Mathematische Grundsätze zum Asketen und dem Suizid

Skizze zum Thema Selbsthass/verletzung/mord

von  Augustus

Es wurde wohl in der Geschichte kein Versuch unternommen den Asketen, geschweige denn den Suizid mathematisch darzustellen. Interessanterweise findet sich als Ableitung aus der Askese das Apollinische wieder.

 

Die mathematischen Grundsätze sind aufs einfachste hingerichtet und verdeutlichen den Zusammenhang zwischen Askese und Suizid. Das Apollinische wird nur ein Randthema sein.

 

Zunächst müsse mathematisch gezeigt werden, wie denn die Askese zu verstehen ist.

 

1)     Die Askese bedarf zunächst eines Ausgangszustandes:

 

Leiden (L) werden als (-) bestimmt. Freuden (F) als (+). Somit ist zunächst die einfachste Trennung der negativen als auch positiven Gefühlen vollbracht,

 

2)     Ein Mensch, der am Leiden ist, hat einen Grundzustand (Gz), der negativ (-) ist = -Gz

Der Grundzustand ist veränderbar. Gerade in der Veränderbarkeit (V) liegt Gestaltungspotenzial, liegt das Leben selbst, liegen Freuden und Leiden.  

 

3)     Wenn jetzt aus dem negativen Grundzustand –Gz als logische Folge die Freuden gewünscht, gesucht, vorgestellt werden, so tritt folgender Effekt im Sinne des Veränderbaren Zustandes (Vz) ein.  

 

1.) (-)Gz * (+) F = (-) Vz

 

Wir erkennen, der Veränderbare Zustand (Vz) bleibt weiterhin negativ. Diese Formel bestimmt grundsätzlich den Suizid, und erklärt den Suizid. Der Suizid ist im Grunde eine Bejahung des Lebens, aber gerade die Bejahung des Lebens aus einem negativen Grundzustand rührt zu einem negativen Veränderbaren Zustand. Die Bejahung des Lebens sorgt gar dafür, dass der negative Grundzustand an Negativität zunimmt.

 

Die Bejahung des Lebens ist weit gefasst, hier zwar als (+) F, aber gerade der Gegensatz von negativen Grundzustand und dem Wunsch nach positiven Freuden, befürwortet den Suizid.

 

Wie entgeht der Mensch dem Suizid? In dem der Mensch zum Asketen wird.  

 

4)     2.) (-) Gz * (-) F = (+) Vz

 

Der Asket verzichtet auf die weltlichen Freuden, und je mehr er auf die weltlichen Freuden verzichtet umso höher steigt sein positiver Veränderbarer Zustand.

 

Dass aus dem positiven Veränderbaren Zustand nun Asketen, Priester, Pfarrer dem Menschen predigen, die müssen verzichten und dass im Verzicht der Wille Gottes ist, ist mathematisch logisch. Allerdings wird von diesen Gruppen Menschen übersehen, dass es Menschen gibt, die keinen negativen Grundzustand (-Gz) haben.

 

Randbemerkung zum Apollinischem:

Das apollinische leitet sich aus dem Asketischen ab.

5)     3.) (+)AVz * (+) F = (+) aVz  

     

Denn während der Asket weiterhin darauf bedacht ist, seinen positiven Veränderbaren Zustand durch Entsagung (-F) zu steigern, kann das apollinische aus einem positiven Veränderbaren Zustand sich positiv vermehren, wenn es sich den positiven Freuden widmet.  

 



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Kommentare zu diesem Text


 Pensionstarifklempner (10.07.22, 15:55)
Hallo, wir, die Mitglieder des Richard-Hülsenbeck-Rings,finden diesen dadaistischen Lebensausdruck für einen guten Gemütstreffer. Bleibt die Frage, was geschieht, wenn man sich verrechnet ? Oder sich den Weihen dieser höheren Mathematik entzieht? 
Der R-H-R ist in Gründung und nimmt auch Mitgliederinnen auf.
Herzlich
Pensionstarifklempner ( Klarname - Dietrich Peters)

 Augustus meinte dazu am 11.07.22 um 09:24:
Die mathematische Herausarbeitung bietet zunächst eine ganz gute Orientierung, mit der Aussage, einerseits warum Verzicht gerne gepredigt wird. 

Andererseits sind Anhaltspunkte zu finden, die den Suizid betreffen. Der Suizid setzt grundsätzlich einen negativen Grundzustand voraus. Das heißt, aus einem positiven Grundzustand ist Suizid nicht gegeben, trotzt wenn die Person leidet und deren Vz ins Minus rutscht. Erst ab dann ändert sich auch der Grundzustand. 

Wie bei einer Pflanze, die aus dem Samen sich entfaltet und entwickelt, und erst aufgeht; habe ich mit dem mathematischen Ansatz gerade mal den Samen gepflanzt. 

Zu verstehen, warum aus einem negativen Grundzustand eine Lebensbejahung den Suizid fördert, dies ist für mich eine entscheidende Erkenntnis, genau interessant, weil nun begreiflich wird, warum tief religiöse Menschen, die entbehren, Verzicht predigen; und warum auf Menschen, die schon einen positiven Grundzustand haben, der Verzicht ihren Vz eher mindert. 

Diese Formeln bieten sehr viel weiterführende Gedanken an, die es mE lohnt weiter zu verfolgen. 

PS: welchen Zweck verfolgt die neu gegründete R-H-R Gesellschaft?

 theatralisch antwortete darauf am 07.11.23 um 09:30:
Grandiose Herangehensweise an das Thema. Ja, Mathematik als Logik oder gar eine metamathematische Sicht auf die Welt kann vieles erst einmal durchbrechen, um sich diesem tatsächlich ernsthaften Thema annähern zu können. Und ich betone immer wieder: Die Menschen in der Politik MÜSSEN sich derartigen Themen annehmen und diese nicht einfach der Medizin überlassen, weil sie denken, das wäre ein rein medizinisches Thema. Die EIGENTLICHEN Ursachen für Suizid sind häufig bis immer in Themen zu sehen, die auf politische Entscheidungen zurückgehen. Das ist augenfällig, also frage ich mich: Warum nimmt sich diesen Problematiken niemand de facto an? Und damit meine ich nicht, dass darüber gesprochen werden sollte oder Vereine, die zu ernsten Themen wie sexualisierter Gewalt beraten, unterstützt werden sollten. Das steht außer Frage, dies zu tun. Ich meine eher, dass dies vor dem Hintergrund der geschehenen Privatisierung psychischer Probleme passieren sollte: Ein wirklich wichtiges Thema, dem sich NICHT entzogen werden KANN. ECCE! Mark Fisher, wie gesagt, war hier ein großer und großARTIGER (im wahrsten Sinne, "haha") Vordenker: Er hat postuliert, dass wir noch gar keine wirkliche intellektuelle und politische Kultur haben, die dem 21. Jahrhundert und der neuen Poltiik zugehörig ist. Er sagte, dass es leichter ist, sich den Untergang in der neoliberalen Welt vorzustellen, als den des Kapitalismus. Wow, I mean. Ich empfehle deshalb das Buch "Capitalist Realism". Und hier war und ist eben gerade die Popmusik, die Fisher beforschte, Ausdruck dessen, was der Kapitalismus mit dem Menschen gemacht hat und weiterhin macht: Depressiv. Es lohnt sich wirklich aus meiner Sicht, sich damit zu befassen. 

Vielleicht ergänze ich hier später noch was - gerade keine Kapazitäten mehr. Jedenfalls ist Fisher ein unglaublich wichtiger Wegbereiter für eine potentielle Problemanalyse und -beseitigung. Und auch du mit deinen mathematischen Ansätzen reihst dich hier gut ein. Danke!

So long und bis später also
Isi

Ein wenig Fortsetzung: Fisher schrieb weiter, dass die an Depression Erkrankten vom kapitalistischen System gut aufgefangen werden würden, indem diesen Medikamente zur Verfügung gestellt werden würden. Ich meine das auf keinen Fall im Sinne von: Medikamente sind schlecht. Darüber urteile ich nicht - insbesondere nicht vor dem alles entscheidenden Hintergrund, dass eine Depression ein lebensbedrohlicher Zustand ist. Jedoch ist es so, dass das die Depression hervorbringende kapitalistische System makabererweise an der Heilung dieser Erkrankung nun auch noch verdient. Fisher als Teil eines Kollektivs hat also die philosophische Strömung des Akzelerationismus  eingeleitet: Der wissenschaftliche und technologische Stand sollte dafür genutzt werden, um den Kapitalismus zu überwinden, indem die emanzipatorischen, progressiven Tendenzen aufgenommen und gesteigert werden sollten. Dieses technologische, kulturelle Interesse sollte durch Diskurse aufrecht erhalten und in philosophische Strömungen integriert werden. Parallelen finden sich da auch zu David Foster Wallace, einem meiner Lieblingsschriftsteller, der nicht nur in gleicher Weise Suizid beging, sondern sich ebenfalls sehr mit der Depression beschäftigte. Wie gesagt wollte Fisher primär ein politisches Bewusstsein dafür entwickeln, welch schwerwiegende Folgen es haben kann, wenn Menschen wegen ihrer beruflichen Situationen Schuldgefühle entwickeln. Er postulierte die Notwendigkeit, ein neues Klassenbewusstsein zu schaffen, etwa Arbeitslosigkeit als politisches und nicht als persönliches Problem zu begreifen, als eine Lehre von der Wahrnehmung der sozialen Welt hin zu einer revolutionären Veränderbarkeit. Fisher verstand die kollektive Depression infolge der neoliberalen Konterrevolution und der hier vorherrschenden Angst, Langweile und dem Zwang zur Überproduktion von Social Media-Müll als Appell an die kleinbürgerliche Identitätspolitik mit fragwürdiger Sozialität ("Schuld-und-Scham-Rituale") mit dem Ziel einer Entprivatisierung und "No More Miserable Monday Mornings".
Vgl. etwa Mark Fisher in Postcapitalist Desire. The Final Lectures.


Antwort geändert am 07.11.2023 um 23:33 Uhr

 Augustus schrieb daraufhin am 08.11.23 um 13:19:
Ich erkenne aus deinem komm. eine tiefergehende und ersnste Ausseinandersetzung mit der Depression, ihren Ursachen und Lösungen. 

Soweit ich weiß, können selbst Tiere unter Depressionen leiden. Verbessere mich, sollte ich hier falsch liegen. Sollte dies der Fall sein, so wäre fraglich, ob Depressionen ausschließlich aus politischen Entscheidungen herrühren, gleichwohl es die Politik im Tierreich nicht gibt: es sei denn, die Tiere sind depressiv geradezu aufgrund menschlicher politischer Entscheidungen, die sich ebenfalls auf sie auswirken. 

Kurz: kann die menschliche Politik, ein Gesellschaftssystem auch Tiere depressiv machen? Oder können Tiere unabhängig vom Mensch depressiv werden? 

Ich vermute, die Depressionen liegt ausschließlich im sozialverhalten mit- und untereinander, und geradezu auch aus den Gründen, weil die Sprache an sich ein unvollkommenes Werkzeug ist, das von unvollkommener Spezies Mensch gebraucht wird. 

Vllt. wenn alle Menschen einen IQ von 300 hätten, könnte Konsens entstehen, und Missverständnisse vermieden werden. 

Allein schon die mannigfaltig unterschiedlichen Interessen der Menschen, und dadurch entstehenden Erfindungen, sorgen für problematiken, und neuen Szenarien, die es vorher gar nicht gegeben hat. 

Der Kapitalismus ist möglicherweise gar nicht falsch, wenn er richtig angewendet werden würde. Denn viele Menschen entwickeln extrinsiche Motivation erst durch die Möglichkeit einer Idee viel geld zu verdienen. 

Ein kommunistischer Staat scheitert bspw. an seinen Idealen, wenn die Intelligenz ausgewandert ist. Er wird korrupt. Und es bleibt fraglich, ob freidenkende, intelligente Menschen, im Kommunismus leben würden, wenn die Partei die politische Richtung vorgibt.

 Solvy (11.07.22, 09:53)
Hallo Augustus,
ein sehr interessanter logischer Ansatz zum Verständnis von dem Zusammenhang eines negativen Grundzustands, der durch positive Anstöße/Lebensfreude noch negativer wird, und der Folgerung nach der Forderung nach Askese. Zwar ist es vereinfacht durch das Herunterbrechen auf mathematisch-logische Formeln, aber es gibt bedenkenswerte Anregungen.
Denn aus eigener Erfahrung weiß ich, dass einem in einer sehr negativen Verfassung gerade die Lebensfreude der anderen und deren Versuche, einen daran teilhaben zu lassen, die Grundstimmung weiter vermiesen kann. Der Grund liegt auch darin verborgen, dass es unmöglich ist aus einer negativen Lebens- und Weltsicht überhaupt Verständnis dafür zu entwickeln, dass sich angesichts des Elends dieser Welt irgendjemand noch freuen kann. In einem selbst scheint diese gar nicht mehr zu existieren (noch nicht mal die Möglichkeit dazu) und daher kann sie nichts Positives bewirken.
Viele Grüße
Solvy

 Augustus äußerte darauf am 11.07.22 um 11:42:
Ein sehr schöner Kommentar zu meinem Text, der genau wie die Faust auf Auge passt.

Genauso wie Du es beschreibst, beschreibst Du vollkommen richtig  meine Formeln mit ihren Konsequenzen.  

Es ist schon wunderbar in einer Welt, wo der eine den anderen nicht leicht versteht, so ganz auf einmal verstanden zu werden. 

Dein Kommentar ist demnach eine sehr schöne klare Ergänzung, zu einer sonst undurchschaubaren, komplexen Thematik.  

Salve
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