Ein dreifaches Hoch auf die moderne Technik. Ich habe mich per Internet auf der Seite „Date Tiger 24“ registriert, ein geschöntes Foto vom letzten Jahr hochgeladen und in die Felder für die persönlichen Daten gefällige, allerdings nicht unbedingt realitätsnahe Informationen eingetragen. Nach einiger Wartezeit trudeln die erwarteten Emails ein.
Drei Frauen aus meiner Stadt (Umkreis 0 km) zeigen Interesse an meiner Person und möchten sich mit mir „einfach mal so“ treffen.
Mal sehen. Fairerweise bearbeite ich die Emails nach der Reihenfolge ihres Eintreffens.
Mandy, 34 Jahre alt, liebt buntes Herbstlaub. Okay, ich nicht.
Schnell ist ein Termin gefunden: In einer Stunde im Cafe Binzler. Was sind wir doch spontan! „Du wirst mich erkennen!“
Natürlich bin ich zwanzig Minuten früher da, für alle Fälle. Eine Frau Mitte 30 und einem bunten Ahornblatt vor sich auf dem Tisch auch.
„Hallo Mandy“
„Oh, hallo Stefan. Du bist doch… DER Stefan?“
„Ja, klar. Tja, dann setze ich mich mal, wenn Du nichts dagegen hast.“
„Nein, natürlich nicht. Also, ich muss gleich mal was klarstellen: Ich bin zwar Mandy, aber nicht DIE Mandy. Ich bin ihre Freundin und sie hat mich gebeten, an ihrer Stelle hierher zu kommen. Sie ist schüchtern, ich nicht. Hast Du damit ein Problem?“
„Na, wenn das kein Zufall ist. Du bist nicht DIE Mandy und ich nicht DER Stefan. Ich bin zwar ein Stefan, aber auch mein Freund Stefan hat mich gebeten, an seiner Stelle hierher zu kommen. Er ist ziemlich schüchtern, praktisch so wie Mandy.“
Ein irritierter Blick trifft mich.
„Das ist doch nicht Dein Ernst! Also, verarschen lasse ich mich von Dir nicht. Das war’s dann wohl.“
„Okay, Mandy. Dann grüß DIE Mandy schön von mir. Unbekannterweise.“
Weg ist sie, ich werfe noch das Ahornblatt in den Papierkorb und mache mich auf den Weg zum Bratwurst-Point. Dort werde ich Anna-Karin in einer Stunde treffen.
Auf dem Weg dorthin sehe ich Mandy, die mit einer anderen Frau im Coffee-Shop „MoonBucks“ an einem Ecktisch steht. Während ihrer angeregten Unterhaltung lachen beide mehrmals auf und Mandy tippt sich mit dem Zeigefinger an die Stirn.
Alles klar.
Den Treffpunkt Bratwurst-Point habe ich vorgeschlagen. Man sitzt dort rustikal windgeschützt auf Holzbänken, längeres Verweilen wird dadurch jedoch nicht gefördert.
Anna-Karin, 33, liebt lange Strandspaziergänge, bevorzugt an der Ostseeküste. Ich mag zwar die Ostseeküste, aber ohne lange Strandspaziergänge.
Ich hole mir eine Bratwurst mit Weißbrot und beobachte aufmerksam die eintreffenden Personen. Pünktlich zum vereinbarten Zeitpunkt lässt eine unauffällig gekleidet Frau Anfang dreißig den Blick durch den Raum schweifen, als suche sie jemanden.
Ich winke und stehe auf, sie kommt mit angespanntem Gesichtsausdruck auf mich zu.
„Anna-Karin?“
Sie nickt. Bevor sie sich setzt wischt sie mit Feuchttüchern die Holzbank, den Tisch und ihre Hände ab. Ich werde kurz angesehen, sie schweigt ausgiebig.
Drei Schweigeminuten ohne Blickkontakt später wird die Situation für mich unreal.
„Ist irgendwas?“ Der Standard.
„Wie kannst Du das hier nur mögen?“
„Äh, was meinst Du damit?“
„Dieser Fleischgestank und diese fleischfressenden Menschen hier. Abscheulich! Wie konnte ich mich darauf nur einlassen! Das ist so eklig!“
„Um ehrlich zu sein, Anna-Karin, wollte ich Dich jetzt zu einer Bratwurst einladen. Die ist hier wirklich gut.“
Und schon ist sie weg.
Kurz darauf treffe ich mich mit Tina. Tina ist 29, liebt Wale und Sport. Sie hat den Entenseppel-Brunnen auf dem alten Marktplatz als Treffpunkt vorgeschlagen.
Ich spreche die dem angegebenen Alter entsprechende junge Frau vor dem Brunnen an.
„Bist Du Tina?“
„Bist Du Stefan?“
„Ja.“
„Hallo Stefan.“ Sie gibt mir die Hand. „Du siehst nicht aus wie ein erfahrener Lufthansa-Pilot.“
„Habe ich das angegeben? Das muss irgendwie falsch rübergekommen sein. Derzeit bin ich noch in …“
„Tschüss Stefan!“
Mist, blöder!
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