Lärm. Martin hetzt durch die Straße, vorbei an röhrendem Metall, murmelnden Schemen und brüllenden Stämmen, die ihre Äste wie ein Geflecht über den Weg legen. Kein dumpfes Moos, nur knacken und prasseln, Schritte brechend wie Wellen. Er stolpert, greift haltlos und bekommt einen schrillen Ton zu fassen. Eine Entschuldigung verlierend hastet er weiter. Gerade aus, links und rechts Töne: dutzend, hundert, vielleicht tausend? Das Geschrei verdichtet sich. Zwei heulende Sirenen fallen ein. Aus Einem Lärm wird ein vierköpfiges Ungeheuer, das abwechselnd röhrt, brüllt, schreit, schnaubt, stampft und alles vermischt. Martin steht. Keucht. Röchelt. Unter das Stakkato der Tonindustrie mischt sich bedächtig, aber fordernd, unterschwellig, aber doch alles übertönend, erst sanftmütig, dann penetrant, lieblich, dann höhnisch, ein hymnischer, alles durchdringender Ton.
Gejagt. Gehetzt. Gefasst? Ein verzweifelter Seufzer, keine Wahl, und Martin stürzt sich in Richtung eines Kopfes, hinein in den Schlund. Er rennt. Vorbei an fauchenden Maschinen, ihre Schlünde wie Schlangen zuschnappend, vorbei an kreischenden, und gleich fluchenden Gebilden, vorbei an wütenden Rufen, nacktem Geschrei; die, seine panische Hast – ist fremd.
Das Flüstern der Angst erhebt sich zu einem Echo, hundertfach zurückhallend aus den Schluchten der Lautewelt. Der eine Ton, kurz verklungen, schwillt an, um sofort, nach einem kurzen, eindringlichen Biss, abzuebben. Plick, Plack, Plick, Plack. Von den Höhen beginnen kleine, dumpfe Tönchen, erst sanft und leicht ein paar, dann hart und schwer ganz viele, ihren Weg in das Getöse hinein zu suchen, ihren Weg zu bahnen, bis aus dem Rieseln ein mörderisches Prasseln geworden ist, das in die Flut der Laute einstimmt. Die Tonlandschaft beginnt zu verschwimmen, überall, überall wie ein entfesselter Minotaurus wütet der Ton der Unterdrückung.
Doch da!
Martin schlingert inmitten der aufgewühlt bellenden See; Und dort! ein schmales lautfremdes, klangloses Gäßchen, sanft schaukelnd, am Rande des Gewitters – noch blitzt es nur, aber bald schon wird man den Donner hören. Rettung, dorthin, er muss! Martin strauchelt, stolpert, kriecht, wirft sich vor, kratzt, kämpft, umkreist von Hyänen, hungrig, ausgemergelt, lang schon ohne Futter – das Aas, die Musik. Die Gasse, eine Tür, Martin hört die Stille. Inmitten der auditiven Apokalypse, der Tod auf dem Notenschlüssel reitend, die Pest dumpf paukend, das Feuer knackend und prasselnd, der Hass, eine Sirene des Odysseus, kreischend. Vier Jäger. Eine Beute. Vier Töne. Ein Ohr. Zwei Notenstufen entfernt: Rettung, er ist da -
doch!
Schmerz. Hämmernd, pochend, lechzend, spitz, verletzend. Der Ton. Er ist da, ist alles, ist. Das Stakkato, der Lärm, das Geschrei, hymnisch, rhythmisch, alles ihm folgend, wogend, hin und her, ekstasisch bebend, organisch, kraftvoll, blutrünstig verzückt, animalisch, dämonisch. Fratzenhaft erhebt sich der teuflische Klang, unerträglich pfeifend, niemals tragbar, alles erfüllt, Zeichen der Endzeit, ein Ton, hinübergleitend in die Sphären des Hades, knöchern greift er zu, ein letztes Gellen und...
Martin fort. Kein Knarzen der Tür der Erlösung. Stille.