Film & Fußball

Eine cineastische Mannschafts-Kolumne


Die Kolumne des Teams " Film & Fußball"

Mittwoch, 18. Januar 2023, 17:41
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Was ist Deine Lieblings-Filmepoche?

von  Dieter_Rotmund


Kürzlich sagte ein Kolumnen-Kommentator auf keinverlag.de, die beste Zeit des Kinos sei von 1950 bis 1980 gewesen. Das hat mich zum Nachdenken angeregt. Was sind denn die verschiedenen Filmepochen, vom heutigen Rezipienten aus gesehen? Und warum könnte man sich für die eine Epoche mehr erwärmen als für die andere? Zumal der Epochenbegriff an sich als umstritten gilt. Dennoch kann man sich  als Zuschauer für bestimmte "Phasen" einfach mehr erwärmen als für anderen, oder?

Sich für die Filme der Stummfilmzeit (1895 -1927) zu begeistern, das ist selten, gilt es doch als "super old school", zumal die woke Jugend vermutlich diese Filme pauschal ablehnt, weil ihn einigen wenigen "Blackfacing" gemacht wurde. Die Stummfilme - Schnell abgedreht, auf den Markt geworfen und gezeigt, danach meistens weggeschmissen, um einen Erhalt wollte sich kaum einer kümmern. Nur etwa 30 Prozent der Stummfilme von damals sind noch erhalten. Jedoch waren diese Filme insgesamt ein großer kommerzieller Erfolg. Es bleiben uns immerhin recht viele Perlen des Stummfilmkinos erhalten, vor ein paar Tagen sah ich Murnaus Faust - eine deutsche Volkssage (D 1926) im Kino - grandios, wenn auch mit ein paar Längen nach Gretchens erstem Auftritt. Man muss sich darauf einlassen können, womit ich nicht sagen will, dass zu Stummfilmen per se ein Zugang schwierig sei. Gefühlt konnte man in den letzten Jahren wieder vermehrt Stummfilm-Aufführungen im Kino sehen, oft mit Live-Musik. In Deutschland gibt es gleich mehrere Stummfilmfestivals.
In der kurzen Phase des Vorkriegsfilms (1928 - 1940), so will ich ihn mal diesen "Epoche" nennen, gab es einige interessante Werke, von M (D 1931) über King Kong (USA 1933) bis The Wizard of Oz (USA 1939)
Der zweite Weltkrieg brachte eine Zäsur. Zuvor startete der Tonfilm durch, eine Übergangsphase mit naturgemäß nur wenigen Highlights. 
Die, so meine Einteilung, folgende Epoche kann man vielleicht als  
Kino-Hoch (1941 bis 1980) bezeichnen. Der Gang ins Kino war nicht nur für viele Menschen ein wöchentliches Vergnügen, in dieser Zeit versammeln sich viele Werke, die Meilensteine setzten, die bis heute gültig sind. Ich weiß gar nicht, was sich da jetzt rauspicken sollte. Ich mag durchaus die alten Schinken vor dem amerikanischen New Cinema, und für die Fassbinder-Filme kann ich mich kaum erwärmen, erkenne aber deren Wichtigkeit für weiteren inhaötlich Entwicklungen an. Opas Kino brauchte damals einfach was Neues.
Ab Ende der 1970er Jahre startete dann einige Filme, die ein 
Franchise-Tief (1981 - heute), so will ich es nennen, einläuteten. Sogar der Academy Award (Oscar) bzw. dessen Verleihung geriet ins Schlingern, denn solche "Serien-"Filme, Franchise, genannt, waren kaum noch auszuzeichnen, bedienen sie doch nur dumpfe 08/15-Unterhaltung, ohne Tiefe und Nachhall. Daneben gibt es aber noch den Strang der in Cannes, Berlin und Venedig (u.a.) ausgezeichneten Filme, die zwar Film und Filmkunst weiterentwickeln, aber in den Mainstream-Multiplexkinos nicht mehr zu sehen sind. Nur noch Nerds (und Dietmar Dath) beschäftigen sich intellektuell mit dieser Flut von Superhelden-Filmen, das Paradebespiel für das Franchise-Konzept, dass an das frühe Studio-System erinnert, in dem die Schauspieler vertraglich an die Studiobosse gekettet waren. Dabei geben dieses Filme kaum etwas her, was man auf einer künstlerischen-gesellschaftlichen Ebene diskutieren könnte.
Natürlich lassen sich Filmepochen noch territorial eingrenzen und beschreiben. So finde ich z.B. das jüngere italienische Kino spannender als Italowestern und der italienische Neorealismus. Ich persönlich würde mich eher darauf verlegen wollen, bestimmte Genres zu bevorzugen, z.B. dass das deutsche Drama weitaus besser ist als die deutsche Komödie. Die französische Komödie ab 1990 empfinde ich wiederum gekonnter als die französische Komödie davor. Die US-Amerikaner können seit D.W. Griffith einen Film epischer anlegen als alle anderen, wobei ihnen diese Fähigkeit seit etwa seit 2010 zu entgleiten scheint. 
Was ist deine Lieblings-Filmepoche, dein Lieblings-Genre?



Sorry wegen der RS-Fehler, ist nur schnell reingerotzt...

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Kommentare zu diesem Teamkolumnenbeitrag


 Terminator (19.01.23, 01:22)
Die 40-er gehören schón zu der Höhezeit des Kinos, durchaus. Das "Franchise-Tief" beginnt aber schon mit dem "Krieg der Sterne" (1977). Bis in die 90-er gibt es immer noch Meisterwerke in der Kategorie Blockbuster (nicht: Geheimtipp, wie z. B. "Menschenfeind" (1998, Gaspar Noé)): Alien, Blade Runner, Terminator, Total Recall, Jurassic Park (um nur das Sci-Fi-Genre zu nennen).

Rambo- und Nightmare-Filme, das Original jeweils ein abgeschlossenes Meisterwerk, werden zu Franchises; nach einer gewissen Zeit starten Filme bereits als Teil 1 einer geplanten Kino-Serie. Bei Terminator und Alien übetrifft die Fortsetzung sogar das Original, aber der zweite Teil bildet zugleich den logischen Endpunkt, worauf später keine Rücksicht genommen wird: Alien 3 (1992), Terminator 3 (2003) sind dann nur noch B-Movies mit Kino-Budget.

Seit ca. 2010, vielleicht schon früher, ist das Kino selbstreflexiv (die Metamoderne). Der Generalschlüssel zum Horrorfilm: "The Cabin in the Woods" (2012). Tarantinos Meta-Film: "Once Upon a Time in Hollywood" (2019). Die Vorläufer sind Clint Eastwoods Meta-Western "Unforgiven" (1992) und Wes Cravens Meta-Slasher "Scream" (1996).

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 21.01.23 um 12:48:
Ja, mit Star Wars begann der Franchise-Mist, die von mir gewählte Jahreszahl darf man nicht auf die Goldwaage legen.

Kürzlich sah ich Rambo (1982). Ein für seine Zeit sehr ordentlicher Film, aber ein Meisterwerk ist das nicht. Ebenso wenig Jurassic Park (1993), Rocky (1976) oder Resident Evil (2002).
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