Vom Teddybären, dem ein Bein fehlte, Teil 3.

Kindergeschichte zum Thema Andere Welten

von  Omnahmashivaya

Es war schon spät, als die Frau mit der Basttasche und dem Einbeinbären zu Hause ankam. Sie hatte den ganzen Tag gearbeitet. Schulen, Cafeterien und Kaufhäuser geputzt und zwischendurch noch wichtige Angelegenheiten geklärt. Das Treppenhaus war sehr kühl und ein modriger Geruch lag in der Luft. Die Tapete war zum Teil heruntergerissen und einige bunte Schriftzüge waren an die Stufen und die Wand geschmiert. Im fünften Stock angekommen, setze die Frau die Tasche kurz ab, seufzte erschöpft, kramte den Schlüssel aus der Tasche und schloss auf. Ihr Mann erwartete sie schon. In seinen Augen sah sie, dass etwas passiert sein musste. Ihr Mann saß am Tisch in der kleinen Wohnküche, hatte den Kopf auf die Hände gestützt, guckte sie sehr ernst an und nickte. Die Frau war nahe daran zusammenzubrechen, ihr Mann sprang auf und hielt sie fest. Sie weinte bitterlich. Auch ihm  rannen große Tränen über das grobporige Gesicht. Er hatte seinen Job verloren. Schon Tage vorher wurde angekündigt, dass Mitarbeiter entlassen würden, weil die Firma die Kosten für alle Mitarbeiter einfach nicht mehr tragen konnte oder wollte und Maschinen immer mehr für die Arbeit eingesetzt wurden. Er war Einer der Unglücksraben. Ohne Rücksicht auf seine immer gut erledigte Arbeit, seine Teamfähigkeit und dem Aspekt, dass er Frau und Kind hatte und Weihnachten vor der Tür stand, wurde er entlassen. In dem Moment fühlte er sich von aller Welt verlassen. Tausende Gedanken strömten auf ihn ein wie riesige Wassermassen.
An dem Abend redeten die Frau und der Mann noch sehr lange.
Zwischendurch schaute die Mutter ins kleine Kinderzimmer ihrer Tochter. Sie schlief in ihrem Bettchen. Sie hatten den Tag bei der Großmutter verbracht und war müde vom Spielen.
Wie friedlich sie da lag. Die Kleine war ein Segen.
Die Mutter musste an den Bären denken und für ein paar Sekunden war ein Lächeln auf ihrem Gesicht zu sehen, welches sehr schnell verstarb. Die Gedanken an die familiäre Situation machte ihr zu schaffen. Wo sollte Alles noch hinführen?
Morgen war Weihnachten und außer dem Bären und ein paar Süßigkeiten und ein kleines Weihnachtsessen würde es nichts geben. Das Geld war knapp.
Wie gerne hätten sie der Kleinen mehr geboten. Sie war so ein Engelchen auch wenn die Kleine jeden Tag für Trubel sorgte. Ein paar Tage zuvor hatte sie sich ihr Beinchen gebrochen, weil sie wegen einem Tobsuchtanfall vom Tisch gesprungen war. Das Mädchen liebte Bären über Alles und war trotz ihres zarten Alters von sechs Jahren sehr traurig und empört über die wahre Geschichte eines jungen Braunbärens, der leider erschossen werden musste. Der Bär streifte wochenlang in Menschennähe und Siedlungen herum und sollte eingefangen werden, um in einem Bärenfreundlichen Gebiet ausgesetzt zu werden. Gespannt verfolgte sie Nachrichtensendungen in dem klitzekleinen Fernseher und fragte Passanten, Kindergärtnerinnen und ihre Eltern ständig, was aus dem Bär geworden sei. Irgendwann kam die Nachricht, dass der Bär tot sei. Kurz nach dem Sandmännchen. Die Eltern konnten es nicht verhindern und mussten mit ansehen wie ihre kleine Tochter wütend stampfte auf den Tisch stieg und auf den Boden sprang. Sie brüllte dabei wie am Spieß und die Eltern erschraken sehr. Die Kleine war unglücklich umgeknickt und musste noch abends ins Krankenhaus. Mit einem dicken Gips kam sie später wieder nach Hause. Sie war klein, aber ausgesprochen tapfer und beruhigte sich sehr schnell.
Nun lag sie friedlich in ihrem Bett, keinen blassen Schimmer von den Problemen, die noch auf sie zukommen würden. Die Mutter schaute ihr noch eine Weile zu, atmete tief durch und legte sich später auch zu Bett.
Den Bären dem ein Bein fehlte, stellte sie mit der Basttasche oben in den Küchenschrank.
Dort war es ein wenig stickig und dunkel. Oskar fürchtete sich ein bisschen. Aber er wusste, dass er in dieser Familie einen Platz gefunden hatte. Er hatte die Gespräche des jungen Paares mitbekommen und an den Gesichtsausdrücken sah er, dass es Menschen gab, die noch viel trauriger waren als er es gewesen war, als er verschmäht und verdreht im Müllkorb lag.
Er wusste, dass am nächsten Tag Heilig Abend war und war sehr gespannt auf das Kind, welches ihn aus buntem Papier reißen würde und an sich drücken würde.
Sein sehnlichster Wunsch würde in Erfüllung gehen.
In einem Stück Alufolie, auf die ein Schimmer Licht fiel, weil die Schranktür nur angelehnt war, übte er schon einmal ein freundliches Brummbärlächeln, wackelte mal mit den linken Ohr, mal mit dem rechten Ohr, zuckte mit der Nase und drückte ein Knopfauge zu. So würde er doch bestimmt Allen gefallen.
Er musste schon gar nicht mehr an sein fehlendes Bein denken. Der Bär machte es sich in der Basttasche bequem, strich einmal mit der Tatze über seine dicke weiche Knuddelbrummbärwampe und schwebte wieder in die Welt der Träume…

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Kommentare zu diesem Text


 rela (01.07.06)
Eine hübsche Bärengeschichte und mir scheint, Bruno ist
auch ein wenig durch den Text gestapft. Hab ich gerne gelesen, Grüsse Rela

 Omnahmashivaya meinte dazu am 01.07.06:
Hallo, vielen Dank für den Kommentar. Die Geschichte geht auch noch weiter die Tage. Bruno ist durch diese Geschichte gestapft, stimmt, und wird demnächst auch eine eigene Geschichte bekommen Einen schönen Tag, Gruß Sabine

 NormanM. (26.07.09)
Traurige situation mit den eltern. Bin mal gespannt, wie die story weiter geht, ich hoffe, es wendet sich noch zjm guten.
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