Film & Fußball

Eine cineastische Mannschafts-Kolumne


Die Kolumne des Teams " Film & Fußball"

Dienstag, 12. November 2019, 09:05
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Eine Zweiklassengesellschaft des Sports

von  Dieter_Rotmund


Gastkolumne von  eiskimo

Schlittenhunde-Rennen in Alaska. Das Gespann „Klondike“ wird gesponsert von einer großen Fleischfabrik; es hat Huskies, die von den Top-Züchtern der USA bzw. Kanadas teuer zusammengekauft wurden. Der Gespannführer ist ein echter Profi, vielfacher Sieger bei den großen Winter-Events. Er konnte mit seiner Meute das ganze Jahr über trainieren, bei idealen Voraussetzungen Assistiert wird er von Ernährungsexperten, zwei Veterinären, einem Hunde-Psychologen und dem Technikteam, das sich um das Schlittenmaterial und die Unterbringung an den Trainings- oder Wettkampforten kümmert. Natürlich stehen dem Gespann „Klondike“ eigene professionell ausstaffierte Transport-Busse und ein Privatjet zur Verfügung.
Mit diesem absoluten Über-Gespann mithalten könnte am ehesten noch „Juneau“. Dahinter verbergen sich einige sehr ehrgeizige Privatleute, die ihr Hundeschlitten-Projekt als Aktiengesellschaft aufgezogen haben. Ihr großes Plus: Das Scouting. Seit einigen Jahren gelingt es ihnen immer wieder, enorm entwicklungsfähige Schlittenhunde ausfindig und wettbewerbsfähig zu machen. Natürlich ist ihr Budget deutlich kleiner, sie können auch nicht annähernd den materiellen und personellen Aufwand des Klondike-Teams betreiben. Aber wenn alle Faktoren optimal zusammenspielen, könnten sie den großen Favoriten vielleicht ärgern.
Wer kommt nach „Klondike“ und Juneau“ noch für einen der vorderen Plätze in Frage? „Fishhook“ ist ein Team, das fast ausschließlich auf „Eigengewächse“ setzt. Gespannführer und Helfer stammen alle aus dem gleichnamigen 5000-Seelen-Nest, desgleichen die Hunde. Alle zusammen sind beseelt von ihrem „spirit“, ihrem eingefleischten Teamgeist, fast wie bei einer verschworenen Großfamilie. Allen voran geht stets ihr charismatischer Stan, der seine Meute stets punktgenau zur Höchstleistung führen kann. Doch bei aller Begeisterung – er hat nur Außenseiterchancen.
„Nikiski“ wäre ein weiterer Außenseiter, den man nicht von vorn herein abschreiben darf. Auch nur eine „halbe Portion“, wenn man sein Budget betrachtet, aber er hat sich sehr gezielt verstärkt durch neue Hunde aus Russland und sogar Nordchina. Sie sind alle ausgesprochen hungrig, erfolgshungrig, in dieser jungen Truppe. Dennoch – bei realistischer Betrachtung wäre ein Platz unter den ersten fünf schon ein Riesenerfolg.
Bliebe noch eine Handvoll anderer Gespanne – „Kodiak“, „Kotzebue“, „Yakutat, „Kenai“ und „Kalifornsky - allesamt nur halb-professionell betreut, mit magerem Finanz-Volumen und ohne potentes Management. Sie werden das Starterfeld auffüllen, um dem Publikum ein bisschen mehr „fürs Auge“ zu bieten und dann hinterher laufen - mehr nicht.
Es ist im Grunde eine Zweiklassen-Gesellschaft, das haben schon viele Beobachter gemerkt, und darunter nicht nur die Kenner der Szene. Einige Kritiker haben es sogar noch drastischer formuliert: „Es ist gar kein fairer Wettbewerb mehr, weil völlig ungleiche Voraussetzungen da sind!“ So sei von vorn herein absehbar, dass „Klondike“ gewinnt. Alle Vorteile kämen da massiv zusammen. Ein sportlicher Reiz, der Reiz des ungewissen Ausgangs, wäre also gar nicht mehr gegeben.
Und geradezu nostalgisch erinnerten ein paar Veteranen des Hundeschlittensports: „Das waren noch Zeiten, als nicht die Sponsoren und Profi-Manager das Geschehen diktierten, sondern wir Aktive selber! Und wir wollten mit unseren Kötern und den simplen Schlitten nur Spaß haben und ehrlichen Sport.“

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