KLICKS UND CLIQUEN
Synthesen + Analysen in der Matrix
Eine Kolumne von Bergmann
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Marginalien zur Kunst unserer Tage
304. Kolumne
Ich schätze Anselm Kiefer am meisten wegen seiner Blei-Arbeiten, schwärme aber nicht von seiner Kunst. Baselitz, auch Richter, Lüpertz ... sie alle haben soviel Trash oder Dekoration in ihren Arbeiten, was mir nun mal nicht liegt. Am ehesten gefallen mir die Grisaillen Richters. Von Jonathan Meese gar nicht erst zu reden. Ich sah seine Ausstellung im Arp-Museum Rolandseck. Er ist talentiert, aber oft maßlos. Er sprengt die Regeln nicht als großes Genie. Der kindliche Anteil ist mir zu groß, die formenden Kräfte zu klein, er ist ein ‚Kind’ unserer Zeitgeist-Moden.
In letzter Zeit gehen mir die Museums-Moden auf den Geist. Die hochfahrenden Priester der Kunst, meist schwarz gekleidet, gerieren sich wie Gründer eines kollektiven Religionsersatzes. Die Museen der Modernen Kunst sind alle ähnlich: Leer, kalt, formalistisch – und überall sieht man die gleiche ‚Marke’. Ich war entsetzt, als ich in Essen das reformierte Folkwang-Museum (mit dem dauernden Bestand) besichtigte. Die Räume sind furchtbar öde, alles ist weiß (die Priester schwarz gekleidet), und die Moderne Kunst seit 1945 steht wie in einem Ghetto, fahl und blass, ausdrucksarm, hilflos im Dämmerlicht herum. Nun hat Essen sowieso kaum herausragende Kunst unserer Zeit. Mir tat das weh. Diese Leere würde ich nicht gern verwalten. Ich brauche nicht die Didaktiken der derzeitigen Kunstverwalter, allesamt Professoren und akademische Langweiler, Theorieschwätzer. Ich hoffe, diese Sorte von Gebildeten dringt nicht weiter vehement in den Bereich der Theater und Opern ein. Schlimm genug, was man an didaktischen Belehrungen hinnehmen muss. Ein gutes Theater oder Museum ist nur durch seine Kunst eine Erziehungsanstalt, nicht aber durch aufgesetzte Erklärungen und übergestülpte Verfremdungen und Verfremdungsverfremdungen ...
Was Türcke über die Kunst sagt, ist nur ein wichtiger oder möglicher Aspekt: Die therapeutische Wirkung auf unsere Seele – Welt- und Lebensbewältigung. Natürlich liegt in der formalen Gestaltung von Weltabbildung oder Verweisen auf Welt immer auch ein Erträglichmachen von Welt-Anschauung. Andererseits hat Kunst auch – neben Verrückung und Bannung – den Aspekt des Begeisterns, Verrücktmachens, Entfesselns. Drittens, in der Ausgewogenheit von Form und Inhalt das Schöne an sich, das sich auch von Inhalten lösen darf.
Für die Literatur gilt das meines Erachtens ganz genauso. Für mich ist die poetische Literatur nur eine Gattung der Kunst, die der Oberbegriff für optische, sprachliche und akustische Kunst ist. Bei der Musik bin ich mir da nicht so sicher; die Musik betont die Aspekte von Form und Gemüt stärker, sie hat nicht primär den Aspekt des Inhalts. Die sogenannte Programm-Musik ist ohne weitere Beschreibung oder Erläuterung als solche gar nicht erkennbar.
Kommentare zu diesem Kolumnenbeitrag
"Ich brauche nicht die Didaktiken der derzeitigen Kunstverwalter, allesamt Professoren und akademische Langweiler, Theorieschwätzer."
auch in der theologie. wdr5, heute früh die übertragung der kath. messe der münsteraner franziskanerinnen: "die predit hält prof. dr. oskar dingsbums." selbst die schämen sich nicht.
Gehetto/Ghetto.
ein sehr dichter text!
Vielleicht das:
Priester der Kunst, meist schwarz gekleidet, gerieren sich wie Gründer eines kollektiven Religionsersatzes.
Aber dafür könnte ich, obgleich nicht verlinkt, aber Wort für Wort plagiiert, bestraft werden, oder? Also ist das nicht meine Meinung, auch wenn die Majorität der Rabulisten rabulieren sollten: Doch,alter Lala, das ist sie.
Der kindliche Anteil ist mir zu groß, die formenden Kräfte zu klein, er ist ein ‚Kind’ unserer Zeitgeist-Moden, das könnte ich auch meinen, meine ich. Und ich meine das Kindlichkeit kein schlechter Ansatz ist den schwarz gekleideten Bergmännern zu begegnen. Aber warum? Wofür? Dafür müssten sie schon mit Haifischgebiss ihre Handtasche auf den Tisch knallen und mit heißem Herzen w o l l e n.
Will immer.
Lala