KLICKS UND CLIQUEN

Synthesen + Analysen in der Matrix


Eine Kolumne von  Bergmann

Freitag, 01. Januar 2016, 23:37
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Robert Schaus (1939-2015) (Lyrik 47)

493. Kolumne


Robert gehörte zu den ersten, die ich bei meinem ersten Besuch 1992 in der Krautgarten-Metropole St. Vith kennenlernte. Zuletzt traf ich ihn im Sommer 2013 im Restaurant am Teich, wo wir uns angeregt über die Literatur und Kunst in der Euregio unterhielten. Sein Charme, der mir von Anfang an gefiel, und seine bestechende noble Art bleiben mir in guter Erinnerung, auch seine Bescheidenheit, mit der er über seine Poesie sprach.

Die Freundschaft zwischen unseren Zeitschriften, Krautgarten und Dichtungsring, hat Robert gepflegt, indem er mit mehreren Dichtungsringern korrespondierte. Ich hatte 1992 die Ehre, als die Gedichtzyklen von Leo Gillessen, Bruno Kartheuser und Robert Schaus unter dem Titel „Zeitkörner“ erschienen, eine ausführliche vergleichende Rezension zu schreiben, es war meine erste überhaupt. Immer wieder war ich mit seinen literarischen Arbeiten beschäftigt und veröffentlichte Gedichte und Prosaminiaturen im „Dichtungsring“. Auch eje winter, Ines Hagemeyer und Francisca Ricinski schätzten den Umgang mit Robert und seine Arbeiten.

Der Dichtungsring feierte 2006 sein 25-jähriges Jubiläum – und Robert kam nach Bonn gereist, zusammen mit Bruno und Leo. Als wir ein Jahr später in Eupen das 25-jährige Jubiläum und die 50. Krautgarten-Nummer feierten, entdeckte ich Robert als Künstler. Seither hadere ich mit mir: ob Robert der Künstler bedeutender ist als Robert der Dichter. Ich lasse die Frage offen.

Ich bin überhaupt beglückt, den Kraugarten kennengelernt zu haben. Bruno und Robert sind die ersten Zeitschriften-Redakteure, die ich persönlich traf. Ostbelgien! Ausland und Heimat zugleich, das vibrierte in mir. Robert sprach deutsch und französisch, wahrscheinlich auch flämisch, das ist ja wie in der Schweiz, dachte ich manchmal. Und dann dachte ich auch: Ausland ist das alles immer weniger, die Welt hat sich seit meinen Kindheitsjahren dramatisch zu ihren Gunsten verändert, jedenfalls in Mitteleuropa. Die deutschsprachige Gemeinschaft in Belgien sehe ich heute als vierfaches Glück – es ist ein großartig gelungener Wiedergutmachungsversuch, diese Gebietsabtretung an Belgien; es bereichert uns alle, denn diese Euregio-Zone ist ein besonders geeignetes Übungsfeld für ein Europa des Miteinanders; Deutschland gewinnt mehr davon, als es hergeben musste; und – last not least – die Deutschsprachige Gemeinschaft selbst profitiert von den Verhältnissen mehr, als ihr bewusst ist! Robert aber sah die Situation immer sehr klar, und so gelang es ihm auch, selbstkritisch zu sein in Bezug auf das, was wir Dichtungsringer immer als unerreichbare Privilegien ansahen. Als ich Robert einmal sagte, die deutschsprachigen Ostbelgier seien geradezu Kriegsgewinnler der besonderen Art, lachte er und meinte: Da hast du Recht! Das war natürlich überspitzt von mir, ein Aperçu maudit, aber er verstand mich, den armen Bonner Dichtungsringer, den unprivilegierten Volldeutschen. Ich bin überzeugt, Robert wäre auch ein guter Außenpolitiker geworden. Und vielleicht ist eure Euregio-Zone ein Schmelztiegel für derlei Berufe. Ein kulturelles Zentrum habt ihr ohnehin in St. Vith geschaffen. Robert hat mitgeholfen dabei.

Ein liebenswerter Mensch, den ich achtete, ist von uns gegangen. Das stimmt mich traurig. Aber ich rette mich in den Dank an seinen Schöpfer oder an die Natur, dass sie so einen guten Mann sich entfalten ließ.

Addio, Robert, merci, lieben Dank dafür, dass ich dich kennen durfte. Fare well, gehab dich wohl, da wo du bist, gibt es keine Schmerzen und keinen Tod mehr, und ob wir uns je wiedersehen werden – diese Frage lasse ich offen wie alle überflüssigen. Deine Werke leben weiter, und meine Erinnerung an dich, das ist gewisslich wahr.

Ulrich Bergmann

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Kommentare zu diesem Kolumnenbeitrag


 Dieter_Rotmund (22.01.16)
Lieber Bergmann,

aus journalistischen Gesichtspunkten und wenn Du willst, dass die Leser deiner Kolumne auch weiterlesen, solltest Du Ihnen so etwas wie "Krautgarten-Metropole St. Vith" nicht einfach vor die Füße werfen, sondern erläutern! Ich bin mir sicher, 99% aller kVler (einschließlich mir) wissen nicht, was dieser belgische Ort mit Krautgarten zu tun hat und was das bedeuten soll! (Bitte hier auch keine nachgelieferte Erklärung schreiben, die gehört in den Text!)

 W-M (22.01.16)
es gibt doch immer noch leute, die krautgarten und st. vith nicht kennen ... bildungslücke, aber von einem ausgemachten prosaiker nicht anders zu erwarten
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