Blut

Text

von  Cathleen

Blut

Ich wollte nicht für immer sein,
was euch zuliebe lachte.
Doch worauf lässt man sich sonst ein
jenseits des Lachens? Da war kein
Selbst, das mich weiterdachte.

Was beim Verstummen übrig blieb,
war klein wie eine Mücke.
Ihr hattet es schon aus Prinzip,
wenn’s sirrend durch die Räume trieb,
nicht gern, aus Angst vor Tücke.

Missgönnt habt ihr den Tropfen Blut
dem Tier, das Unruh brachte.
Ihr schlugt nach ihm in heller Wut,
bis ich erschöpft und ohne Mut
doch wieder folgsam lachte.

Mal Mücke, mal Gelächter sein,
das Hin und Her war Plage.
War ich von Sisyphos der Stein?
Warum fiel mir nichts Bessres ein?
Sehr lang stand so die Frage.

Dann eines Tages hat der Wind
die Mücke mitgenommen,
als hätt er Mitleid mit dem Kind,
das wir im Herzen alle sind.
So bin ich hergekommen.

Und weil du möchtest, dass ich bin,
aus Freude am Gedeihen,
hältst du für Blut den Finger hin,
gibst meinem Werden schließlich Sinn.
Mein Selbst wird wahr im Freien.

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(alternative letzte Strophe)
Weil jemand mochte, dass ich bin,
ganz ohne mich zu zwingen,
hielt er für Blut den Finger hin,
gab meinem Werden schließlich Sinn:
Mein Selbst begann zu singen.



Anmerkung von Cathleen:

Ich widme diesen Text meinem Mann, dessen Tod sich am 7. Mai zum 10. Male jährt.

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