Im Faradaykäfig

Reportage zum Thema Historisches

von  Gabyi

Draußen schien die Sonne, die Vögel zwitscherten wie sie es tun, wenn kein Großstadtlärm die Atmosphäre verstört und manche Bäume trugen schon Blüten. 
Nur ich saß an meinem Schreibtisch vorm großen, mehrgeteilten Fenster, vor mir klingelte das Telefon. Eine Chemikalienfirma bestätigte meinen Bestellungseingang und informierte mich, dass die gewünschte synthetische DNA nicht mehr lieferbar sei. Ich bedankte mich und plante in Gedanken schon die nächste Messreihe mit einem anderen Polymer, das auch ins Schema passte, aber - hoffentlich - besser verfügbar war.
Ich wandte mich wieder den Auswertungen meiner Messergebnisse zu, bis übermorgen mussten die Diagramme fertig werden. Hoffentlich schaffe ich es, dachte ich. Gleich musste ich mich wieder in den engen Faradaykäfig quetschen, der innen durch eine XBO/Hg-Lampe erleuchtet war, mit meinem dicken Bauch, 8. Monat. Gern schob ich den Gedanken noch ein wenig vor mir her.
Täglich im Käfig, neben Detektionslampen, Oszillatoren und Photomultiplyern, was wohl mein Baby in meinem Bauch denken musste von mir.
Damals, im Faradaykäfig - im Faradayweg.


aus: "Berliner StattPläne"


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Kommentare zu diesem Text


 Beislschmidt (06.08.23, 19:41)
Der Mensch als Arbeitssklave von technischem Equipement eingeengt und am Tropf von Vorgaben der to do Liste. Gut geschrieben.
Beislgrüße

Eins noch ... alle Frauen haben sich in unserer Firma ab der zweiten Woche Schwangerschaft arbeitsunfähig schreiben lassen.

 Gabyi meinte dazu am 06.08.23 um 21:13:
Danke sehr für die Resonanz. Hat aber Spaß gemacht ;)
Gleich Urlaub nehmen will man aber auch nicht unbedingt.
LG Gabyi

 Dieter_Rotmund (07.08.23, 12:54)
Die Vorstellung, Ungeborene würden im Mutterbauch ein (fast) ausgereiftes eigenes Bewußtsein haben, ist sehr rührselig. Ansonsten gerne gelesen, das Lyrich hat eine interessanten Job!

 Gabyi antwortete darauf am 07.08.23 um 15:31:
ja, war ein sehr interessanter Job. Max-Planck-Gesellschaft eben. Aber rührselig verkennt den humoristischen Aspekt an der Geschichte. Und du musst auch immer was zum Nörgeln finden ;)
Trotzdem danke fürs Lesen und Kommentieren.

 Dieter_Rotmund schrieb daraufhin am 07.08.23 um 16:17:
Ja, der Rest des Textes hat Humor, diese Stelle jedoch nicht.

 Gabyi äußerte darauf am 07.08.23 um 19:16:
Wenn du meinst.
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