Der Gott der Atheisten oder Totgesagte leben länger

Text zum Thema Transzendenz

von  Bluebird

Mancher mag sich verwundert den Kopf gekratzt haben, angesichts dieser etwas seltsamen Überschrift. Schließen sich Götter und Atheismus ja schon per Definition sozusagen aus. Welcher Gott soll den Atheisten also da denn untergeschoben werden?

Nun, aus meinen vielen Gesprächen mit Atheisten und sonstigen Beobachtungen würde ich sagen, dass der biblische Gott der „Gott der Atheisten“ ist. Denn ER und Seine behauptete Existenz ist die Zielscheibe, an der sich Atheisten in aller Regel abarbeiten! Selbst ein Richard Dawkins in seinem „Gotteswahn“ tut dies! Auch ein Ludwig Feuerbach und ein Bertrand Russell haben es getan. Und last, not least  ein Friedrich Nietzsche  mit seinem bekannten Zitat: „Gott ist tot!“

Ist das nicht erstaunlich, dass der biblische Gott nicht nur in den Köpfen gläubiger Christen und Juden präsent ist, sondern auch in den Köpfen vieler Atheisten? Und das, obwohl er vor knapp 200 Jahren von einem großen atheistischen Vordenker für "tot" erklärt wurde? 

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Frühere bzw. ältere Kommentare zu diesem Text


 loslosch (16.03.20)
was sagt uns die ballade?
Cora (29)
(16.03.20)
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 loslosch meinte dazu am 16.03.20:
in diesem punkt (2%) kann auch ich nicht dawkins folgen.

bertrand russell ist mein großes vorbild.
Cora (29) antwortete darauf am 16.03.20:
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 Bluebird schrieb daraufhin am 16.03.20:
Na ja, es ist ja nicht so, dass wir Christen unsere Karten nicht auf den Tisch legen würden:[exturl=]Ein Plädoyer ... [/exturl]
Cora (29) äußerte darauf am 16.03.20:
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 FrankReich ergänzte dazu am 16.03.20:
@ Cora
"Nietzsche ist Gott."
- Bollebrand Meistersiegel -

 loslosch meinte dazu am 16.03.20:
@cora: gestern ein priester in seiner predigt (wdr5): gott hat uns mit einer bürde belastet; aber er hilft uns auch.

sowas wollen die herdentiere hören. es war ein protestantischer prediger!! eigentlich hatte ich auf einen katholischen getippt.
Cora (29) meinte dazu am 16.03.20:
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una (56)
(16.03.20)
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Cora (29) meinte dazu am 16.03.20:
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una (56) meinte dazu am 16.03.20:
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Cora (29) meinte dazu am 16.03.20:
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 FrankReich meinte dazu am 16.03.20:
@Cora
Die Frage lautete, ob sich die Menschen unterschiedlicher Glaubensrichtungen gut untereinander verstehen könnten., In Deinem Beispiel können die Blinden es offensichtlich nicht, ein Sehender erst ist in der Lage die Situation zu erklären, dadurch werden zwar die Blinden zu Wissenden, allerdings gibt es einen Haken in Deinem Vergleich:

vaticannews.va: "Fastenzeit: Wenn wir es begreifen, ist es nicht Gott."

Dein Elefant hinkt.

Antwort geändert am 16.03.2020 um 11:37 Uhr
una (56) meinte dazu am 16.03.20:
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 FrankReich meinte dazu am 16.03.20:
@una
Wie sieht es denn mit deren Verständnis über Gott aus?
una (56) meinte dazu am 16.03.20:
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 Bluebird meinte dazu am 16.03.20:
Liebe Una,
mit dem "biblischen Gott" meine ich natürlich den Gott ("Jahwe"), dessen Existenz in der Bibel ( sowohl im AT als auch NT ) bezeugt wird und an den Menschen in der unterschiedlichsten Art und Weise glauben.

Was die Christenheit angeht, so gibt es da zwar in Form und Inhalt große Unterschiede, aber doch einen gemeinsamen Kern, der im Apostolischen Glaubensbekenntnis  hier sicherlich gut erkennbar werden dürfte.

Der Unterschied zu Judentum und Islam, die sich ja auch auf den biblischen Gott beziehen, ist schon recht gravierend und von einer entscheidenden Bedeutung, weil beide das NT ablehnen und somit eine Erlösung durch Jesus verneinen.

Antwort geändert am 16.03.2020 um 17:46 Uhr
una (56) meinte dazu am 17.03.20:
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 FrankReich meinte dazu am 17.03.20:
@una

Genau das ist der Punkt: Wir sitzen alle in einem Boot. egal welchen und ob wir überhaupt einen Glauben vertreten. es ist auch gar nicht die Religion oder der Atheismus (dann schon eher der Nihilismus (jeder Nihilist ist zwar auch Atheist, aber nicht jeder Atheist ist Nihilist), denn der erscheint mir als Charakterdefizit), die mir Sorgen bereiten, sondern die Naivität, die Selbstsucht, Arroganz und das Ab/Ausgrenzungsverhalten mit der viele Menschen ihren Glauben oder Unglauben, bzw. ihr Wissen oder Unwissen betreiben.
Ich möchte es einmal am Bsp. von Adolf Hitler verdeutlichen, denn obwohl er bis zum Ende seines Lebens Katholik war, hatte das nichts mit Religion zu tun, seine grenzenloser Hass gegen Juden aber auch nichts mit Atheismus, denn der bedeutet nur die Ablehnung des Glaubens an Gott, Hitler aber war ein Menschenverächter, der seine rassistische Ideologie zum Credo erhob,
Wer solche Menschen wie Hitler, Moussolini oder Stalin mit dem gemeinen Atheisten gleichsetzt, versucht meines Erachtens nach den Atheismus als Feindbild aufzubauen und es erfordert wirklich keine Geistesgröße, um zu erkennen, welchem Zweck das dient und hier noch einmal zur Bekräftigung:

Wir sitzen alle in einem Boot, allerdings ging es schon seit jeher darum, dass es nicht kentert, denn die Gefahr geht vom Menschen aus, nicht von irgendeiner Waffe oder einem Virus.

 FrankReich (16.03.20)
Die lateinische Sprache wurde bereits im 17. Jahrhundert von Martin Opitz für tot erklärt. Geschrieben und gesprochen wird sie immer noch, dennoch ist sie eine sogenannte tote Sprache. Nun, der Unterschied zu Gott besteht wahrscheinlich darin, dass nicht über sie, sondern in ihr geredet wird.

 DanceWith1Life meinte dazu am 16.03.20:
grmpfl, loooool

 Judas (16.03.20)
Hast du Nietzsche gelesen? Weißt du, woher das Zitat überhaupt kommt und was es bedeutet? Oder hast du das nur reingeworfen weil lustig?

 Bluebird meinte dazu am 16.03.20:
Das Zitat kommt u.a. in "Also sprach Zarathustra!" vor. Es war seinerzeit eines der drei Bücher, die ich für meine Diplomarbeit bearbeitet habe.
" Gott ist tot! (Wir haben ihn getötet)" , spricht dieser Satz denn nicht für sich selber? Wie würdest du ihn interpretieren, Judas?

 Judas meinte dazu am 16.03.20:
Nur den Satz interpretieren bringt gar nicht. Man muss die ganze Szene interpretieren, in der nämlich Zarathustra den hässlichesten Mensch begegnet. Hässlich meint hier übrigens fehlerhaft. Und der sagt, er habe Gott getötet. Praktischerweise habe ich das ganze Teil gelesen. Eines erstmal: Nietzsche ist nicht leicht. Deshalb finde ich es furchtbar leichtfertig, immer diesen einen "Gott ist tot" Satz zu nehmen und daran rum zu werkeln.
Aber zurück zur Szene: letztlich kann (und wird heutzutage auch) sie so interpretiert werden, dass dieser "hässlichste Mensch" für die Menschheit an sich gilt. Die Menschheit hat Gott erschaffen als Konstrukt: aber sie hat ihn Allwissend gemacht was bedeutet, Gott kennt alle deine Fehler, Sünden, alles, was du tust. Jedes noch so schmutzige, kleine Geheimnis, jeden Gedanken. Das konnte der Mensch auf Dauer nicht ertragen, deshalb hat er das Konstrukt, die Idee von Gott, abgeschafft.
In anderen Worten, Nietzsche befasst sich hier mit dem Konzept Gott als eines, das die Menschheit selbst erschaffen hat. Gott ist also nicht real, wie du sagst, sondern eine philosophische Idee, vom Menschen selbst kreiiert. (heißt: der Mensch ist nicht Gottes Abbild sondern eigentlich andersrum). Das hat Nietzsche übrigens von Feuerbach aufgegriffen.

 Bluebird meinte dazu am 16.03.20:
Das die "Gottesidee" mit "Gott ist tot" gemeint war, sollte eigentlich klar sein ... danke für deine nähere Ausführung!

 Judas meinte dazu am 16.03.20:
Oh kam mir jetzt nicht so eindeutig rüber im Text. Gern

 Bluebird meinte dazu am 16.03.20:
"Gott ist tot " ist auch nicht eindeutig .. aber natürlich ist klar, dass ein allmächtiger Gott nicht "tötbar" wäre, so also nur die Idee oder das Bewusstsein von Ihm ... im Grunde genommen ist das so eine Wortspiel von mir zwischen "Idee" und "realer Existenz" , wenn ich in der Überschrift schreibe: "Totgesagte leben länger!" ... je nachdem von welchem weltanschaulichen Blickwinkel man draufschaut

Antwort geändert am 16.03.2020 um 18:14 Uhr

 Graeculus meinte dazu am 16.03.20:
Das Nietzsche-Zitat stammt nicht aus "Also sprach Zarathustra", sondern aus "Die fröhliche Wissenschaft" (III 125), und es ist nicht Nietzsche, der dort spricht, sondern eine Person, die er 'der tolle Mensch' nennt - wobei wir Literarisches Ich und Autor doch auseinanderhalten wollen, oder?
Der Aphorismus ist im übrigen hochgradig interpretationsbedürftig, und da ist es nicht damit getan, daß man einen Satz aus dem Zusammenhang reißt.
Habt ihr nicht von jenem tollen Menschen gehört, der am hellen Vormittage eine Laterne anzündete, auf den Markt lief und unaufhörlich schrie: „Ich suche Gott! Ich suche Gott!“ - Da dort gerade viele von denen zusammenstanden, welche nicht an Gott glaubten, so erregte er ein großes Gelächter. Ist er denn verlorengegangen? sagte der eine. Hat er sich verlaufen wie ein Kind? sagte der andere. Oder hält er sich versteckt? Fürchtet er sich vor uns? Ist er zu Schiff gegangen? ausgewandert? - so schrien und lachten sie durcheinander. Der tolle Mensch sprang mitten unter sie und durchbohrte sie mit seinen Blicken. „Wohin ist Gott? rief er, ich will es euch sagen! Wir haben ihn getötet - ihr und ich! Wir alle sind seine Mörder! Aber wie haben wir dies gemacht? Wie vermochten wir das Meer auszutrinken? Wer gab uns den Schwamm, um den ganzen Horizont wegzuwischen? Was taten wir, als wir diese Erde von ihrer Sonne losketteten? Wohin bewegt sie sich nun? Wohin bewegen wir uns? Fort von allen Sonnen? Stürzen wir nicht fortwährend? Und rückwärts, seitwärts, vorwärts, nach allen Seiten? Gibt es noch ein Oben und ein Unten? Irren wir nicht wie durch ein unendliches Nichts? Haucht uns nicht der leere Raum an? Ist es nicht kälter geworden? Kommt nicht immerfort die Nacht und mehr Nacht? Müssen nicht Laternen am Vormittage angezündet werden? Hören wir noch nichts von dem Lärm der Totengräber, welche Gott begraben? Riechen wir noch nichts von der göttlichen Verwesung? - auch Götter verwesen! Gott ist tot! Gott bleibt tot! Und wir haben ihn getötet! Wie trösten wir uns, die Mörder aller Mörder? Das Heiligste und Mächtigste, was die Welt bisher besaß, es ist unter unseren Messern verblutet - wer wischt dies Blut von uns ab? Mit welchem Wasser können wir uns reinigen? Welche Sühnefeiern, welche heiligen Spiele werden wir erfinden müssen? Ist nicht die Größe dieser Tat zu groß für uns? Müssen wir nicht selber zu Göttern werden, um nur ihrer würdig zu erscheinen? Es gab nie eine größere Tat - und wer nur immer nach uns geboren wird, gehört um dieser Tat willen in eine höhere Geschichte, als alle Geschichte bisher war!“ - Hier schwieg der tolle Mensch und sah wieder seine Zuhörer an: auch sie schwiegen und blickten befremdet auf ihn. Endlich warf er die Laterne auf den Boden, daß sie in Stücke sprang und erlosch. „Ich komme zu früh, sagte er dann, ich bin noch nicht an der Zeit. Dies ungeheure Ereignis ist noch unterwegs und wandert - es ist noch nicht bis zu den Ohren der Menschen gedrungen. Blitz und Donner brauchen Zeit, das Licht der Gestirne braucht Zeit, Taten brauchen Zeit, auch nachdem sie getan sind, um gesehen und gehört zu werden. Diese Tat ist ihnen noch immer ferner als die fernsten Gestirne - und doch haben sie dieselbe getan!“ - Man erzählt noch, daß der tolle Mensch desselbigen Tages in verschiedene Kirchen eingedrungen sei und darin sein Requiem aeternam deo angestimmt habe. Hinausgeführt und zur Rede gesetzt, habe er immer nur dies entgegnet: „Was sind denn diese Kirchen noch, wenn sie nicht Grüfte und Grabmäler Gottes sind?“
Das Gleichnis vom Elefanten stammt übrigens von Buddha (aus dem Pali-Kanon), und es steht ebenfalls in einem Zusammenhang.

Es gibt zu viele Leute, die reden, und zu wenige, die wissen, wovon sie reden.

 Bluebird meinte dazu am 16.03.20:
„Gott ist todt!“ – Zu dieser berühmten Sentenz aus Die Fröhliche Wissenschaft stellt Friedrich Nietzsche in seinem Folgewerk, Also sprach Zarathustra, an zahlreichen Stellen explizite Bezüge her. Linus Hellwig Vom Tod Gottes in Nietzsches "Also sprach Zarathustra"
Graeculus, vielleicht wissen machmal Menschen doch mehr als schlechterdings vermutet

Antwort geändert am 16.03.2020 um 19:47 Uhr

 Graeculus meinte dazu am 16.03.20:
Nun, das bestätigt, was ich sage: Das berühmte Zitat steht in "Die fröhliche Wissenschat" (übrigens älter als der "Zarathustra").
Und die Frage der Interpreation ist damit noch nichtmal angeschnitten.

Darf ich annehmen, daß Du beide Werke, "Die fröhliche Wissenschaft" und "Also sprach Zarathustra", gelesen hast? Oder handelt es sich nur um Wikipedia-"Wissen"?

 Bluebird meinte dazu am 16.03.20:
Graeculus, ich empfinde deine letzte Frage schon als etwas despektierlich ... oder sollte dir diese Erläuterung von mir entgangen sein:
Das Zitat kommt u.a. in "Also sprach Zarathustra!" vor. Es war seinerzeit eines der drei Bücher, die ich für meine Diplomarbeit bearbeitet habe.

Im Übrigen ist dein Zitat "gegoogelt "und "copy und paste", also bitte immer schön den Ball flachhalten :) wir machen dies hier auch ein wenig zu unserem Vergnügen, oder?

Antwort geändert am 16.03.2020 um 20:03 Uhr

 Graeculus meinte dazu am 16.03.20:
Mein Zitat ist nicht gegoogelt (ich benutze Google nicht!), sondern abgeschrieben und gespeichert; auf diese meine selbsterstellte Sammlung (immer mit Fundstelle) greife ich dann jeweils zurück. Du darfst davon ausgehen, daß ich alle solche Texte gelesen, sogar abgeschrieben habe.

Und die Frage der Interpretation (inwieweit dürfen wir den 'tollen Menschen' mit Nietzsche gleichsetzen? und was will er uns eigentlich damit sagen?) ist damit immer noch nicht berührt.

 Graeculus meinte dazu am 16.03.20:
Es scheint auch niemand hier Lust zu haben, sich auf diese Fragen einzulassen.

 Bluebird meinte dazu am 16.03.20:
Graeculus,
bist du der Ansicht, dass Nietzsche da nicht seine eigenen Gedanken/Überzeugungen in eine literarische Form gebracht hat?

Und ansonsten schreib doch einfach mal, wie du den "Tod Gottes" in Nietzsches Werken interpretierst

Antwort geändert am 16.03.2020 um 20:45 Uhr

 Judas meinte dazu am 16.03.20:
Also ich hab nur Also sprach Zarathustra von ihm gelesen und könnt schwören, dass das da drin vor kommt, als Zarathustra den "hässlichsten Menschen" in diesem verdorren Tal trifft....

 Graeculus meinte dazu am 16.03.20:
Interessant ist doch schonmal, daß der 'tolle Mensch' eine heftige Kontroverse mit den Atheisten ("welche nicht an Gott glaubten") führt:
Da dort gerade viele von denen zusammenstanden, welche nicht an Gott glaubten, so erregte er ein großes Gelächter. Ist er denn verlorengegangen? sagte der eine. Hat er sich verlaufen wie ein Kind? sagte der andere. Oder hält er sich versteckt? Fürchtet er sich vor uns? Ist er zu Schiff gegangen? ausgewandert? - so schrien und lachten sie durcheinander. Der tolle Mensch sprang mitten unter sie und durchbohrte sie mit seinen Blicken.
Ich verstehe das so, daß sie die Beschäftigung mit Gott für so überflüssig halten, daß sie sich über dieses Ansinnen lustig machen.
Sie tun also genau das, was Du, Bluebird, bei Atheisten wohl für konsequent hieltest: Gott ist abgehakt, damit brauchen wir uns nicht mehr auseinanderzusetzen.
Daß dies falsch ist und aus welchen Gründen dies falsch ist, das macht die eigentliche Aussage des 'tollen Menschen' aus: Mit dem 'Tod Gottes' (also dem Ende des Glaubens an Gott) handeln wir uns eine Menge ganz ernster Probleme ein. Die er dann darstellt. Was hat Gott für die Menschen bedeutet? Und wer füllt jetzt wie die so entstandene Lücke aus?

Der tolle Mensch erklärt also genau das, was Du - ziemlich spöttisch - den Atheisten gleichsam als Inkonsequenz vorhältst: daß sie sich weiterhin und sehr ernsthaft mit dem Thema Gott befassen müssen.

Man kann z.B. nicht einfach den Glauben an Gott aufgeben, aber in Fragen der Moral die christliche Tradition (Nächstenliebe usw.) fortsetzen. Denn diese Moral hing ja an Gott: sie war sein Gebot und wurde von ihm garantiert.

Diesen Gedanken Nietzsches haben die meisten Atheisten bis heute nicht kapiert, meine ich: es steht nun eine "Umwertung der Werte" an, d.h. wir brauchen eine neue Moral, einen neuen Lebenssinn, eine neue Orientierung! Zugleich mit Gott ist ja alles gerstorben, was er für uns ausmachte. Er war ja für uns obendrein eine Erklärung, die Grundlage unseres Weltverständnisses. Was wird nun aus unserem Verständnis der Welt, wenn wir auf den Schöpfergott verzichten müssen.

Dieser Aufgabe stellt sich Nietzsche dann in "Also sprach Zarathustra".
Im Grunde müssen jetzt alle menschlichen Fragen neu beantwortet werden. Wie können wir ohne Gott und ohne das, was er bisher für uns bedeutet hat, leben?
Cora (29) meinte dazu am 16.03.20:
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 Graeculus meinte dazu am 16.03.20:
Vgl.
„Ich komme zu früh, sagte er dann, ich bin noch nicht an der Zeit. Dies ungeheure Ereignis ist noch unterwegs und wandert - es ist noch nicht bis zu den Ohren der Menschen gedrungen. Blitz und Donner brauchen Zeit, das Licht der Gestirne braucht Zeit, Taten brauchen Zeit, auch nachdem sie getan sind, um gesehen und gehört zu werden. Diese Tat ist ihnen noch immer ferner als die fernsten Gestirne - und doch haben sie dieselbe getan!“
Man kann, wenn man will, das 20. Jahrhundert als eine Zeit des Experimentierens mit einer 'Moral ohne Gott', als eine "Umwertung der Werte" ansehen. Das Ergebnis ist nicht überwältigend, zurückhaltend ausgedrückt.
Das Problem steht also immer noch auf der Agenda.

Meine persönliche Ansicht geht dahin, bei den Menschen der Antike, die zwar nicht ohne Götter, aber doch ohne Götter als moralische Instanz, gelebt haben, in die Lehre zu gehen.
So enthält beispielsweise das XVI. Buch der "Ilias" eine Ethik, in welcher der Mensch sich selbst bescheidet. Epikur und die Stoa treten hinzu, ebenso das "Homo sum humani nil a me alienum puto" des Terenz
Das kann ich jetzt nur knapp anreißen. Es ist jedenfalls nicht der Weg Nietzsches.

 Graeculus meinte dazu am 16.03.20:
Buddhas Version des Gleichnisses vom Elefanten ist die älteste bekannte. Diese Ehre steht ihm schon zu.
Aha (53) meinte dazu am 17.03.20:
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Aha (53) meinte dazu am 17.03.20:
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 Bluebird meinte dazu am 17.03.20:
@Graeculus

In " Also sprach Zarathustra" setzt sih Nietzsche explizit mit dem christlichen Glauben auseinander und wenn ich mich recht entsinne, schrieb er da auch solche Sätze wie: "Sie erschufen sich ihren Gott, weil sie die eigene Endlichkeit nicht ertragen konnten"

Diesen "Selbstbetrug", aus menschlicher Verzweifelung und Schwäche heraus geboren, gelte es zu überwinden und sich hin zum "Übermenschen" zu entwickeln. Also zu Menschen, die der (gottlosen) Realität ins Auge schauen und das Beste draus machen. Man könnte auch sagen, eine Art positiven Humanismus entwickeln, wie ihn beispielsweise Schmidt-Salomon anstrebt.

Ich denke, dass diese Bemühung zum Scheitern verurteilt ist. Weil sie auf einer falschen Prämisse beruht: "Sie haben sich ihren Gott erfunden!" ....

Antwort geändert am 17.03.2020 um 10:29 Uhr

 Graeculus meinte dazu am 17.03.20:
Nietzsche hat sich von der Antike abgewandt. War das ein Fehler?

Man müsse doch nur bei den alten, religiösen Moralvorstellungen bleiben, sagen die Gläubigen verschiedener Couleur: Christen, Moslems usw. Mal abgesehen davon, daß es eben verschiedene sind, beruhen sie auf zwei falschen Prämissen: 1. daß es Gott gibt, 2. daß es einer bestimmten Religion bestimmt sei, die alleinherrschende zu werden.
Das ist illusorisch. Wir brauchen eine Moral, die imstande ist, alle Un- und Andersgläubigen 'abzudecken'. Die Menschenrechte sind ein solcher Ansatz. Aber ich schätze die Erfolgsaussichten auch dieses Ansatzes nicht sehr hoch ein.
Eine weitere Möglichkeit wäre eine Art Darwinismus der Moral: daß sich in der Konkurrenz die bestangepaßte durchsetzt.

Noch immer erwarte ich Deine Antwort auf zwei Fragen:
1. Gibst Du zu, daß eine Evolution von Arten stattfindet?
2. Hast Du schon eine Heilung von Diabetes Typ 1 gefunden?

 Graeculus meinte dazu am 17.03.20:
P.S.:
Die Ausgangsfrage, warum Atheisten sich mit Gott befassen, habe ich beantwortet, oder?

 Bluebird meinte dazu am 17.03.20:
"Die Ausgangsfrage, warum Atheisten sich mit Gott befassen, habe ich beantwortet, oder?
Ich würde mal sagen, du hast dir Mühe gegeben es zu begründen. Ob es aber wirklich zutrifft oder nicht vielleicht da auch noch ganz andere "Motive" am Start sind, würde ich mal offen lassen wollen .. .vielleicht ist es ja auch das Gewissen, was sich meldet und immer wieder neu "beruhigt" werden muss?

Gibst Du zu, daß eine Evolution von Arten stattfindet?
Haha, netter Versuch ... Lieber Graeculus, man kann nur etwas "zugeben", was auch stimmt!

Hast Du schon eine Heilung von Diabetes Typ 1 gefunden?
Ich hatte dir bezüglich einer vorgeblichen Diabetes-Heilung schon mal gepostet .. ob Diabetes Typ 1 vermagich allerdings nicht zu sagen.

Es spielt eigentlich auch keine Rolle, da berichtete Wunderheilung so überzeugend sein können, dass sich weitere Fragensich eigentlich erübrigen:   Ein Wunder in vier Akten ... aber natürlich steht jedem frei, es auch anders zu sehen!

Antwort geändert am 17.03.2020 um 12:59 Uhr

 Graeculus meinte dazu am 17.03.20:
vielleicht ist es ja auch das Gewissen, was sich meldet und immer wieder neu "beruhigt" werden muss?
Ach, so siehst Du das. Dann gestattest Du mir sicher, Deine andauernde Beschäftigung mit dem Atheismus (Naturalismus) hypothetisch auf Dein intellektelles Gewissen zurückzuführen.

(Vorsicht vor Argumenten, die auf den Argumentierenden zurückschlagen können.)

***

Nein, es sollte schon Diabetes Typ 1 sein. Und das ist auch nicht nur am Rande interessant, weil es für die Vermutung, Spontanheilungen seien auf Gott zurückzuführen, schon wichtig ist, daß dieser Gott allmächtig sein soll und deshalb daran erkennbar sein müßte, daß er Herr über alle Krankheiten ist. Andernfalls - also wenn er Diabetes "nicht kann" - sollten wir andere möglicher Erklärungen in Betracht ziehen.
Sehr viel weniger aussagekräftig erscheint mir die Selbstdeutung des Geheilten, denn über das, was in seinem Körper bzw. Gehirn vorgeht, verfügt auch er nur über Vermutungen.

 Judas meinte dazu am 17.03.20:
Stell dir mal vor, Odin hat den von Diabetes geheilt und der rennt rum und erzählt allen, der biblische Gott war's... :(
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