Film & Fußball

Eine cineastische Mannschafts-Kolumne


Die Kolumne des Teams " Film & Fußball"

Donnerstag, 27. Dezember 2018, 11:59
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Twilight und die Angst vor den süßen Vampiren

von  Dieter_Rotmund


Gastkolumne von  aliceandthebutterfly

Ich habe einmal für fast ein Jahr in Spanien gelebt: neun Monate in Barcelona, zweieinhalb Monate in einer kleinen Bucht namens Cala Jóncols, wo ich als Kellnerin und Barista gearbeitet habe.
Nach den 12 Stunden-Schichten, die ich und meine Kollegen dort arbeiteten, tanzten wir nächtelang durch und es war uns egal, was für eine Musik gespielt wurde... Reggaeton, House, Mainstream oder kitschig moderner Flamenco ... Hauptsache, wir hatten Spaß - und den hatten wir immer.
Die Menschen, die ich in Barcelona kennenlernte, waren anders, anspruchsvoller. Sie hörten alternative Musik und hatten für alles andere nur ein kritisches Augenrunzeln übrig.
Nun, warum erzähle ich das? Es sollte hier doch um Vampire oder Werwölfe gehen.
Ich denke, mit dem Verhältnis zu Literatur und Film verhält es sich gleich wie damals mit der Musik. Auch da gibt es die Elite, die Welt- oder Undergroundliteratur liest und Filme mit "Anspruch" schaut.
Aber Twilight? Das sind ja die Romane mit den süßen Glitzervampiren...dem Sex NACH der Ehe, die von einer konservativen Mormonin geschrieben wurden.
Doch bin ich eben ein Kind von Cala Jóncols, soll heißen, solche Zuschreibungen interessieren mich nicht und ich sage euch: Twilight macht Spaß!
Das erste Mal in Berührung kam ich mit den Filmen in meinem Mädchenstudentinnenheim. Dort lebte nämlich auch M. und sie war ein riesiger Twilightfan, der für Robert Pattinson in seiner Rolle als Edward Cullen schwärmte. Damals schaute ich die Filme, die mir zwar gefielen, mich aber nicht übermäßig berührten.
Richtig süchtig wurde ich erst vor kurzem, als ich anfing, die Bücher zu lesen. Ich wurde süchtig nach der Liebesgeschichte zwischen dem stinknormalen Mädchen Bella und dem mysteriösen und gutaussehenden Vampir Edward. Ich fürchtete den Vampirclan der Volturi, deren Mitglied "Jane" im Film unglaublich gruselig von der talentierten Dakota Fanning verkörpert wird. Doch vor allem war ich "Team Alice", die Edwards Vampirschwester ist. Denn mit ihr konnte ich mich am meisten identifizieren. Sie hat Visionen. Ich habe früher einmal Stimmen gehört. Sie war in ihrem Leben als Mensch in einer Psychiatrie eingesperrt. Ich bin ambulant in psychiatrischer Behandlung. Und ihren Tick für Mode habe ich auch.
Natürlich verkleidete ich mich als Alice, als meine Schwester und ich eine kleine Twilight-Party gaben und meine sister erfüllte sich ihren Kindheitstraum von einer langhaarigen Lockenperücke und spielte die böse Victoria.
Diesen Abend ließen wir im Wiener Gayclub "WhyNot" ausklingen. Und ratet mal, welches Lied bei den Clubbesuchern am meisten Stimmung aufkommen ließ: Helene Fischers "Atemlos durch die Nacht"! Trash? Vielleicht. Mainstream? Aber sicher. Doch - so wie Twilight - machte es einfach Spaß, fast so viel wie in Cala Jóncols.

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