Graeculus (07.07.22, 09:15)
Durchaus hätte er das, denn "Ich ist ein Anderer".
Nein, es hätte mich nicht gewundert, wenn da das gestanden hätte, was Du zunächst vermutet hast.

"Just Like a Woman", das Lied eines Rimbaud-Jüngers, könnte man daraufhin untersuchen.

 eiskimo meinte dazu am 07.07.22 um 10:44:
Wer hat das noch gesungen? Bob Marley?
Danke für die mit-inspirierte Rückmeldung!

Antwort geändert am 07.07.2022 um 10:45 Uhr

 Graeculus antwortete darauf am 07.07.22 um 11:06:
Ich wüßte nicht, daß Bob Marley sich in der Tradition Arthur Rimbauds gesehen hätte. Aber Bob Dylan!

 AZU20 schrieb daraufhin am 07.07.22 um 11:36:
Das stimmt. LG

 Graeculus äußerte darauf am 07.07.22 um 11:51:
Das Lied findet sich auf der Doppel-LP "Blonde on Blonde" und ist oft gecovert worden.

 eiskimo ergänzte dazu am 07.07.22 um 17:39:
Ups, so kann man sich entblöden...
Sorry an Mister Dylan

 Graeculus meinte dazu am 07.07.22 um 23:42:
Der Meister wird's verschmerzen. Aber er ist bzw. war damals durch Rimbaud beeinflußt.
Thal (44)
(07.07.22, 10:00)
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Dieter Wal (58)
(07.07.22, 20:49)
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 eiskimo meinte dazu am 08.07.22 um 12:45:
Der Auslöser war dieses Wort "sensation", dass man abends zwischen den sommerlichen Feldern die Natur so intensiv erfüllt....
Dieter Wal (58) meinte dazu am 08.07.22 um 13:38:
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 eiskimo meinte dazu am 08.07.22 um 16:48:
Super! Gut, dass ich dieses Meisterwerk noch nicht kannte, denn ich hätte mich gar nicht mehr da herangetraut.
Man merkt jedenfalls, wie viele Nuancen unsere Sprache bereithält, nicht nur in der Wortwahl, sondern auch bei Satzbau und Verknüpfung.
Danke für den Link, ich staune...

 IngeWrobel (08.07.22, 01:04)
Interessant finde ich, dass Du "... comme un bohémien" mit "wie ein Nomade" übersetzt / nachdichtest, Ammer mit "wie ein Zigeuner", was auch mein Wörterbuch als Übersetzung angibt, und Küchler spricht vom "Zigeunerkind". 
Ich hätte spontan einen "Künstler" oder einen "Vagabund" aus ihm gemacht... 
Die wunderbaren Gedichte Rimbauds haben mich darin bestärkt, Lyrik möglichst nur im Original zu lesen. Das fand wohl auch schon Franz Grillparzer (1791 - 1872) mit der Erkenntnis: "Ein Dichter lässt sich nicht übersetzen." 
Nichtsdestotrotz freue ich mich über Deine Erinnerung an meinen Lieblingsdichter und Deine sensible Interpretation. 
Liebe Grüße 
Inge

 eiskimo meinte dazu am 08.07.22 um 12:57:
Danke, liebe Inge, für so viel kenntnisreiche Rückmeldung. Ich freue mich riesig, dass so ein bescheidener Gang durch die Felder so interessantes Echo findet. 
Das Z-Wort  wollte ich nicht benutzen, der Nomade schien mir neutraler. An Deinen Vagabunden hatte ich gar nicht gedacht, und er trifft es am besten, denke ich.
Ich glaube auch eher, dass man nachdichtet und nicht "übersetzt", das geht einfach nicht.
Aus "la douce France" die herzlichsten Grüße 
Eiskimo
Taina (39) meinte dazu am 08.07.22 um 13:44:
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