KLICKS UND CLIQUEN

Synthesen + Analysen in der Matrix


Eine Kolumne von  Bergmann

Mittwoch, 25. Juli 2007, 14:50
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Arthur Breinlinger

Immer noch Sommerloch - aber diesmal etwas mehr:
Wenigstens ein paar wunderschöne Gedichte meines Freundes Arthur. Hier sind sie:


Arthur Breinlinger
Gedichte 2005 – 25.2.2007



I
Auf wogenden Wellen der Wonne
wiegt ich mich wortreich
im weinmüden Würzburger Winterwind

II
Die Schwäne zwar
neigen sich heidel
bergholderen Ufern
und neckarn rufen
die Spötter ins Leere
Wer aber birgt sich
und weint noch
so freudetrunken
vereint

III
So ziehen wir
sehr lange
durchs dunkle Tal
und ein guter Hirte
wähnt sich uns nah
wir aber stehen erstarrt nun
neben der klirrenden Fahne
in wortlosen wintern

IV
Wie von Sternen geblendet
fließt
mir Verwundetem
durch mein Geröll
ein Strom von Träumen von Träumen ein Strom



VI
Plötzlich
lag wächsern
vor mir
die linke Hand
auf dem Blatt
auf dem schon lange
mein Blick ruhte
und
ein Gefühl
umgrenzte mich
von Fremdheit

VII
Mazurka fogo

Paare
fast stehend
von Vertrautheit getrieben
und ergriffen von Fremdheit
und
tanzend

Als ich ihnen Beifall zollte
verstand ich
dass alle wir
die klatschten
auch selbst uns
feierten
in einer woge
von Glück
auch aber verwundert
dass so
die Ewigkeit
verrauscht



VIII

Dass es noch enger werde
noch weiter?
dass es noch kälter werde
noch heißer?
Noch heller
noch dunkler
Noch kürzere Wege
noch längere?
Ob wir dabei sind
wenn wir sterben
ob wir es hören
das metallische Geräusch
ob wir es sehen
das Zerbrechen
Ob wir
noch unterscheiden
die Schatten das Licht
das Laub die Blüten
das Wasser den Sand
Nicht da sein Meister
denken zu müssen!
Bleiwandiger Raum
wahrreiches Sprechen
zum Tode
Und doch Hoffnung
solange wir noch
Metaphern
finden
für dies Letzte
Nur deshalb?
So sehr
hingen wir
an der Sprache?

---


(4/06)
I

Flöße Wolken
Schlieren von Regen
die Erde
wie ein wild gespreizter Rachen
aus dem die Zunge sich reckt
zitternd schäumend rotflammig
als wollte sie
die Vulva des Himmels
lecken
aus der ihr
der Kitzler Gottes sich
zuckend entgegenwölbt



(4/06)
II

Das verschollene Licht
es leuchtet wieder
und so stark
ein Reiher stakst
über die feuchte Wiese
und am Himmel
der Morgenstern
und dein Herz schlägt
du freust dich
über die Nähe
auch von Menschen
und die Dinge
atmen dich an




(4/06)
III

Du bist versprengt
bist ausgesetzt
dem Gelächter des Zufalls
Ist dieses Spiegellabyrinth
das Leben
ein zerbrochenes Gesicht
schaut dich an
lächelnd und traurig
und andere Fremde
lachen oder grinsen
vielleicht auch weint ein Kind
oder du hörst ein Lied
vertraut und fremd
leise und laut
Du sitzt auf dem Gerüst
das einen schmalen Turm umfasst
der in die Wolken ragt
Die jagen so dahin
als sei es Zeit schon
Und unter dir wuchert
ein Gewirr von Schienen
und viele harren
der Ankunft der Züge



IV

Unter der Wüste
die Katarakte des Himmels
die roten Gletscher
die blauen Felder des Mohns
die schwarzen Quellen des Sands
Verfallende Karawanserei unseres Lebens
die Hoffnungen
die Tränen
das Glück
die Verzweiflung und
die wilden Pferde
der Freude



(6/06)
I

Wortzähne verkeilt
in der Mundhöhle
Riesige Bäume gefällt
und zermalmt
Poesie?
So ekelerregend
so blühend
frist sich der Tod
ins Leben
und gräbt noch
die faulenden Hauer
in die vor Lust
zitternden Schenkel
und hügelabwärts
die Scham
durch das schlierige Haar
in die grell gespaltene
sich räkelnde Möse



II

Woher
immer
diese lebenswillige
lustnasse
Gier
immer noch
phallisch zuckend
die langsam
faulende Wurzel
die glänzend gespannte
Eichel

Woher und ziellos
ausspeiend
noch immer
den pulsierenden Samen
ohne Botschaft
unbewusst
wild



11/06
I

Der Granatapfel in deiner Hand
das wilde Funkeln des Herbstes
Bald brennt die Landschaft

Aber die Feuerwehrmänner und –frauen
träumen noch ihre Kinderträume
und der Dichter verhüllt seine Stirn

Die Melancholie sitzt am Fenster
und hütet in ihrem Schoß
die Eier der schwarzen Schwäne

Das Meer liegt schweigend und glatt
und wie von einem Maler
an die breiten groben Wolkenstriche geheftet

siehst du die Seevögel
und hörst
eigentlich ahnst du sie mehr
mitten im Kurkonzert
von weither ihre kurzen hellen Schreie




(1/07) I
Vierundachtzig

Dem Stein
gleichen
mehr und mehr
der Verschmelzung
von Sehnsucht und Zeit
vulkanisch erstarrte Hoffnung
und mehr noch
der Luft
der dichtesten Formlosigkeit
oder dem Nebel
aus dem dann du aus dem
eines Jahrtausends eines Jahrtausends
hervortrittst du hervortrittst (dann)
als Engel als Engel dann


(1/07) II

wir können
nur noch
gewinnen
je mehr wir
das Wünschen verlieren
die Leidenschaft
das Liebesweh
den Schmerz
des frischen Schnitts
ins Herz
Wir besteigen bald
das dunkle Gebirge
unseres Gefühls
und erreichen den Gipfel
einen Ort über uns
als wären wir nur
ein Teil von uns
im Meer der Sterne
endlos
gestrandet



(1/07) III

Wörter
bis zur Unverständlichkeit
Gegenstandslosigkeit Sinnlosigkeit
schön
und bedeutungsvoll
in Gestein gepresstes
und bis zur Unsichtbarkeit
glänzendes Gold

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