Das Mäuseungeheuer
Märchen zum Thema Fantasie(n)
von hei43
Das Mäuseungeheuer
Dicht an der Niederländischen Grenze wohnte ein alter Kater, den fast jeder kannte. Er hatte ein rötliches Fell mit weißen und schwarzen Flecken. Als er noch jung an Jahren war, lief er täglich bei Nacht zu einer nahegelegenen Käsefabrik. Ganz am Ende war eine alte Holztür, dessen unterer Teil schon etwas morsch und ein Teil des Holzes herausgebrochen war. Durch diese kleine Öffnung gelangte er in einen Raum, wo viele Käseabfälle lagerten, die von Zeit zu Zeit weggebracht wurden.
Kater Mirko, so nannten ihn seine Bauersleute, wurde zum Freund der Mäuse, da er sich nur mit Käse vollfraß. Milch bekam er in einem Schälchen auf dem Bauernhof. Die Kinder der Umgebung waren seine Spielgefährten. Doch eines Tages bemerkten sie, dass die Mäuse sich sehr vermehrten und wollten nicht mehr mit ihm herumtoben. Überall liefen große und kleine Mäuse herum, sogar bis in die Küche.
Das gefiel der Bauersfrau überhaupt nicht und sie schimpfte tagelang mit dem Kater Mirko, denn zum Mäusefangen hatten sie ihn auf den Hof geholt. Doch hatte er inzwischen vergessen, wie man Mäuse fängt, denn er ging ja täglich zu der Käsefabrik über die Grenze. Die vielen Mäusefreunde hörten das Geschrei der Frau und hatten Mitleid mit dem bunten Kater, der durch das Alter nicht mehr so richtig sehen konnte und nun vom Hof gejagt wurde. Eines Tages umzingelten sie Mirko und machten ihm einen Vorschlag und sagten zu ihm:
„Lieber guter Kater Mirko, du hast uns nie etwas zu zuleidegetan und wir konnten über Jahre uns sehr vermehren und miteinander leben. Damit du aber nicht verhungerst und weiter deinen Käse bekommen kannst, wollen wir dir helfen!“.
„ Wie wollt ihr mir denn helfen. So kleine graue Mäuschen?“, fragte Mirko.
„Das ist kein Problem!“, sagte stolz die Obermaus und kam dem Kater näher.
Sie winkte bestimmte aus der Gruppe zu sich und machte ihnen vor, wie sie an das Fell des Katers springen und sich daran festhalten sollten. Flink sprangen sie an den Kater, hielten sich mit den kleinen Mäusezähnchen im Fell fest und verschlangen die Schwänze ineinander.
„ Nun“, frohlockte die Obermaus „jetzt kann die Reise los gehen. Wir haben ein altes verlassenes Holzhaus weit draußen auf dem Feld entdeckt, dort können wir alle zusammen wohnen und gemeinsam zur Käsefabrik gehen!“.
„Aber warum hängen all die Mäuse an meinem Fell“, fragte Mirko verwundert und wollte sich die Mäuseschar wieder abschütteln.
„Die sind schon alt und können nicht mehr richtig sehen, genau wie du, haben Hunger, genau wie du“, sagte ganz empört eine mittelgroße Maus, die einen besonders langen Schwanz hatte.
Eine andere Maus fiel ihr ins Wort und meinte:
„Solange ich lebe und zurückdenken kann, warst du immer gut zu uns allen, hast nie einen von uns gefressen, und darum wollen wir dir jetzt helfen!“.
„Ach so“, jetzt verstehe ich „solange ich noch sehen kann, soll ich Euch den Weg zur Käsefabrik zeigen!“.
„Ja, ja, ja!“, riefen alle anwesenden Mäuse im Chor und stellten sich freudig auf die Hinterbeine.
Diesen Anblick fand Kater Mirko so ergreifend, daß ihm die Tränen aus den Augen kullerten und er allen Umstehenden versprach, für ihr Wohlergehen zu sorgen.
„Dein Augenlicht wird immer schwächer und das vieler Mäuse auch, darum müssen wir uns gegenseitig beistehen!“, sagte die Obermaus und verschwand im Gebüsch.
Als die Dämmerung kam, versammelten sich alle an der gleichen Stelle, marschierten zuerst zum verlassenen Holzhaus, um sich ihre neue Unterkunft anzusehen. Danach ging es weiter über die Grenze zum ersehnten Käsehaus. Die blinden und fast blinden Mäuse hingen am Fell des Katers, bedeckten so seinen ganzen Leib. Es sah schon recht ungewöhnlich aus, der Marsch der Mäusekatze mit Anhang in der Abenddämmerung. Als sie von weitem den Käse rochen, hielt Kater Mirko inne, legte die Ohren nach vorne und befahl:
„Halt, nicht weiter, die machen heute noch Überstunden. Wir müssen geduldig warten bis die Menschen verschwunden sind!“.
Dann war es soweit, und der Kater ging in die Richtung der alten Holztür, zwängte sich mit seiner Last durch das Loch und alle anderen Begleiter hinter ihm her. Freudig piepsten die Mäusekinder durcheinander, denn sie hatten noch nie Käse gegessen und waren ganz aufgeregt. Viele Sorten lagen in dem Raum und alles wurde durchprobiert. Die Obermaus gab das Kommando zur Rückkehr und sorgte dafür, dass keiner von ihnen zurückblieb. Sie prägten sich den Weg trotz der Dunkelheit genau ein. Es kam der Tag, dass der Kater nichts mehr sah und ausgewählte Mäuse ihm piepsend voran gingen. Bei Hindernissen machten sie bestimmte Töne, damit Mirko Gefahren erkennen konnte. Manchmal kraulten die blinden Mäuse sein Fell, um ihm so ihre Dankbarkeit zu zeigen. Einer half dem anderen in Alter und Schwachheit.
Eines Tages sah der Revierförster durch sein Fernglas, entdeckte voller Angst dieses fremde Ungeheuer. Abend für Abend sah er das selbe Schauspiel, wie es sich über die Grenze schlich. Seinem Hund befahl er strengstens an seiner Seite zu bleiben, damit dieses unbekannte Wesen ihn nicht angreifen könnte. Bald sprachen die Leute der ganzen Grenzregion von dem unheimlichen „Grenzungeheuer“, das man nur von ferne beobachten darf, damit kein Unheil über die Menschen entlang der Grenze komme. So sah man den Mäusekater noch viele Jahre, umgeben von einer Riesenschar kleiner, lustiger, dicker Käsefresser. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann kann man sicherlich noch das „Grenzungeheuer“ an der niederländischen Grenze in der Dämmerung entdecken.
© Heidrun Gemähling
Dicht an der Niederländischen Grenze wohnte ein alter Kater, den fast jeder kannte. Er hatte ein rötliches Fell mit weißen und schwarzen Flecken. Als er noch jung an Jahren war, lief er täglich bei Nacht zu einer nahegelegenen Käsefabrik. Ganz am Ende war eine alte Holztür, dessen unterer Teil schon etwas morsch und ein Teil des Holzes herausgebrochen war. Durch diese kleine Öffnung gelangte er in einen Raum, wo viele Käseabfälle lagerten, die von Zeit zu Zeit weggebracht wurden.
Kater Mirko, so nannten ihn seine Bauersleute, wurde zum Freund der Mäuse, da er sich nur mit Käse vollfraß. Milch bekam er in einem Schälchen auf dem Bauernhof. Die Kinder der Umgebung waren seine Spielgefährten. Doch eines Tages bemerkten sie, dass die Mäuse sich sehr vermehrten und wollten nicht mehr mit ihm herumtoben. Überall liefen große und kleine Mäuse herum, sogar bis in die Küche.
Das gefiel der Bauersfrau überhaupt nicht und sie schimpfte tagelang mit dem Kater Mirko, denn zum Mäusefangen hatten sie ihn auf den Hof geholt. Doch hatte er inzwischen vergessen, wie man Mäuse fängt, denn er ging ja täglich zu der Käsefabrik über die Grenze. Die vielen Mäusefreunde hörten das Geschrei der Frau und hatten Mitleid mit dem bunten Kater, der durch das Alter nicht mehr so richtig sehen konnte und nun vom Hof gejagt wurde. Eines Tages umzingelten sie Mirko und machten ihm einen Vorschlag und sagten zu ihm:
„Lieber guter Kater Mirko, du hast uns nie etwas zu zuleidegetan und wir konnten über Jahre uns sehr vermehren und miteinander leben. Damit du aber nicht verhungerst und weiter deinen Käse bekommen kannst, wollen wir dir helfen!“.
„ Wie wollt ihr mir denn helfen. So kleine graue Mäuschen?“, fragte Mirko.
„Das ist kein Problem!“, sagte stolz die Obermaus und kam dem Kater näher.
Sie winkte bestimmte aus der Gruppe zu sich und machte ihnen vor, wie sie an das Fell des Katers springen und sich daran festhalten sollten. Flink sprangen sie an den Kater, hielten sich mit den kleinen Mäusezähnchen im Fell fest und verschlangen die Schwänze ineinander.
„ Nun“, frohlockte die Obermaus „jetzt kann die Reise los gehen. Wir haben ein altes verlassenes Holzhaus weit draußen auf dem Feld entdeckt, dort können wir alle zusammen wohnen und gemeinsam zur Käsefabrik gehen!“.
„Aber warum hängen all die Mäuse an meinem Fell“, fragte Mirko verwundert und wollte sich die Mäuseschar wieder abschütteln.
„Die sind schon alt und können nicht mehr richtig sehen, genau wie du, haben Hunger, genau wie du“, sagte ganz empört eine mittelgroße Maus, die einen besonders langen Schwanz hatte.
Eine andere Maus fiel ihr ins Wort und meinte:
„Solange ich lebe und zurückdenken kann, warst du immer gut zu uns allen, hast nie einen von uns gefressen, und darum wollen wir dir jetzt helfen!“.
„Ach so“, jetzt verstehe ich „solange ich noch sehen kann, soll ich Euch den Weg zur Käsefabrik zeigen!“.
„Ja, ja, ja!“, riefen alle anwesenden Mäuse im Chor und stellten sich freudig auf die Hinterbeine.
Diesen Anblick fand Kater Mirko so ergreifend, daß ihm die Tränen aus den Augen kullerten und er allen Umstehenden versprach, für ihr Wohlergehen zu sorgen.
„Dein Augenlicht wird immer schwächer und das vieler Mäuse auch, darum müssen wir uns gegenseitig beistehen!“, sagte die Obermaus und verschwand im Gebüsch.
Als die Dämmerung kam, versammelten sich alle an der gleichen Stelle, marschierten zuerst zum verlassenen Holzhaus, um sich ihre neue Unterkunft anzusehen. Danach ging es weiter über die Grenze zum ersehnten Käsehaus. Die blinden und fast blinden Mäuse hingen am Fell des Katers, bedeckten so seinen ganzen Leib. Es sah schon recht ungewöhnlich aus, der Marsch der Mäusekatze mit Anhang in der Abenddämmerung. Als sie von weitem den Käse rochen, hielt Kater Mirko inne, legte die Ohren nach vorne und befahl:
„Halt, nicht weiter, die machen heute noch Überstunden. Wir müssen geduldig warten bis die Menschen verschwunden sind!“.
Dann war es soweit, und der Kater ging in die Richtung der alten Holztür, zwängte sich mit seiner Last durch das Loch und alle anderen Begleiter hinter ihm her. Freudig piepsten die Mäusekinder durcheinander, denn sie hatten noch nie Käse gegessen und waren ganz aufgeregt. Viele Sorten lagen in dem Raum und alles wurde durchprobiert. Die Obermaus gab das Kommando zur Rückkehr und sorgte dafür, dass keiner von ihnen zurückblieb. Sie prägten sich den Weg trotz der Dunkelheit genau ein. Es kam der Tag, dass der Kater nichts mehr sah und ausgewählte Mäuse ihm piepsend voran gingen. Bei Hindernissen machten sie bestimmte Töne, damit Mirko Gefahren erkennen konnte. Manchmal kraulten die blinden Mäuse sein Fell, um ihm so ihre Dankbarkeit zu zeigen. Einer half dem anderen in Alter und Schwachheit.
Eines Tages sah der Revierförster durch sein Fernglas, entdeckte voller Angst dieses fremde Ungeheuer. Abend für Abend sah er das selbe Schauspiel, wie es sich über die Grenze schlich. Seinem Hund befahl er strengstens an seiner Seite zu bleiben, damit dieses unbekannte Wesen ihn nicht angreifen könnte. Bald sprachen die Leute der ganzen Grenzregion von dem unheimlichen „Grenzungeheuer“, das man nur von ferne beobachten darf, damit kein Unheil über die Menschen entlang der Grenze komme. So sah man den Mäusekater noch viele Jahre, umgeben von einer Riesenschar kleiner, lustiger, dicker Käsefresser. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann kann man sicherlich noch das „Grenzungeheuer“ an der niederländischen Grenze in der Dämmerung entdecken.
© Heidrun Gemähling