KLICKS UND CLIQUEN

Synthesen + Analysen in der Matrix


Eine Kolumne von  Bergmann

Dienstag, 01. Januar 2008, 22:27
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KEIN GESPENST GEHT UM IN KV

Kein Gespenst geht um in KV... Es ist ruhig geworden auf KV. Es gibt gar keine echten Streitereien mehr, schon gar keinen Diskurs über Literatur. Stattdessen stellen die lesbaren Wortführer der neuen Generation seit dem Sommer immer wieder nur ziemlich kindliche Fragen aus dem Bereich der Praktischen Philosophie, und KV wird mehr und mehr zu einer Schule des Banalen. Die bereits im spätpubertären Alter – das bei der Rollerkoffer-Generation noch weiter als bei der Golf-Generation bis in die Lebensmitte reicht, so dass die Midlife Crisis und zum Dauerproblem ab 35 wird – verpassten Lebensmöglichkeiten werden in Wisch-waschi-Woschanova-Threads ausgetauscht, deren Überschriften länger sind als die immer subjektiver werdende Mitteilung.

Gibt es denn wenigstens – bei der in letzter Zeit so stark wachsenden Zahl der Autoren – neue Talente zu entdecken? Ja klar! Ich nenne mal welche, die mir aufgefallen sind:

para.gone – die sehr junge Autorin schreibt erfrischende Prosa!
Muninn – ein Talent, das viel verspricht!
NilaVero – nicht ganz neu, aber auch eine talentierte junge Autorin.

Und die schon bewährteren Matadoren? Hier hebe ich auch ein paar Namen heraus, wo ich denke, hier bewegt sich etwas Neues:

Elias, der späte Anfänger, steigert sich in spiralischen Kreisen immer wieder! Ich finde sein Ringen um verschiedene lyrische Formen sehr erstaunlich, auch manche Ergebnisse. Er gehört für mich außerdem zu den großen Meistern des KV-Kommentars.

Azu20 – ist übrigens ein Vorgänger Elias’, auch er begann spät, Gedichte und Erzählungen zu schreiben, obwohl er in mittleren Jahren stark an Texten für das Schülerkabarett mitwirkte. Er arbeitet sich ins Moderne vor. Ihm geht es um Literatur.

Lyrine – ihr Neustart ist bemerkenswert nicht nur wegen der Kontinuität, sondern der Mehrgleisigkeit der lyrinischen Ergebnisse: Lyrine produziert einerseits im Umkreis des Steinchenwerfers – und, was viel bedeutender ist, in der viel dünneren Luft der neueren Lyrik, die auf KV so selten vorkommt.

LunAe – unternimmt immer wieder Vorstöße, die Ich-Du-Texte zu transzendieren, formal und inhaltlich, und ab und zu gelingt ihr das auch.

Alpha – wieder mit einigen alten entlöschten Texten präsent, pausiert wohl noch. Ich bin gespannt, was dann kommt. Eine zweite Geburt?

darkjoghurt – einer der talentiertesten, ideenreichsten Jungautoren schreibt leider wenig, wahrscheinlich arbeitet er sich ins Berufsleben hinein. Ich lese ihn besonders gern.

Jovan Jovanovic – endlich hat er sich zu seinem richtigen Namen bekannt. Leider hat er alle seine augsburg-Texte gelöscht, die besten hätte er behalten sollen, aber ich weiß nicht, ob das technisch möglich ist, frühere Texte mit Kommentaren auf den neuen Namen zu ziehen. Jovan hat jetzt ein ganz grandioses long poem geschrieben. Toll. Für mich bleibt er der innovierendste Lyriker auf KV.

ichi-jo – studiert, hat nicht so viel Zeit. Aber ihr Talent ist unbestritten. Sie schrieb einen der allerbesten Prosatexte hier: „Die Letzten der Welt“.

Theseusel – er hat wunderbare Gedichte, genau da finde ich ihn gut, wo er vom Konventionellen abweicht, wo er die magnetische Aura der Jahrhundertwendegedichte um 1900 durchbricht!

mica – sie hat sich in letzter Zeit etwas zurückgehalten, aber das wird ihr eine neue Phase neuer Texte in neuer Machart ermöglichen, was ich ihr trotz der allseits anerkannten sprachlichen Qualität sehr wünsche.

Cantalurp – steckt im Abschluss ihres Studiums, und trotzdem tröpfelt sie ein paar Lieder ins KV-Netz. Ich bin gespannt, wie es weitergeht mit ihr, wenn das Berufsleben sie vereinnahmt. Aber sie ist eine in der Kultur aufgehende junge Frau und wird bestimmt Autorin und Liedersängerin und Kulturbetreiberin in Köln bleiben. Eine der Lichtgestalten auf KV! Leise im Virtuellen, aber im Realen stark! (Chiasmus…)

eldude – auch ein sehr innovierender, immer besser werdender Autor. Er schreibt nicht übermäßig viel, aber immer das Besondere. Ich denke, er beginnt gerade jetzt, wieder anders zu schreiben. Beobachtet ihn! Es lohnt sich.

BohemianVibes – es ist nicht nur das Barbarische Sonett, das größte Sonett aller Zeiten auf KV (und überhaupt eines der besten Sonette, die ich kenne!), warum ich die junge Autorin nenne, sondern auch wegen einer Reihe anderer wunderbarer Sonette und Gedichte!

BrigitteG – ich nenne sie wegen ihrer vielen interessanten Kommentare bei allen Arten von Autoren. Sie begrüßt und vermittelt. Sie diskutiert gern und ist auch da vermittelnd – wie ihr sehr schätzenswerter Mann, AndreasG. Sie macht ihre Sache gut, auch als KV-Präsidentin.

bratmiez – sie gehört zu den wenigen, denen ich den Titel „Seele von KV“ gebe. Sie gehört zu den kommunikativsten und produktivsten Autoren, und ich schätze sie in ihrer literarischen Vielfalt und jugendlich gebliebenen Frische ihrer Gedichte, inneren Monologe und anderen Prosatexte! Wenn Janet ginge, bekäme KV Schlagseite.

don.mombasa – last not least! Auch er gehört natürlich zu den immer wieder innovierenden, witzigen und manchmal auch geistvollen Autoren, wenn auch oft zu verspielt und, ich erwähn’s nur en passant, verbohrt in sein trotziges Aufbegehren gegen mich, aber ich gebe ihm die Reibungsfläche, die er, der Jüngere braucht. Ich verzehre mich aber gern in meiner stets altruistisch gemeinten Kritik an Mombi und Zombi hier auf KV.

Ich habe bestimmt einige nennenswerte Autoren nicht genannt. Aber mein Gedächtnis lässt nach, je mehr ich hier lese. Ich schreibe bestimmt wieder eine Kolumne über Autoren, die ich schätze, entweder aus persönlichen oder literarischen Gründen (etwa: alois5, argot, Tom Müller, AlmaMarieSchneider, N.I.C.H.T.S, scalidoro, Owald …).

Die Geschichte aller bisherigen KV-Literatur ist die Geschichte von Qualitätskämpfen. Aber kaum einer merkt es. Matrix funktioniert. Mit einem Wort, KV schafft sich eine Welt nach ihrem Bilde: Der Off-Topics-Preis geht bestimmt bald an don.mombasa, nicht an Woschanova, nicht an Theseusel, auch nicht an Bergmann – Don hat von Anfang die größte Schlagkraft gehabt, auch bei den Pointen, die daneben gingen, so dass eben gerade darin die Pointe lag.

Die Autoren haben nichts zu verlieren als ihre Ketten im Kopf. Wir haben eine Welt zu gewinnen.

Ulrich Bergmann

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