KLICKS UND CLIQUEN
Synthesen + Analysen in der Matrix
Eine Kolumne von Bergmann
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Zur dialogischen Natur des Aphorismus
350. Kolumne
Aphorismen sind monologisch formulierte Gedanken. Das Dialogische haben sie wie die Steine am Wegrand. Wenn ich über sie stolpere, muss ich reagieren. Aber die Steine sprechen nicht zu mir, sie sprechen mich vielleicht an in dem Sinne, wie eine schöne Frau mich anspricht. Aber die schöne Frau redet nicht wirklich mit mir, es sei denn, sie wollte mich reizen. Ob aber reizende Aphorismen dialogisch genannt werden können, bezweifle ich. Und ob ein Aphorismus ein dialogisches Potential besitzt oder ein Potential zum Dialog, das bezweifle ich auch.
Der Leser denkt über das, was er liest, nach, er denkt es weiter, oder er widerlegt es, im schlimmsten Fall versteht er es nicht. Da entstünde dann eine Art von Doppel-Monolog. Der dialogbereite Monolog-Leser kann nur seinen eigenen Monolog weiterentwickeln, indem er den gelesenen Monolog einwickelt in sein Selbstgespräch, das er aufstockt zu einem Gespräch mit einem stummen Gedanken, den er liest, und den er in sich selbst zum Reden bringt.
So kann am Ende ein Aphorismus tatsächlich noch zu einem gedanklichen Dialogpartner werden, aber nur durch mich, den denkenden Leser, der dem gefundenen Gedanken Leben einhaucht wie ein Gott, der sich in der Beschäftigung mit sich selbst langweilt und so den monologischen Dialog, indem er ihn in einen dialogischer Monolog verwandelt (oder auch umgekehrt), erst erschafft.