Teil 16

Roman

von  AnastasiaCeléste

Er ließ sich mit dem Fahrstuhl von der Tiefgarage direkt in die Chefetage fahren.
Er nickte Corvins Wachleuten zur Begrüßung zu und schlüpfte wenige Sekunden später in die Räumlichkeiten seines Chefs.
Corvin saß an seinem Schreibtisch, vor sich einige Unterlagen, mit denen er sich gerade beschäftigt hatte.
Die Blicke der beiden Männer trafen sich und Ave war sofort klar, dass Corvin Großes zu verkünden hatte.
Nach dem üblichen Small Talk kam der Boss schnell zur Sache. „Du wirst sicherlich an meinen Plakaten vorbeigekommen sein. Und natürlich hast du die Bauarbeiten in der Stadt bemerkt.“
Ave nickte knapp: „Dieses Projekt solltest du mir vielleicht mal näher erläutern.“ „Genau das hatte ich jetzt auch vor“, stimmte Corvin zu und lehnte sich dabei entspannt in seinem Chefsessel zurück.
„Du hast die Plakate gelesen, natürlich hat das alles so seine Richtigkeit. Diese Chips, die jedem implantiert werden, können dazu beitragen Straftaten aufzuklären, wenn man es will“, er lächelte wissend. „Das Ganze wird durch eine Art GPS Sender ermöglicht, sodass man jederzeit weiß, wer sich wo befindet. Verstehst du? Es ist mir möglich zu sehen, was in der Stadt vor sich geht.“ Er machte eine theatralische Pause. „Ich plädiere an die Sicherheit der Bewohner. Aber mein Lieber, wie du dir sicherlich denken kannst, wäre diese Aktion nicht von mir, wenn ich davon nicht auch einen eigenen Nutzen hätte.“ Sein fieses Lächeln wurde zu einem breiten Grinsen.
„Auch ich fühl mich natürlich sicherer, wenn ich die volle Kontrolle habe“, gab er ohne Umschweife zu.
Ave forschte nach: „Das kann ein Vorteil sein. Aber was ist, wenn du die Leute erkennen, dass Sie kontrolliert werden, oder sich allgemein gegen die Idee des Chips stellen?“
Corvin, schien eine Weile über Aves Einwände nachzudenken. Er atmete tief aus und schien vollkommen entspannt zu sein. Für ihn gab es kein „Aber“. „Ave, du weißt genauso gut wie ich, dass ich die Mittel und Wege habe, um die Leute gefügig zu machen und die werde ich ohne Diskussion auch anwenden.“
Ave hatte nichts anderes erwartet. Gerade als er dachte, die Aufklärung sei beendet, räusperte sich Corvin bedeutungsvoll und tippte etwas in seinen Laptop.
„Ich betone immer wieder, dass du mein bester Mann bist und ich somit auch ein großes Vertrauen in dich habe.“ Begann er zur Verwirrung von Ave. „Also werde ich dir eine kleine Kostprobe von meinen möglichen Mitteln geben, von der die Menschen draußen vorerst nichts erfahren werden.“ Er betonte den letzte Abschnitt so konsequent, dass Ave sofort verstand, dass es eine indirekte Warnung an ihn war, trotz allem Vertrauen. Corvin vertraute eben niemandem, auch nicht seinem „besten Mann“. Der Boss rief seine Wache herein und diese schien sofort über ihren Auftrag Bescheid zu wissen.
„Setzt dich doch.“, bat Corvin ihm währenddessen an und Ave tat, was ihm gesagt wurde. 
Er spürte, dass nichts Gutes passieren würde. Irgendetwas lag in der Luft, dass Corvin förmlich erfreute.
Ungefähr zwei Minuten später ging die Tür einen Spalt breit auf und ein schwarzhaariges Mädchen stolperte hinein. Ave brauchte nicht abwarten, bis sich ihre Blicke trafen - es war Colby.
Ave musste sich stark zusammenreißen. Er durfte sich nichts von seiner Wut und seinem Schock anmerken lassen.
Colbys sonst so aufgeweckte Augen trafen ihn mit einer Wucht, dass er vor Anspannung die Zähne zusammen biss. Das wilde Grün wirkte leblos. Und hätte er das bedrückende Schweigen nicht so deutlich wahrgenommen, hätte er sich womöglich eingebildet, sie würde ihn laut um Hilfe anflehen.
Natürlich hatte Corvin Sie bewusst ausgewählt, weil er wusste, dass Ave etwas für sie übrig hatte, auf die eine oder andere Weise. Unter seiner riesigen Frauensammlung, musste er Colby wählen. Vielleicht als Test? Ave wusste es nicht, aber er wusste, dass die nächsten Minuten ihre Freundschaft auf eine harte Probe stellen würden. Der Ausgang war jedoch besiegelt. Beide würden sie dieses Schicksal wortlos annehmen. Zu gefährlich wäre ein Eingreifen von Ave’s Seite oder das Preisgeben ihrer freundschaftlichen Verbindung durch Colby. Corvin ergötzte sich an dem Leid anderer. Wenn er gewusst hätte, das Colby für ihn mehr als seine Lieblingshure ist, hätte er dieses Wissen erst recht ausgenutzt und hätte somit etwas in der Hand, mit dem er seine Macht weiter verdeutlichen konnte.
Corvin unterbrach die Stille: „Ich habe einige Mädchen ausgesucht, die als gutes Beispiel vorangehen sollen. Früher oder später werden sie eh alle einen Chip tragen. Lass mich dir nun eine kleine Kostprobe geben, von den Möglichkeiten, die diese Technik bietet.“
Corvin tippte etwas in seinen Laptop. „Bei Ungehorsam zum Beispiel, kann man quasi mal ganz einfach an der Leine ziehen.“ Corvin drückte eine Taste und im nächsten Moment stöhnte Colby auf, als hätte man ihr einen schweren Schlag versetzt.
Ave saß wie erstarrt auf seinem Stuhl und wagte nicht den Blick von ihr abzuwenden.
„Das nur, um die Aufmerksamkeit zu auf sich zu lenken.“ Ein paar Klicks mit der Maus und die Demonstration ging weiter.
Colby warf den Kopf in den Nacken, nicht im Stande sich dagegen zu wehren. Ihre schönen Lippen schmerzverzerrt. Sie kam ins Straucheln. Ihr Körper war angespannt, vollkommen bewegungsunfähig.
Auch Ave war angespannt. Jede Faser seines Körpers wollte aufspringen und eingreifen. Es kostetet ihn die größte Konzentration den Anblick seiner gepeinigten Freundin zu ertragen und wusste doch zugleich, dass es noch nicht vorbei war.
Corvin hingegen war in seinem Element. Er zehrte von jedem Zucken ihres Körpers und es kostete ihn Überwindung dieses Schauspiel zu unterbrechen.
„Großartig,  nicht wahr?“ wandte sich der Boss an seinem Mitarbeiter. Ave fand keine Worte.
Unbekümmert darüber, machte Corvin weiter. „Es gibt natürlich immer wieder Fälle, in denen es darauf ankommt seine Feinde, Gegner oder was auch immer, für eine Weile auszuschalten. Das ist kein Problem für dieses kleine Wunderwerk der Technik. Diese Chips gehen nach kürzester Zeit eine perfekte Symbiose mit dem Nervensystem ein und ermöglichen somit die Kontrolle über den Körper des Trägers. Schau es dir an“, empfahl Corvin, hörbar berauscht.
Nur zwei weitere Klicks genügten.
Colby warf erst den Kopf in den Nacken, strauchelte ein paar unbeholfene Schritte zur Seite und ging schließlich mit einen schmerzgeschwängerten Stöhnen in die Knie. Ihr Körper war bis aufs äußerste gespannt und doch sank sie zuckend in sich zusammen um letztlich leblos auf dem Boden liegen zu bleiben.
Ihre Augen waren noch einen Moment halb geöffnet. Dann schlossen Sie sich beunruhigend langsam ganz.
Ave war wie in Trance. Er musste ein paar Mal schlucken und tief durchatmen, um sich wieder zur Besinnung zu rufen.
Als er sich zu Corvin umdrehte, erwartete dieser ihn schon mit einem zufriedenen Blick. Er wartete auf einen Kommentar. „Das ist beeindruckend, Corvin“, setzte Ave langsam an.
„Zugegebener Weise auch erschreckend, aber ich verstehe, welchen Zweck es erfüllt.“
Ave sah die Erregung in Corvins Blick. Sein Boss war besessen, ohne Zweifel. Ein bluttriefendes Monster saß ihm gegenüber. Ave hatte sich halbwegs wieder gefangen und wurde mutiger. Er musste die Situation nutzen, um ihm Informationen zu entlocken.
„Wenn diese Technik zu so etwas fähig ist“, er deutete in Colbys Richtung. „Könnte Sie auch töten?“
Corvins Lippe verzogen sich zu einem triumphierenden Lächeln. „Die Möglichkeit besteht“, gab er zu und hielt sich mit dieser Aussage eher bedeckt.
Gerade hatte Ave das Thema schon innerlich fallen lassen, als Corvin sich wieder einschaltete: „Soll ich es dir demonstrieren, Ave?“ Seine Augen wanderten voller Vorfreude auf Colby, die noch immer totengleich auf dem Boden lag.
Ave hätte es ahnen müssen. „Nein, das war nur eine rein hypothetische Frage, die keiner Demonstration bedarf. Ich kann es mir vorstellen. Ich komme vielleicht darauf zurück, wenn es um wirkliche Feinde geht“, versuchte Ave ihn abzulenken und er hoffte inständig, dass sein Boss es dabei belassen würde.
Zu seinem Erstaunen lehnte sich Corvin zurück in seinen bequemen Chefsessel und hatte  keinerlei Einwände. Er entließ Ave mit der Erklärung, dass er heute keine weiteren Aufträge für ihn habe und hielt ihn noch einmal an, um ihm zu sagen, dass er es für selbstverständlich hält, dass Ave sich in den nächsten Tagen als gutes Vorbild chippen und somit registrieren lässt. Ave nickte pflichtbewusst und versuchte es so nebensächlich wie möglich klingen zu lassen, als er fragte, ob er Colby gleich mit rausnehmen sollte. Corvin winkte das nur mit einer wegwischenden Geste ab.
Ave wartete keine Sekunde länger. Er ging hinüber zu der bewusstlosen Frau, hob sie vorsichtig auf und verließ ohne ein weiteres Wort mit ihr den Raum.
Er tat sich schwer damit, seine Sorge um Colby und seine Wut im Fahrstuhl unter Kontrolle zu halten. Wohl wissend, dass dieser mit Kameras überwacht wurde.
Er ließ sich auf die Etage bringen, auf der Colby ihr Zimmer hatte.
Die Blicke der Mädchen, an denen er im Flur vorbeieilte, waren erschrocken bis ängstlich. Entweder dachten Sie Colby sei tot, oder sie wussten genau, was ihr wiederfahren sein musste.

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Kommentare zu diesem Text


 TrekanBelluvitsh (02.03.14)
Brutalität und der Traum aller Himmlers dieser Welt.
Graeculus (69)
(02.03.14)
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DocHerb (44) meinte dazu am 05.02.16:
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