Der verworfene Weg

Gedankengedicht zum Thema Lebensweg

von  tigujo


Übersetzung ins Deutsche von:
Robert Frost
"The Road Not Taken"



Zwei Wege gabeln sich im Wald,
tut leid, ich konnt nur einen gehn
als Einzelner - stand da alsbald,
und sah dem ersten nach im Wald,
wohin er lief im Holz, wollt's sehn.

Nahm dann den andern, warum nicht,
mag sein, mehr Anspruch ging einher,
war grasbedeckt, lud ein zur Pflicht;
wenngleich, was dies betrifft war schlicht
auf beiden Wegen reg' Verkehr.

In jener Früh ruhn beide weich
im Laubwerk, noch wars nicht betreten.
Dem erstren folg ich später gleich!
War ungewiß, denn wegereich
verführt ein Weg – kaum rückzubeten.

Bericht ich einst, wenn Zeit verblich,
egal wo, Seufzer säumen's Lied:
Zwei Wege luden ein, und ich -
nahm mir den selteren für mich,
und dies bracht all den Unterschied.



Original:

Robert Frost
The Road Not Taken

Two roads diverged in a yellow wood,
And sorry I could not travel both
And be one traveler, long I stood
And looked down one as far as I could
To where it bent in the undergrowth;

Then took the other, as just as fair,
And having perhaps the better claim,
Because it was grassy and wanted wear;
Though as for that the passing there
Had worn them really about the same,

And both that morning equally lay
In leaves no step had trodden black.
Oh, I kept the first for another day!
Yet knowing how way leads on to way,
I doubted if I should ever come back.

I shall be telling this with a sigh
Somewhere ages and ages hence:
Two roads diverged in a wood, and I -
I took the one less traveled by,
And that has made all the difference.


.


Anmerkung von tigujo:

Auf eine andere und wunderbare Übersetzung muss ich einfach hinweisen: Sie findet sich innerhalb Prof. Auers fabelhafter Gedichtesammlung  hier.

Besonders tröstlich dessen Kommentar - obwohl bescheiden nur aufs eigene Werk gemünzt. Diese Bemerkung lautet - augenzwinkernd:

War es nicht Robert Frost, der sagte, "Poetry is what gets lost in translation"? Und ausgerechnet ich soll ihn dabei enttäuschen?

Dies gilt wohl für uns alle Übertragungswilligen

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Kommentare zu diesem Text


 Isaban (24.06.11)
Hallo tigujo.,

die Übertragung kommt noch ein bisschen hoppelig daher, wobei ich nicht das Metrum, sondern Syntax und Sinnzusammenhänge meine. Um die Erfordernisse des Reimes zu erfüllen wird zuviel mit unüblichem Sprachgebrauch (Elisionen und Inversionen) jongliert, so dass das Ganze noch ein wenig ungelenk wirkt.
Da hat man natürlich als Leser leicht reden, ich weiß genau, wie schwierig es ist, fremdsprachigen melodischen Texte im Deutschen dann auch die gleiche Melodie und Bildgewalt zu verleihen, meiner Meinung nach sollte hier dennoch noch etwas am üblichen Sprachgebrauch gefeilt werden.

LG, Isaban

 tigujo meinte dazu am 24.06.11:
Hallo Isaban!

Nimm meinen Dank entgegen für deine kritische Nachsicht.

Um dir keine Illusion zu machen, oute ich mich gleich als Nebenerwerbs-Wortbauer: Ich mußte erst in Wikipedia nachschauen, was eine Elusion ist - es läßt mich nun kaum ruh'n

Es war mir - letztes Jahr war es schon - wichtig, vorallem Reim und Originalmetrik (heißt das so?) hinzukriegen, was meist im Krieg endet:
Doch sollte der Sinn dabei nicht unnötig auf der Strecke bleiben.

Meine Bitte somit, da ich blind, es selber nicht mehr sehen kann: Wo stolpert der Zusammenhang im Sinn? Diese Stolpersteine aus dem Leseweg zu räumen wär mir das Drängendste.

Die Inversionen, die machen mir weniger Zerbrechen: "Aufsteigt der Strahl und fallend gießt...", nebenbei, in Wien ist das fast schon Lokalkolorit - auch im Gesprochenen... Einfluß des Jüdischen Deutsch?

So, ich pack' jetzt meine Feile ein, fahr zum Badesee ohne Schwesterlein und werde mich neu am Text versuchen - als Rettungsreifen stehen mir nur wenige Übersetzungen zur Verfügung, die ich im Web orten konnte, Paul Celan ist auch darunter:
 Der unbegangene Weg

Ich bin für deine Worte dankbar, freut mich, dass sich wer das überhaupt antut, und - deine Werke lesend - fasse es als Kompliment an und auf

Gruß, Gerhard.
Herzlicher Gruß!

 Isaban antwortete darauf am 24.06.11:
Schau dir mal die erste Strophe an, Gerhard.


Zwei Wege gabeln sich im Wald,
tut leid, ich konnt' nur einen geh'n
als Einzelner - stand da alsbald,
und sah dem ersten nach im Wald,
wohin er lief im Holz, wollt's seh'n.

Normaler Sprachgebrauch (ungeachtet der Reime) wäre in etwa:

Die Wege gabeln sich im (Gelbholz-) Wald,
leider kann man als Einzelner nur einen gehen,
also stand ich dort an der Gabelung
und schaute den ersten Weg entlang,
um zu sehen, wie er durchs Gehölz verlief.

in Reimform (nur um als Beispiel zu dienen):

Die Wege trennen sich im Gelbholzwald,
ich konnte leider nur den einen gehn,
entscheiden musste ich mich deshalb bald,
betrachtete den ersten Weg/Pfad im Wald,
um den Verlauf durch das Gehölz zu sehn.

Weißt, was ich meine?

Liebe Grüße,

Sabine
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