Frühling

Text zum Thema Hilfe/ Hilflosigkeit

von  Nostuga

»Sie machen ja den guten Tisch ganz dreckig, Herr Weiß. Nehmen Sie doch bitte Ihre Füße herunter, ja?
Das wollen Sie mir zuliebe doch bestimmt tun, nicht wahr?«

»Ganz sicher nicht, du Schabracke. Eher kotze ich dich an, dich und deine erbärmliche Bemutterung.
Ich würde dir zwischen die schwitzigen Titten und unter die stinkenden Achseln kotzen, wenn ich könnte.«


»Na, na, na! Wer wird denn da so böse gucken?«

»Na, Ich, vielleicht, du Specksau? Der Tote hier im Rollstuhl, der zehn Minuten gebraucht hat, um
die dürren Stelzen überhaupt hochzuwuchten! Grins nicht so widerlich und leg dabei deinen fetten Kopf so dämlich schief!
Und lass gefälligst deine Wurstfinger von meinen Beinen!«


»Wie soll ich Ihnen denn den Tee servieren, wenn ich keinen Platz dafür auf dem Tisch finde?
Wenn Sie die Beine allein hochbekommen haben, dann schaffen Sie sie bestimmt auch alleine wieder runter, nicht wahr?
Strengen Sie sich ein bisschen an, Herr Weiß. Sie schaffen das schon.«

»Streng du dich lieber an und versuche, nicht so zu stinken. Und nimm diese dampfende Pisse wieder mit,
wenn du gehst. Und bitte, bitte, gehe jetzt!«


»Ist das da etwa ein Lächeln in Ihrem Gesicht? Ich habe doch gewusst, dass es Ihnen hier draußen gefallen wird, Herr Weiß.
Ist aber auch ein wunderschöner Tag heute, nicht wahr? Ich nehme Sie gleich mit hinunter zum Wasser,
wenn Sie den Tee getrunken haben. Wird aber etwas holprig über die Wiese. Haben Sie Lust?«

»Komm mal ganz nah ran und guck mir in die Augen...«

»Ich stelle Ihnen den Tee, ist übrigens Früchtetee, hier links neben die Beine, dann können Sie sie nach rechts herunterziehen.
Passen Sie aber schön mit dem Nacken auf, Herr Weiß, nicht, dass sie das schmucke Gestell kaputtmachen.«

»Ja, lach du nur, du mieses Vieh. Schüttel mal deinen Zellhaufen so richtig durch, dass mir noch übler wird.«

»Sieh an, sieh an, Sie haben da noch was vom Frühstück in den Mundwinkeln. Eiserne Reserve, was, Herr Weiß?
So können Sie sich aber nicht am See blicken lassen. Was sollen denn die anderen von Ihnen denken?«

»Na, dann komm schon mit dem Tüchlein. Vielleicht rotzt du noch mal rein, bevor du mich sauber machst.
Kannst dir das Tuch auch noch durch den Schritt ziehen, dann kann ich dir vielleicht doch noch durch dieses Maulgatter ins Auge kotzen.«
 

»So schick wie eh und je, Herr Weiß. Die anderen werden Augen machen. Ich bin also in einer halben Stunde wieder hier,
muss mich ja auch noch um die ans Bett Gefesselten kümmern, und dann geht es los, versprochen. Und laufen Sie mir ja nicht weg.«

»Ha, Ha, ich lach dich tot! Und pass auf, dass du unterwegs nicht verhungerst!
Ja, watschle nur, du Berg speckiger Bevormundung, zu deinem nächsten Opfer und lass mich machen. Eine halbe Stunde.
Und ich muss diese verdammten Schnürsenkel zu packen kriegen! Geschnürte Schuhe für diese toten Dinger, Ha!
Aber einen Zweck werden sie ja erfüllen.
Na, wunderbar! Das wäre der erste. Wenn's mit dem zweiten auch so gut läuft, sollte es klappen. 20 Minuten.
Ach, was für ein scheiß Gefummel! Dieser beschissene Klumpen Bein... Da! Da haste verloren, du dreckiger Senkel.
So. Zusammenbinden, über den Schoß damit und mit dem Rollstuhl verknoten. Decke drüber und die Beine vom Tisch.«
 

»Herr Weiß!«

»Himmel! Wie konnte die so schnell...!«

»Sie haben ihren Tee ja überhaupt nicht angerührt.
Na, na, na, wenn das der Herr Doktor hört. Sie brauchen doch ihre Flüssigkeit.«

»Mach dir darüber mal keine Sorgen.«

»Aber immerhin haben Sie ihre Füße wieder da, wo sie hingehören. Dann wollen wir mal, nicht wahr, Herr Weiß.
Halten Sie sich gut fest. Schnallen sie sich an und los geht die wilde Fahrt.«

»Fahr mich zum Steg, du Kuh, und komm ja nicht auf die Idee, mich am Ufer neben die dementen Entenfütterer zu stellen!«

»Wäre dem Herrn der Steg genehm? Man hat von dort einen tollen Überblick und fühlt sich fast, als stünde man mitten im Wasser.«

»Bist du also doch zu was nutze. Und gib gefälligst ein bisschen Gas!«

»Schön, dass der Rasen gestern frisch gemäht wurde, nicht wahr? So, Vorsicht, Herr Weiß. Es hoppelt jetzt ein wenig.
Der Steg ist zwar nicht für Rollstühle gemacht, aber wenn Sie schon die Beine selbständig hochlegen können,
dann wird Ihnen das bisschen Rumpeln hier auf den Brettern sicherlich auch nicht mehr viel ausmachen, nicht wahr, Herr Weiß?«

»Wenn ich doch nur dich und dein Gelaber noch ausmachen könnte, wäre ich richtig zufrieden.«

»Wissen Sie, Herr Weiß, als Sie damals zu uns kamen, da habe ich gedacht, der arme Kerl schafft das nie und nimmer.
Und sehen Sie sich jetzt an - wie das blühende Leben. So, da wären wir auch schon. Nur noch die Bremse feststellen und - genießen.
Ist das nicht herrlich? Der erste richtige Frühlingstag. Werden bestimmt wieder viele Motorradfahrer unterwegs sein heute.«

»Lass die Griffe los!« 

»Sie werden ihr Motorrad sicherlich vermissen, nicht wahr, Herr Weiß«?

»Ja, so ist gut, du Qualle. Stell dich hier neben mich und schau auf den See hinaus.«

»Obwohl, kann man eigentlich etwas vermissen, das einem so übel mitgespielt hat? Immerhin ist Ihnen Ihr eigenes Motorrad über den Kopf gefahren. Oh je, das muss man sich mal vorstellen, Herr Weiß.«

»Bremsen los.«

»Was Sie für ein Glück gehabt haben!«

»Und Schwung!«

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Kommentare zu diesem Text

Traumtänzerin (27)
(03.01.11)
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 Nostuga meinte dazu am 25.02.11:
Hi Mel,

vielen Dank für deinen Kommentar. Hat mich sehr gefreut. :)

Viele Grüße
Nostuga
Sash.Vinograt (28)
(17.01.13)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Nostuga antwortete darauf am 17.01.13:
Hey SaVi, vielen Dank für den Kommentar. Freut mich, dass dir der Text gefallen hat.
Viele Grüße
Nostuga
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