Das Quadrat
Kurzgeschichte zum Thema Fantasie(n)
von blauefrau
Eines Tages im Dezember lag es auf den Stufen vor der Haustür: ein silbern glitzerndes Quadrat.
Der Zeitungszusteller wäre fast darauf ausgerutscht, so glatt war die Folie. Er konnte sich gerade noch halten, gab dann aber dem Quadrat einen Tritt. Das Quadrat bewegte sich nicht vom Fleck, dafür fiel der Zeitungszusteller doch noch hin und musste sich mühsam am Treppengeländer hochziehen. Die dicke weiße Katze der Nachbarin lief erstaunlich graziös über das Quadrat, ohne sich an dessen Glätte zu stören. Die Nachbarin zur Linken, die wie üblich jeden Morgen ihren Hund ausführte, hatte Mühe, den Hund von den Treppenstufen fernzuhalten. Er zog an der Leine und versuchte, das Quadrat zu erreichen. Er schnüffelte und schnüffelte, doch seine Besitzerin zog die Leine straff. Noch als sie das Ende der Straße erreicht hatten, stemmte sich der Hund gegen den Willen seines Frauchens. Er rutschte über die Straße, als sie ihn in die nächste Seitenstraße hineinzog. Der Hund bellte, sie atmete schwer.
Franziska, die Bewohnerin des Reihenhauses, trat aus der Haustür, stieg die Eingangsstufen hinunter und blieb mit dem rechten Schuh auf einer Stufe kleben. Sie bewegte ihren Fuß vor und zurück, der Schuh blieb kleben. Da sie es eilig hatte, zog/beförderte sie ihren rechten Fuß aus dem rechten Schuh, stieg humpelnd die Stufen zur Haustür hoch, schloss auf, zog sich ein Paar Winterschuhe an und verließ das Haus durch die hintere Terrassentür. Dann lief sie den Weg, der links seitlich am Haus zur Straße führte, entlang. Sie stieg in ihr Auto. Der Blitzstart weckte die noch verbliebenen Hausbewohner. Um 8.15 Uhr – die Schule hatte seit 15 Minuten begonnen- verließ der elfjährige Tim das Haus. Er war Franziskas Sohn. Während er mit seinem Gameboy ein Pikachu fangen wollte, stolperte er über das silberne Quadrat. Dabei fiel sein Gameboy hin. Er bückte sich, griff nach dem Gameboy, den er in seine Jackentasche stopfte, und blickte auf das silberne Quadrat, in dem sich sein Gesicht spiegelte.
Er zog an dem schwarzen Schuh, den er richtig seiner Ma zuordnete. Der Schuh blieb kleben. Er zog noch einmal. Es bewegte sich nichts. Da nahm er die Folie mitsamt dem Schuh hoch und trug sie ins Haus. In der Küche angekommen griff er ein Brotmesser und versuchte, den Schuh von der Folie zu trennen.
Er säbelte. Der Schuh blieb an der Folie kleben. In einem nächsten Versuch steckte er den Stöpsel ins Spülbecken, ließ heißes Wasser einlaufen und gab ein paar Spritzer Spülmittel hinzu. Anschließend ließ er die Folie mit dem Schuh ins Becken gleiten. Nach etwa einer halben Stunde klebte der durchweichte, angesäbelte Schuh immer noch an der Folie. Tim wusch sich die Hände und verließ das Haus, um wenigstens zur 3. Stunde die Schule zu erreichen. Die Bio-Arbeit würde er nachschreiben müssen. Doch wen interessierten schon Zygoten?
Am späten Nachmittag versammelten sich Franziska, Tim und Peter, Franziskas Mann, in der Küche. Tims Entschuldigung, einen Schuh von einer Folie lösen zu wollen, war bei der Fachlehrerin nicht gut angekommen. Es würde zu einem Gespräch zwischen Lehrerin, Tim und einem Elternteil kommen. Peter würde Tim begleiten. Franziska kam mit der Lehrerin nicht zurecht.
Am Samstag hatte Peter Franziska eingeladen, einen Stadtbummel zu machen , und er hoffte darauf, dass Franziska ein geeignetes Paar Schuhe finden würde. Als vorgezogenes Weihnachtsgeschenk sozusagen. Franziska freute sich auf den Samstag.
Tim zog weiter an Schuh und Folie. Schließlich holte er den Nagellackentferner seiner Mutter, um den Schuh abzulösen. Der Gestank des Nagellackentferners trieb Tim Tränen in die Augen. Die Folie warf Tims Gesicht zurück. Tim sah seine geröteten Augen und seine schwarzen Locken. Außerdem erkannte er die Pfotenabdrücke einer Katze, die Trittspuren des Briefträgers und die Füße seiner Mutter. Er sah den Schatten seines Gameboys und ein herumgeisterndes Pikachu, sah die stolpernden Bewegungen seiner Mutter, des Briefträgers, die eleganten Schrittfolgen der dicken Katze und die Auf- und Abbewegung einer Hundeschnauze. Er erkannte, dass sich das Leben auf einem Quadrat darstellen ließ. Für einige Sekunden hatte er das Gefühl zu tanzen.
Er berührte die Folie. Der Schuh hatte sich gelöst. Tim ließ die Folie und den Schuh auf dem Küchentisch liegen. Er war müde und musste vor allem mehr über die Zygoten erfahren. Morgen würde er die Bio-Arbeit nachschreiben.
Am nächsten Tag warf Franziska die Folie samt Schuh in die Restmülltonne.
Auf der städtischen Müllhalde blinkte die Folie so stark, dass ein Müllsucher auf sie aufmerksam wurde. Er griff nach der Folie. Seine Hand blieb hängen und ließ sich nicht lösen.
Der Zeitungszusteller wäre fast darauf ausgerutscht, so glatt war die Folie. Er konnte sich gerade noch halten, gab dann aber dem Quadrat einen Tritt. Das Quadrat bewegte sich nicht vom Fleck, dafür fiel der Zeitungszusteller doch noch hin und musste sich mühsam am Treppengeländer hochziehen. Die dicke weiße Katze der Nachbarin lief erstaunlich graziös über das Quadrat, ohne sich an dessen Glätte zu stören. Die Nachbarin zur Linken, die wie üblich jeden Morgen ihren Hund ausführte, hatte Mühe, den Hund von den Treppenstufen fernzuhalten. Er zog an der Leine und versuchte, das Quadrat zu erreichen. Er schnüffelte und schnüffelte, doch seine Besitzerin zog die Leine straff. Noch als sie das Ende der Straße erreicht hatten, stemmte sich der Hund gegen den Willen seines Frauchens. Er rutschte über die Straße, als sie ihn in die nächste Seitenstraße hineinzog. Der Hund bellte, sie atmete schwer.
Franziska, die Bewohnerin des Reihenhauses, trat aus der Haustür, stieg die Eingangsstufen hinunter und blieb mit dem rechten Schuh auf einer Stufe kleben. Sie bewegte ihren Fuß vor und zurück, der Schuh blieb kleben. Da sie es eilig hatte, zog/beförderte sie ihren rechten Fuß aus dem rechten Schuh, stieg humpelnd die Stufen zur Haustür hoch, schloss auf, zog sich ein Paar Winterschuhe an und verließ das Haus durch die hintere Terrassentür. Dann lief sie den Weg, der links seitlich am Haus zur Straße führte, entlang. Sie stieg in ihr Auto. Der Blitzstart weckte die noch verbliebenen Hausbewohner. Um 8.15 Uhr – die Schule hatte seit 15 Minuten begonnen- verließ der elfjährige Tim das Haus. Er war Franziskas Sohn. Während er mit seinem Gameboy ein Pikachu fangen wollte, stolperte er über das silberne Quadrat. Dabei fiel sein Gameboy hin. Er bückte sich, griff nach dem Gameboy, den er in seine Jackentasche stopfte, und blickte auf das silberne Quadrat, in dem sich sein Gesicht spiegelte.
Er zog an dem schwarzen Schuh, den er richtig seiner Ma zuordnete. Der Schuh blieb kleben. Er zog noch einmal. Es bewegte sich nichts. Da nahm er die Folie mitsamt dem Schuh hoch und trug sie ins Haus. In der Küche angekommen griff er ein Brotmesser und versuchte, den Schuh von der Folie zu trennen.
Er säbelte. Der Schuh blieb an der Folie kleben. In einem nächsten Versuch steckte er den Stöpsel ins Spülbecken, ließ heißes Wasser einlaufen und gab ein paar Spritzer Spülmittel hinzu. Anschließend ließ er die Folie mit dem Schuh ins Becken gleiten. Nach etwa einer halben Stunde klebte der durchweichte, angesäbelte Schuh immer noch an der Folie. Tim wusch sich die Hände und verließ das Haus, um wenigstens zur 3. Stunde die Schule zu erreichen. Die Bio-Arbeit würde er nachschreiben müssen. Doch wen interessierten schon Zygoten?
Am späten Nachmittag versammelten sich Franziska, Tim und Peter, Franziskas Mann, in der Küche. Tims Entschuldigung, einen Schuh von einer Folie lösen zu wollen, war bei der Fachlehrerin nicht gut angekommen. Es würde zu einem Gespräch zwischen Lehrerin, Tim und einem Elternteil kommen. Peter würde Tim begleiten. Franziska kam mit der Lehrerin nicht zurecht.
Am Samstag hatte Peter Franziska eingeladen, einen Stadtbummel zu machen , und er hoffte darauf, dass Franziska ein geeignetes Paar Schuhe finden würde. Als vorgezogenes Weihnachtsgeschenk sozusagen. Franziska freute sich auf den Samstag.
Tim zog weiter an Schuh und Folie. Schließlich holte er den Nagellackentferner seiner Mutter, um den Schuh abzulösen. Der Gestank des Nagellackentferners trieb Tim Tränen in die Augen. Die Folie warf Tims Gesicht zurück. Tim sah seine geröteten Augen und seine schwarzen Locken. Außerdem erkannte er die Pfotenabdrücke einer Katze, die Trittspuren des Briefträgers und die Füße seiner Mutter. Er sah den Schatten seines Gameboys und ein herumgeisterndes Pikachu, sah die stolpernden Bewegungen seiner Mutter, des Briefträgers, die eleganten Schrittfolgen der dicken Katze und die Auf- und Abbewegung einer Hundeschnauze. Er erkannte, dass sich das Leben auf einem Quadrat darstellen ließ. Für einige Sekunden hatte er das Gefühl zu tanzen.
Er berührte die Folie. Der Schuh hatte sich gelöst. Tim ließ die Folie und den Schuh auf dem Küchentisch liegen. Er war müde und musste vor allem mehr über die Zygoten erfahren. Morgen würde er die Bio-Arbeit nachschreiben.
Am nächsten Tag warf Franziska die Folie samt Schuh in die Restmülltonne.
Auf der städtischen Müllhalde blinkte die Folie so stark, dass ein Müllsucher auf sie aufmerksam wurde. Er griff nach der Folie. Seine Hand blieb hängen und ließ sich nicht lösen.