Erdbeben der Liebe II
Erzählung
von pentz
10.07.2014
„Ich kann Ziele verfolgen. Ich habe das vor meinem 2. Kind bewiesen. Ich werde es hier auch machen!“
Aber die Abmagerungskur klappt nicht, das erste Mal nicht durchgehalten, weil sie ihrem Vater erzählte, sie habe sich wieder getrennt und er sauer reagiert hat. Sie habe deshalb nicht hungern und Sport treiben können.
Das nächste Mal ist ihre Zielstrebigkeit von einem ungebührlichen Verhalten ihrer älteren Töchter unterminiert worden und ins Stocken geraten.
„Ich muss viel in meine zweite Scheidung stecken, um auch in der Türkei rechtlich als geschieden zu gelten“, aus Sorge, dass nicht eines Tages ihre Kinder „weggeworfen“ (=ausgestoßen) würden.
Gestern telefoniert. Sie singt mir etwas vor, synchron zu einem von einer Interpretin gesungenes Lied.
Sie stoppt, blättert in ihren Unterlagen, schaltet wieder ein Gerät ein, damit sie ein anderer Sänger begleiten kann.
„Ach, ich habe so Kopfweh!“
„Kann das sein, zu viele elektrische Geräte eingeschalten zu haben, Telefon, Internetverbindung und wegen diesen elektrischen Stuhls Kopfschmerzen kriegst!?“
Am nächsten Tag bin ich nach Nürnberg zur Ex-Freundin Angela Merkl gefahren, um bei ihr zu übernachten. Nur widerwillig hat sie es erlaubt und mir Unterkunft gewährt. Aber am nächsten Tag hat sie die Kaffeemaschine versteckt, weil ich sie „dauernd“ vergesse auszuschalten. Ich habe einfach den Gasofen genommen, diesen nun vergessen auszuschalten und als sie Abends nach Hause kam, glaubte sie, der Blitz träfe sie.
Ich konnte an diesem Tag meinen Cousin Manfred Reiter im Heim rechtzeitig, vielleicht wollte er doch auf seiner Mutter Beerdigung, über deren Tod informieren.
Rückzug! Auszeit! Freizeit!
Abends bin ich dann versumpft, einen Einwohner meiner Stadt kennengelernt, einen adoptierten Inder, schwarz. Wir redeten und protzten mit unseren verschiedenen Sprachen, die wir kannten, nur bei Türkisch stoppte er und sagte: „Das will ich auch nicht kennen!“
Eine klare Position. Warum wohl? Obwohl er doch selbst Ausländer in der Kleinstadt ist? Aber gegen diese Minderheit scheint er doch große Einwände zu haben.
16.07.2014-07-16
Anteil an dem Verlauf ihres Lebens habe ich insofern, als wir in Rumänien miteinander geschlafen haben - sie hatte einen Freund, ich eine Freundin. Ich trennte mich gleich danach von meiner. Mir fehlte der Schlüssel bislang, aber dieser hatte nichts mit Gülgün zu tun. Dieser war nicht, dass ich ihr erzählte, ich sei mit einer anderen in die Kiste gestiegen. Es war ein anderer - egal, keine berühmte Tat, aber eine gute Idee! Aber wollte sie nicht spüren, dass ich mich schon längst von ihr verabschiedet habe, diese meine ehemalige Freundin?
Gülgün tat das nicht mit ihrem Freund. Er kämpfte, wie man so sagt, um sie: sofort kam er aus der Türkei nach Rumänien.
„Ich habe Erkundigungen eingezogen. Dein deutscher Freund hat Frau und zwei Kinder!“ Eine Lüge! „Woher weißt Du das?“, fragte sie. „Du weißt, Gülgün, ich habe einen großen Freundeskreis.“ Mag er gehabt haben als Professor, aber wer mochte glauben, diese Verbindungen reichten bis nach Deutschland?
„Ach, der Werner ist bestimmt auch Uni-Angestellter...“ War ich nicht, war freischaffend. Auch gab es 1996 noch kein Internet, wo man hätte leicht recherchieren können. Doch sie glaubte ihm.
Zweifel kamen ihr, als sie mich ein Jahr später zu sich nach Ankara einlud. Sie schaute sich meinen Pass an. Da stand „ledig“. Er hatte sie belogen. Das war ein schwerer Schlag, nachdem sie eine Abtreibung hinter sich hatte, bedrängt, weil er argwöhnte, das Kind könne vom Nebenbuhler sein, welche Gegenbeteuerungen, dies sei schon rein rechnerisch nicht möglich, sie sei sich da absolut sicher, er keinen Glauben schenkte.
Dennoch ging sie nicht auf mein Angebot ein. Sie glaubte das, was sie glauben wollte, wenigstens sah sie keine Zukunft in uns.
„Mein Baby, mein Baby. Man hat mir mein Baby weggenommen!“ stammelte sie fortwährend vor sich hin verzweifelt, als ich sie traf, einerseits. Mein Angebot, sie zu heiraten und eine Familie zu gründen, und dass dies auf Liebe passierend, andererseits. Trotzdem sie ihren Freund des Lügens entlarvte hatte, hat sie sich aus „karrierebewussten oder –hoffnungsträchtigen“ Perspektiven für ihn entschieden.
Was wiegt schwerer: der unsichere, aber ehrliche Kandidat aus einem anderen Land oder der Sicherheit versprechende Lügner, ihre Freund?
Sie glaubte auch nicht daran, dass ich sogar das Land wechseln würde und bereit war, zu ihr in die Türkei zu ziehen?
`Hat er nicht in seinem Land eine Arbeitsstelle. Er ist doch Lehrer. Hat in Rumänien als Professor unterrichtet. Dann ist er doch wieder zurückgegangen, bestimmt, um wieder in seiner Schule zu unterrichten!´
Und die Rechnung von alldem, wofür sie sich entschloss und was geschehen war, eingeschlossen unser Bett-Zwischenfall, bekam sie schließlich vorgelegt - der Freund konnte, einmal angefixt, seine Eifersucht nicht mehr im Zaum halten, nach kaum zwei Jahren kam es zur Scheidung.
Danach war sie alleine, wenn auch mit Kind.
„Hallo!“
„Ja, hier Forat!“
„Ah, Forat. Sei gegrüßt! Wie geht es Deiner Frau Bilgün!“
„Deiner besten Freundin geht es gut. Aber sollten wir beide nicht an uns denken!“
„Wie meinst Du das? An uns?“
„Na, Du weißt schon!“
Schweigen.
Erschrocken legte sie auf.
Der nächste Anruf erfolgt kaum später, am nächsten Morgen bereits.
„Aber Forat. Du hast doch zwei so schöne Kinder!“
„Ja, habe ich. Aber was haben die mit uns zu tun?“
Lachen. „Natürlich nichts, aber...“
Zu sehr bedrängt, unhöflich, was selten geschieht, legt sie auf.
Am Mittag das Gleiche.
Mit dem Vorwand einer Lüge quittiert sie den Anruf.
Nun braucht sie Hilfe, ihr wird es sehr, sehr ungemütlich, als sie sieht, dass er dann an ihrer Tür klingelt, welche sie nicht aufmacht.
„Du, Bayram! Ja, ich muss Dir etwas erzählen.“
„Bitte!“
„Gestern hat der Mann unserer gemeinsamen Freundin, Bilgün“, angerufen. Heute Morgen wieder. Und Nachmittag war er sogar an meiner Tür und wollte hereinkommen.“
„Du hast ihm aufgemacht!“
„Aber nein, wo denkst Du hin?“
Die Freundin stellt sich mit einem Mal dumm.
„Ja, was will er denn!“
„Na, kannst Du es Dir nicht denken?“
„Hm!“
„Was soll ich machen?“
„Ich glaube, Du siehst Gespenster und hörst schon Stimmen!“
„Aber Bayram, warum sagt Du das?“
„Gülgün, ich muss jetzt leider auflegen. Ein ander Mal vielleicht!“
Hatte sie richtig gehört? „Vielleicht.“ Ein ander Mal vielleicht. Das war unglaublich.
Sie fühlt sich also sehr bald sehr schnell ausgestoßen.
Eine geschiedene Frau hat es schwer in einer religiösen und traditionellen Gesellschaft: eine Geschiedene ist sozusagen Freiwild, besonders verheiratete Männer in vorgesetzter, höherer Position fühlen sich dazu berufen, auf Pirsch zu gehen. Tatsächlich bedrängte sie sogar ein an ihrer Arbeitsstelle vorgesetzter, in der Stadtverwaltung Ankaras Inhabender.
Ich-Biographie: das Selbe ist mir in der Stadtverwaltung Ludwigshafen a. Rh. zugestoßen. Die vorgesetzte, feministische Chefin wollte mich ins Bett zerren, weil Männer das gleiche mit weiblichen Untergeordneten täten. Darüberhinaus, locker, leger, jugendlich und links, ist sie sowieso mit jedem Praktikanten in die Wolle gestiegen. Da war ich die Ausnahme. Der Schwachsinn erreichte sogar völkische Dimensionen der Kategorisierung, als ich als Nicht-„durchblickender-und-überblickender“-Franke stigmatisiert wurde. Dass manche orthodoxe Linken damit in den 80 Jahren einen rechten Standpunkt eingenommen haben, beweist die Macht und Dominanz der verschmähten Sexualität.
Sowohl die Gesellschaft als auch der Vater üben Druck aus. Besonders aber der Vater. Er schlägt sie gar, drängt sie, sie müsse die Ehre der Familie wieder durch eine Wiederverheiratung und Neu-Heirat herstellen, sie will aus der Stadt ihrer Herkunft fliehen und wegziehen, was ihr nicht gelingt. Der Versuch außerhalb Ankaras, mit einem Anhängsel von einem Kind, eine Wohnung und Arbeitsstelle zu finden misslingt.
Sie sucht sich einen Mann via Internet. Dieser wird vom Vater herzlich willkommen geheißen und vollauf akzeptiert. Die Heirat mit ihm, der schon zwei Kinder hat und dessen Frau vor kurzem gestorben ist, ist ihre zweite Ehe. Ach, er liebt sie so sehr, dass, als er beabsichtigt nach Deutschland zu ziehen, sie sich ihm anschließt und damit ihren Arbeitsplatz opfert und aufgibt.
Sie versprich sich damit auch mehr Freiheit von ihrem sie permanent bedrängenden Vater.
Vielleicht auch um den Fängen des Elternhauses zu entfliehen?
Obwohl diese den neuen Ehemann durch und durch akzeptieren?
Der Mann hatte ein Fachwerkhaus gekauft und wie fand folgendermaßen statt: der Vater legte sich zum Schlafen neben den brennenden Kamin. Sie und die Kinder mussten offenbar in einem Zimmer campieren, Mutter schlief mit Kinder zusammen und froren.
Er durfte sich nicht nur als einziger an einziger Wärmequelle erfreuen, sondern auch beliebig oft außer Haus gehen, spielen, andere Leute einladen, etwas spendieren, kurzum das wenige, knappbemessene, nur auf ihre Anfrage hin erhaltene Geld zum Fenster hinauswerfen, wohingegen sie „warten“ durfte, warten auf ihn, wann und bis er nach Hause kam – so wartete sie sich zu Tode, wenn sie nicht endlich „Eier zerschlug, um ein Omelette“ zu backen!“, eines ihrer Lieblingssprüche aus dem Französischen.
„Aber kann doch die Eier auch kochen!“, entgegne ich, jetzt, nachdem ich erst einmal pass erstaunt war über die Brutalität und die Konsequenzen dieser Aussage.
Aus ihrer Biographie leitet sich ihr Misstrauen ab. Sie sei immer wieder belogen worden. Andere Männer täten das auch. Selbst Frauen. In einer zu stark mit Repressalien und Traditionsdruck angereicherten Gesellschaft ist das wohl so eine fast natürliche Reaktion.
Es wird viel gejammert, Rotz und Tränen vergossen am Telefon. Tränen ersticken ihr Misstrauen, weil es ein Liebesbruch und Treuebeweis-Vergehen darstellt.
„Was war Dein Ergebnis beim Spermatest?“
„Postiv. Überdurchschnittlich fruchtbar, muss ich leider berichten.“
Lachen bei Ihr.
Ich widerspreche ihr ungern. So sage ich „Leider!“
„Hast Du es Dir schriftlich geben lassen?“
„Wieso denn? Wieso sollte ein Arzt, der mich zudem nicht kennt, belügen?“
„Ich habe schon so viel Lug und Betrug erfahren, in meinem Leben... Vielleicht auch kam eine Verwechselung zustande?“
„Aber ich war der einzige an diesem Vormittag.“
„Bist Du Dir sicher?“
„Ganz sicher!“
„Dann ist also eine Verwechslung ausgeschlossen!“
„Genau, absolut!“
„Hast Du Dir das Ergebnis schriftlich geben lassen?“
„Aber...“
„Du hast schließlich sehr viel Geld bezahlt.“
„Hm, na ja, ich muss ja noch das Ergebnis eines Urintestes abwarten und dann anrufen, wobei ich darum bitten kann, mir dann das Ergebnis der Samenuntersuchung schriftlich geben zu lassen.“
„Genau. Tu das! Denn weißt Du, die Erfahrung mit Judith, mit der Du immerhin 9 Monate zusammengelebt hast, mit den Ziel, eine Kind zu zeugen, irritiert mich schon. Das kann nicht sein. Entweder Sie war unfruchtbar, kann nicht sein, sie hat einen Monat nach Dir mit einem anderen Mann ein Kind gezeugt. Oder Du bist es. Aber dagegen steht die Aussage über dieses Ergebnis zur Samenfruchtbarkeit.“
„Genau!“
Ich bin neugierig und erstaunt, was wird noch kommen?
„Weißt, es kann auch sein, dass diese Judith Dich erst testen wollte und sich eine Spritze von einem Frauenarzt hat geben lassen, im Voraus, damit sie drei Monate unfruchtbar ist, um Dich und Deine Lebensumstände zu erforschen. Und Du hast gesagt, diese seien für sie enttäuschend gewesen!“
„In der Tat. Schließlich hat sie sich von einem sogenannten „Lehrer“ ein anderes Leben als Gattin vorgestellt, als zu putzen, Klavierunterricht für gequälte, verstörte oder sonstwelche Jugendliche zu machen.“
Das war Futter für ihr Misstrauen.
„Genau, und dann hat sie sich noch eine zweite Spritze gegeben. Womit wir schon bei 6 Monaten wären.“
Ich widerspreche. Unglaubwürdig. Sie hat mich geliebt. Nichtsdestotrotz.
„Ja, glaube ich Dir. Aber für manche Menschen ist etwas noch wichtiger als Liebe!“
„Ich verstehe. Aber ich kenne einige Beispiele, wo ein Ehepaar Kinder haben will, aber partout, leider und unerklärlicherweise keine zustande bringen oder besser kommen wollen.“
Aber diese Beispiele winkt sie ab. Ihre Erfahrungen, offenbar nach Festsetzung des Wunsches, ein Kind zu bekommen, lehrten sie, dass das immer gleich und bald danach auch Realität wurde. Was kann man dagegen noch anführen, wenn man derart von der Vergangenheit besessen ist.
Gülgün stellt sich immer wieder als opferbereit dar.
„Wenn Du aber Dich aber für eine andere entscheidest, dann ist es auch gut. Ich werde Dich nicht davon abhalten.“ Sie würde stets bereitwillig zurücktreten. Das würde ihr nichts ausmachen. Sie will einfach, dass ich glücklich werde, so oder so.
„Denk mal nach: worin unterscheidet sich Liebe von echter?“
Ein Denkauftrag für’s nächste Telefongespräch.
Aber ich versage mir solcher idealistischer Sophistereien. Es gibt nur Liebe oder gar keine.
Beispiele führt sie an.
Da hat der Mann die Frau betrogen, aber die Frau trennt sich nicht von ihm, stattdessen liegt sie Nacht für Nacht neben ihn, den sie verabscheut und hasst. Ist da eine gute Ehe?
„Lieber trenne ich mich. Ich verstehe solche Leute nicht? Dann haben Ehepartner auch zwei getrennte Betten, oft sogar getrennte Zimmer. Ja, was ist das? Warum schlafen sie nicht zusammen in einem? Ist das noch Liebe? Und schau dir mal ältere Ehepaare an. Wie die leuchten von ihnen heraus! Das ist Liebe, sie glühen regelrecht davon. Das ist Glück, bis in den Tod, durch den anderen Geliebten. - Ja, man muss sich Kraft geben, einander elektrifizieren, energetisieren, einander motivieren, Liebe als Sinn im Leben spenden. Das ist echte Liebe.“
Dann bricht sich Resignation durch: manchmal, ich weiß, aber doch muss ich ehrlich sagen, (also spricht sie auch manchmal unehrlich!?), nirgendwo wird so viel gelogen und betrogen wie in der Liebe?“
„In der Liebe ist alles erlaubt!“
Ist das der Parallelkrieg zwischen dem Mann (als Geschlecht ) und der Frau (als Geschlecht).
`Warum geht mir dies durch den Kopf? – Ja, es ist mein Krieg im Kopf, wo aller Krieg beginnt! (laut Mao Tse Tung).
Ihr Mann entpuppt sich als Schwadronierer und bedeutungsloser Schmeichler.
Er ist krebsoperiert worden.
Im Krankenhaus: „Wie geht es Dir?“
„Danke gut: Du, Gülgün, wir werden bald reichen werden, sehr reich!“
„Wieso? Hast Du schon wieder gespielt?“
„Ja, aber diesesmal ist es anders. Ich spüre es!“
Sie seufzt. Diese Sperenzchen hat die Operation nicht wegbringen können.
„Nun, es wird alles gut! Und wir werden noch ein drittes Kind machen, nicht wahr?“, sagt sie, um wieder an eine schöne und verheißungsvolle Zukunft anzuknüpfen.
Er schweigt.
„Was ist?“
„Hat es Dir schon der Arzt gesagt?“
„Nein, was hat er mir sagen sollen?“
„Oh, Gülgün, ich habe so Schmerzen. Bitte lass mich allein.“
Er dreht sich zur Wand hin. Sie beugt sich übers Bett und versucht ihn an der Schulter zu rütteln: „Was ist geschehen!“
Plötzlich kommt ein Sohn die Tür zum Krankenzimmer herein.
So geht sie und fragte den Arzt, was mit ihrem Mann gemacht worden ist.
Sterilisation!
Aber sie hat doch immer und besonders und mindestens noch ein drittes Kind haben wollen. Und dieser dumme Mensch hat sich ohne Absprache mit seiner Ehefrau, mit ihr, unfruchtbar machen lassen.
„Ich möchte aber noch ein Drittes Kind, und Du, Du, lässt Dich sterilisieren!“
.„Geh doch zu einem anderen und lass Dir von dem ein Kind machen!“
(Dazu bin nun ich auserkoren sozusagen. Da ich nichts dagegen habe, im Gegenteil, sind wir zusammen.)
„Ich brauche etwas Liebe dabei!“, hält sie ihm entgegen.
„Ja, ich weiß, so bist Du Gülgün“, und er lacht. Er lacht, als lache er über einen Witz, so lacht man, wenn man über ein naives, dummes Kind lacht, dass versehentlich in den Hundekot getreten ist, allegorisch-symbolisch, gesehen.
„Ich kann nicht mit jedem schlafen, ich blockiere mich dabei“, muss sie sich eingestehen.
(Wobei sie es bei mir nicht ist, u. a. weil wir uns ja von früher her kennen und eine Affaire hatten.)
„Ich brauche einen Mann, mit dem ich glücklich sein kann, Weihnachten feiern und und.... Ich habe schließlich zwei Kinder, da kann ich nicht so ohne weiteres mit jedem heute hier und morgen dort ins Bett steigen, was diese nur verstören würde. Außerdem hasse ich betrügen, belügen und falsch spielen.“
(Nun, jetzt bin i c h jedoch in dieses falsche Spiel hineingezogen, da sie ihrem Ehemann nichts von meiner Existenz erzählen will und ich, solange er mit dem Arbeiten beschäftigt ist, keinen Anruf von ihr erhalte bzw. ich nicht bei ihr anrufen darf. Ich habe eine Rolle im gleichen Spiel, welches sie mit ihren Eltern gespielt hatte, denen sie zwei Jahre lang verheimlichte, bereits geschieden zu sein, obwohl es wohl die und alle anderen ahnden –man spielt heile Welt vor, vermeidet die Wahrheit auszusprechen, um diese nicht zu gefährden.
Über die permanenten Besuche in der Psychiatrie, klagt sie.
„Mein Mann geht dorthin. Warum macht er das nur? Ich habe ihn gewarnt: eines Tages wird er nicht mehr herauswollen oder –kommen!“
Und sie?
Aus verständlichen Gründen und nicht unbedingt freiwillig wird ihr Mann wohl auf Kur gehen müssen, sie jedoch klagt auch unter fortgesetztem Kopfschmerz und hat sich eine Überweisung zur Untersuchung für den Nervenarzt ausstellen lassen.
Ist sie nicht von der gleichen Sogströmung erfasst?
Tatsächlich, ein paar Blutsverwandte sind frühen Alters an „Krebs“ gestorben.
Nun, obwohl ihr die Ärzte Eisenmangel als Ursache der gehirnlichen Schmerzen attestierten, sieht sie sich auch gezwungen, „Krebs“ diagnostiziert zu bekommen. „Wer suchet, der findend“, ein psychosomatisches Symptom wird auf denjenigen Weg führen, wovor sie Todesangst hat.
27.07.2014-
Gülgün erweist sich als realistisch und verspricht sich von einer Heirat mit meiner Person die Absicherung der Zukunft ihrer Kinder. Ich würde arbeiten gehen, während sie unser Kind erwartet, anschließend zu Hause großziehen bis zum Kindergarten. Ihre jetzigen vorhandenen Kinder würden von meinem Verdienst mit unterhalten und alimentiert werden und dahingehend Instand gesetzt werden, ein Studium machen zu können, selbst im Ausland, in Frankreich, wobei sie sich wünscht, ein für allemal nicht mehr mit den Vätern ihrer Kindern muss herumschlagen. Daher hat sie es eilig, sich auch formal die Scheidung nach türkischem Recht anerkennen zu lassen, das deutsch sei nicht ausreichend, sich befürchte, das die Mischpoke ihres 2. Mannes Erbansprüche zu Ungunsten ihrer Töchter nach ihrem Ableben werden durchsetzen wollen: in Bezug auf ihr, aus eigener Tasche finanziertes Haus vor alle. Materielle Nachteile befürchtet sie für ihre Nachkommen.
Muss man denn unbedingt studieren? Muss man sich Akademiker schimpfen können? Aus diesem Dünkel heraus entspricht ihre Abneigung gegen körperliche Arbeit, sei sich zu Schade unterqualifizierte Hilfsarbeit zu machen, gebiert sich dieses höchste Ziel? Liegt das Glück auf solchem Weg?
„Hauptsache, sie werden gute Mensch!“
„Das schon aber...“
O2.08..2014
Gestern Abend Moral- und Gardinenstangenpredigt von Angela Merkel, meiner langjährigen Freundin, über mich ergehen lassen müssen. DDR-Grenzgebiet sei der Wohnort dort bei Kassel und da geht es anders zu im Dorf als sogar im abgelegensten fränkischen; zwei Kinder schon vorhanden, bedeutet Konflikte programmiert; der naive Wunsch, solche Probleme könnten mit einem Nach- und Zuzügler gekittet und gelöst werden, haben sich erfahrungsgemäss noch immer als illusorisch herausgestellt – so und in folgender Weise hat sie mir gründlich den Kopf gewaschen.
„Bei Menschen und deren Verhalten führt die Erfahrung in eine Sackgasse!“
Sie weiter: Und was ich glaube, was es bedeute, in solch spätem Alter, wozu außer mir noch durchaus die 45jährige Partnerin zu rechnen und zu zählen sei, noch ein Baby haben zu wollen?
Pränatale Untersuchungen, sicherlich heutzutage obligatorisch, würden eventuell und gefahrenenpotentiell-erhöht ein behindertes Kind feststellen, nach den 3 Monaten, von denen man noch von einem „nichtmenschlichen Wesen“ ausgehen könne, aber da sind die Föten schon sechs Monate und dann, was geschehe daraufhin?
Schweigen meinerseits, schließlich hatte ich nicht den blassesten Dunst und geringste Erfahrung.
„Die würden dann halt vielleicht abgetrieben werden, um einen erneuten Versuch zu starten“, mutmaßte ich zaghaft.
„Genau, aber weiß Du, wie das gemacht wird?“
Sie ließ mich gar nicht zu einer Antwort kommen. „Natürlich nicht: oft würden, obwohl abgetrieben, diese Wesen noch weiterleben, nachdem sie auf die Welt gebracht wurden, so dass man heutzutage hergeht und sie vor der Zwangsgeburt mit einer gezielten Injektion mitten ins Herz tötet.“ Weil sich meine Gesprächpartnerin dabei übertrieben melodramatisch über den Tisch zu mir gebeugt hat, spüre ich selbst diesen Stich in mir. Die Sprache bleibt mir weg, so drastisch habe ich mir das niemals vorgestellt und je darüber den geringsten Gedanken verschwendet.
„Ich muss mich mal darüber informieren und kundig machen. Erhebungen, Statistiken und Studien gibt es sicherlich, über die Höhe der Mortalitätsrate bei Spätgeburten und die Wahrscheinlichkeitsquote von Behinderten-Geburten“, versuchte ich mich und meine moralische Apostelin zu trösten, die in Schwung und Verve geraten in der labenden abendlich-nächtlichen Kühle der Nacht und unter der Wirkung toxierenden Pusches des Bio-Alkoholkonsums sowie der nicht weniger antreibenden des nervengiftigen Nikotins, wenn auch im ballast- und zusatzstofflich gereinigtem und raffinierten Zustand, weiter aus allen Rohren, was das Zeug hielt, schoss, natürlich aus offenkundig-feministischer Stellung und Standpunkt heraus, aber wissend auch, als ihr Gülgüns Biographie als geschiedene Frau mit Kind geschildert, daran ein gehöriges Stück Wahrheit kleben musste, wusste sie schließlich sehr genau aus ihrer Einsichtsmöglichkeit und durch vertraulichen Umgang in türkischen Kreisen und Familien, aus welch schwerem Stand und defensiver Stellung heraus sich die Frauen ihr Leben gegenüber den dominanten Männern gestalten müssen.
aber dennoch wusste ich noch ein anderes zündendes Argument. Ich baute meine Verteidigung auf den Lebens- und Familienumstand unseres gemeinsamen Bekannten, Begier, (Endung als Doppelvokale zu lesen) auf.
Habe er nicht erst mit 48 geheiratet und nunmehr drei Kinder, eines, das immerhin bereits in die Grundschule ginge? Wer von uns deutschen Freunden, bloß mit verhaltenem Schmunzeln bedacht, hätte im übrigen je geglaubt, dass die Erzählungen von Begier, voll der Hoffnung, nur den glitze-kleinsten Funken Hoffnungsberechtigung enthalten könnten?
„Ja, aber der ist jetzt erst 55!“
Mageres Geschütz dies, sie merkte es selbst. Aber sofort schoss sie mit dem aus ihr gemäßen Art der unbedingten, nicht rechthaberisch gedachten (!) Position des Rechthabens erneut, allerdings unter anderem Apostroph stehende Argument, zurück: „Ja, der ist erst 55, aber Du...“
„Ich möchte von meinem Kopf leben“, äußerte sie den Wunsch beim letzten Telefonat. Das ist doch ein Spruch, erinnere ich mich recht, den ich in Rumänien gemacht habe. Sie meinte dies in Zusammenhang damit, dass sie als Akademikerin keine Lust habe bei McDonalds in der Küche den Abwasch zu machen („vom Tellerwäscher zum Millionär“, wobei dieser Mythos unrealisierbar geworden ist mittlerweile, da diese Ochsenmaloche bestimmt längst die Großraum-Spülmaschinen übernommen haben.)
Ich dachte mir, ohne es zu sagen, an einen anderen Spruch, nur dieser frei nach Gottfried Büchner: „Bildung ist die höchste Ausgeburt der Eitelkeit!“ Form satt Ausgeburt muss es im Original bestimmt heißen.
Sie erzählte, dass sie sogar einmal dort gearbeitet habe, vielleicht war es auch eine anderen Firma, gleichwie, und was sei geschehen? Entlassen worden. Vielmehr und genauer gesagt, da die Beschäftigung sowieso nur vorübergehend gedacht war, als Praktikum sozusagen, wird ihr mitgeteilt, als sie sich darum bewarb, dass zurzeit leider keine Übernahme möglich sei, so gut ihre Leistungen auch wären, müssten sie ihr leider so bescheiden, wäre aber eine Stelle zukünftighin zu besetzen und vakant, würde man auf sie zurückkommen. Nur merkwürdig, dass es vielen anderen genauso erging! Dies unter der augenzudrückenden Lides und Mithilfe des Arbeitsamtes, welches sich nichts auszurichten und dagegen anzugehen traut, solche zweifelhafte Methoden großer, weitverzweigter Filialen zu unterbinden.
„Ich will damit nichts mehr zu tun haben, mit solchen ausbeuterischen Behandlungen und Widerfahrungen...ich will, dass Du mir ein Kind machst, eine Arbeit hast und wir genug Geld verdienen, dass ich zu Hause beim Baby sein kann und es in Ruhe und unbehelligt vom malträtierendem Arbeitsamt oder Jobcenter großziehen kann!“ Verständlich.
Weniger verständlich aber für mich: „Wirst Du auch für die akademische Laufbahn meiner zwei Kinder aufkommen. Für die eine, wenn sie einmal ins Ausland will auch? Bei der ist es schon absehbar, denn sie hat die Kapazität zu einem Studium.“
Dieses unbedingte und rigorose Die-Kinder-Müssen-Studieren-Einstellung ist nicht meine. Warum müssen diese? Warum nicht eine Ausbildung?
Und weiter meine Freundin, Angela Merkel, die Stimme der Vernunft und gesellschaftlichen Rationalität moderner westlicher Welt. „Ich verstehe, Sie hat nur ein Ziel. - Schau her, sie hat ein Haus in der Pampa sozusagen, halt an der ehemaligen DDR-Grenze.“ Meine Protestnote, dass diese längst nicht mehr existiere, ignorierte sie höflich und bescheiden. „Und ich weiß, wie es dort aussieht, das darfst Du mir glauben.“
(Wem sonst als Angela Merkl kann man es glauben?)
Murren meinerseits, was blieb mir übrig. „Dann keinen Arbeitsplatz, weit und breit nicht die geringste Chance dafür...“ Räuspern. „Zwei Kinder am Buckel (letzteres Attribut meinem Sprachschatz entliehen), die Väter, einer weit weg, der andere bereits mit einem Bein im Grab (letzteres wieder meinem Mist zuzuführen), nah (und nu), was glaubst Du, was die wohl will?“ Bevor ich hatte ihre rhetorische Frage parieren können, ging’s munter weiter. „Natürlich, sie stammt aus einem traditionellen, konservativen Kulturkreis...“ Petitionsformulierung meinerseits: „Aber sie würde niemals ein Kopftuch tragen, wie das türkische konservative Frauen zu tun pflegen.“ „Das nicht, aber dennoch konservativ. Na klar ist das wie Fleischbrühe (so blumig sich auszudrücken, kann nur von mir stammen), was sie sich von Dir oder von einem Mann erwartet oder erwarten muss?“
Das war jetzt keine Floskel.
Aber ich wusste es nicht, begriff es nicht, war mir ja egal. Wenn es der Preis eines Babys von mir war, sollte es mir recht sein.
„Du bist egoistisch und selbstsüchtig!“ „Das sind 99Prozent aller Menschen auf der Welt!“ „Ach, ich geb’s auf.“ Was verständlich war, um sich nicht erneut wiederholen zu müssen. Ende der Diskussion.
Es ist verblüffend für mich. Sie hält mir einen Spiegel vor, in dem ich ein neues Gesicht wahrnehme.
Ich erzähle ihr über meine Frauen-Beziehungen. Schließlich, weswegen sie auseinandergegangen. Bei denen, wo ich die Trennung vollzogen habe, erkennt sie, dass ich die anderen keine Kinder hatten haben wollen. So dröselt sie einen roten Faden aus meinem Leben heraus: den unbedingten Kinderwunsch.
Selbst bei meiner letzten Beziehung, die 10 Jahre gedauert hat, sieht sie diesen.
„Warum aber hast Du Deine Partnerinnen nicht von Anfang an verlassen? Sie haben doch freimütig bekannt, keine Kinder haben zu wollen!? Ich hätte mir sofort eine andere gesucht!“
`Gesucht, auf der Suche nach der Erfüllung meines Wunsches. Hm-aha!`
„Nun, sie war ja noch fruchtbar. Ich habe gehofft, sie würde über kurz oder lang der Umstände gleichgültig gegenüber stehen und es würde schnackeln. Freilich, sie war Krankenschwester und hatte, bestens und perfekt ihren Körper unter Kontrolle!“
„Hm!“ Sie versucht es zu verstehen...
Sie weint am Telefon: „Ich möchte unsere zweite Chance nicht vermasseln. Ich habe dich das erste mal enttäuscht, es tut mir so leid.“ So weint sie ausgiebig.
Am nächsten Tag aber bezeichnet sie diese Theatralik als „Theater“. „Ich will kein Theater mehr machen.“
03.08.14
Der Schock über das Befremden ihrer Bemerkung, ich solle mir bei ihrem Wohnort ein Haus oder eine Wohnung kaufen, sitzt mir noch in Knochen und Gliedern. Das gleiche Gefühl hatte ich, als ich sie in der Türkei, in Ankara, besuchte, in der Annahme „Besuche-mich“ bedeute, ich würde dann irgendwo privat bei ihr untergebracht sein, stattdessen hat sie mich zu einem Hotel geführt, wo ich die zwei Wochen Aufenthalt in der türkischen Hauptstadt etwas vereinsamt und alleingelassen vor dem Fernseher des Hotelzimmers zubrachte, unterbrochen von einem Besuch bei ihr zu Hause oder Sonstwo in irgendwelchen Privatträumen von Wemauchimmer.
Wie nur stellt sie sich dann das Leben, das wir führen sollten, vor, wenn ich in der Nähe bei ihr in Kassel wohne? Arrangierte Besuche, Sonntags vom 2. Exmann, ansonsten nach entsprechender Vorankündigung wäre es möglich für mich und würde mir eingeräumt werden, ein Treffen bei ihr stattfinden zu lassen oder nur bei mir, der Kinder wegen? Ich in der Rolle des Freundes zur Ausleihe; Leasing-Friendship auf Englisch?
Aber die Augen einer Orientalin sind dunkel, der Einblick in einen Teil ihrer selbst wird einem durch diese schattige Undurchdringlichkeit der Augen verwehrt; man sieht nicht über ein weites Feld oder unendliches Meer in ihrer Iris wie bei einer helleren, pastelleren Farbe wie kornblumenblau; man sieht und merkt zwar, dass man gleichfalls angeblickt wird, aber man kann es nicht genau verifizieren. Ihr Blick hat etwas Kindliches, Liebes, Naives (= kitschige, romantische Vorurteile).
Haus an der ehemaligen DDR-Grenze!?
Offenbar macht sich hier der demographische Bevölkerungs-Wandel in der BRD bemerkbar. Kleinhäuserbauer und –besitzer hat in seine „My-House-is-my-Castle“ was das Zeug hergab investiert und hineingesteckt an Arbeitskraft und Material, liebevoll, hingebungsvoll und selbstlos ausgebaut, saniert und renoviert, stets bestens in Schuss und Instand gehalten, was vom Zahn der Zeit angenagt wurde, in der Annahme, es eines späten Lebenstages seinen Nachkommen und Erben stolz übergeben, überantworten und überlassen zu können. Aber deren Kinder, verwöhnt und verführt von Luxus, Pluralismus und wohlständischer Lebensführung, wollen nichts von Selber-Kinder-Kriegen mehr wissen, lechzen und sind verführt stattdessen von der Abwechslung, Vielfältig- und Buntheit groß- und megastädtischer Umtriebigkeit. Sie ziehen oder sind längst weggezogen dorthin, verwaiste Eltern und Familienhäuser zurückgelassen. Was schon ws den zurückgebliebenen, älteren Menschen übrig? Sie müssen ihr Kleinod unter Preis verscherbeln, nunmehr an nachfolgende und ins Land drängende kinderreiche Ausländer, Vertriebene und Wirtschaftsflüchtlinge, die bereit sind, sich der Beschränkung, Langeweile und Reizarmut des Landlebens auszusetzen, damit ihre nachfolgende Generation, ihre Kinder, ein Bleibe haben und eine bessere Zukunft, die sie sich mit der Vorstellung, Privatbesitz zu besitzen, ausmalen und sich wünschen.
Selbstdarstellung: „Ich-bin-eine-Mutti!“
Die Sorge um ihre Tochter. Beim Schwimmen schwappe Wasser in die Ohren; sie schnappe versehentlich Wasser, trinke und schlucke es, rotzend und spuckend, was das Zeug hält, tauche sie aus dem Wasser auf.
Nach einem Bade- oder Schwimmausflug wäre sie krank geworden, fiebere. Eine, zwei Tage verzehre sich die Mutter vor Sorge, pflege diese, hätschele und sorge sich hingebungsvoll, selbstlos und ausschließlich um den Gesundheitszustand dieses kleinen Mädchens bekümmert.
Die Rede fällt auf einen einwöchigen Ferienaufenthalt ihrer Tochter auf diesem Bauernhof. Sie mache sich s o Sorgen.
„Warum?
Die Kindergruppe würde, während dieser Wochen Ferien auf dem Lande, einmal baden und schwimmen gehen. Und da wäre die Kleine wieder gesundheitlich gefährdet.
Aber da ist doch Fachpersonal dabei, Erzieher und Sozialpädagogen, diese werden schon aufpassen.
„Ja, ja! Aber ich bin Mutti!“
„Ich möchte nicht, dass Du mit mir in Konsulaten (in türkischen) herumsitzen musst und die Zeit herumbringen, darauf wartend, dass mir ein Touristenvisum für die Einreise in ein europäisches Land ausgestellt worden ist!“ – dies als eine Begründung dienend, weswegen sie sich will auch nach türkischem, außer bereits durchgeführten Deutschen Recht scheiden lassen.
2014-08-12
Schwester schreibt Brief: kümmere Dich um Mutter. Auch vom Vater erhält sie einen 18-seitigen Anklagebrief. Sie ruft dennoch bei den Eltern an, um Mutter sprechen zu wollen, Vater, am Apparat, ist kühl, behauptet, diese sei gerade unter der Dusche. Sie solle später anrufen. Sie unterlässt es.
„Ich kann Ziele verfolgen. Ich habe das vor meinem 2. Kind bewiesen. Ich werde es hier auch machen!“
Aber die Abmagerungskur klappt nicht, das erste Mal nicht durchgehalten, weil sie ihrem Vater erzählte, sie habe sich wieder getrennt und er sauer reagiert hat. Sie habe deshalb nicht hungern und Sport treiben können.
Das nächste Mal ist ihre Zielstrebigkeit von einem ungebührlichen Verhalten ihrer älteren Töchter unterminiert worden und ins Stocken geraten.
„Ich muss viel in meine zweite Scheidung stecken, um auch in der Türkei rechtlich als geschieden zu gelten“, aus Sorge, dass nicht eines Tages ihre Kinder „weggeworfen“ (=ausgestoßen) würden.
Gestern telefoniert. Sie singt mir etwas vor, synchron zu einem von einer Interpretin gesungenes Lied.
Sie stoppt, blättert in ihren Unterlagen, schaltet wieder ein Gerät ein, damit sie ein anderer Sänger begleiten kann.
„Ach, ich habe so Kopfweh!“
„Kann das sein, zu viele elektrische Geräte eingeschalten zu haben, Telefon, Internetverbindung und wegen diesen elektrischen Stuhls Kopfschmerzen kriegst!?“
Am nächsten Tag bin ich nach Nürnberg zur Ex-Freundin Angela Merkl gefahren, um bei ihr zu übernachten. Nur widerwillig hat sie es erlaubt und mir Unterkunft gewährt. Aber am nächsten Tag hat sie die Kaffeemaschine versteckt, weil ich sie „dauernd“ vergesse auszuschalten. Ich habe einfach den Gasofen genommen, diesen nun vergessen auszuschalten und als sie Abends nach Hause kam, glaubte sie, der Blitz träfe sie.
Ich konnte an diesem Tag meinen Cousin Manfred Reiter im Heim rechtzeitig, vielleicht wollte er doch auf seiner Mutter Beerdigung, über deren Tod informieren.
Rückzug! Auszeit! Freizeit!
Abends bin ich dann versumpft, einen Einwohner meiner Stadt kennengelernt, einen adoptierten Inder, schwarz. Wir redeten und protzten mit unseren verschiedenen Sprachen, die wir kannten, nur bei Türkisch stoppte er und sagte: „Das will ich auch nicht kennen!“
Eine klare Position. Warum wohl? Obwohl er doch selbst Ausländer in der Kleinstadt ist? Aber gegen diese Minderheit scheint er doch große Einwände zu haben.
16.07.2014-07-16
Anteil an dem Verlauf ihres Lebens habe ich insofern, als wir in Rumänien miteinander geschlafen haben - sie hatte einen Freund, ich eine Freundin. Ich trennte mich gleich danach von meiner. Mir fehlte der Schlüssel bislang, aber dieser hatte nichts mit Gülgün zu tun. Dieser war nicht, dass ich ihr erzählte, ich sei mit einer anderen in die Kiste gestiegen. Es war ein anderer - egal, keine berühmte Tat, aber eine gute Idee! Aber wollte sie nicht spüren, dass ich mich schon längst von ihr verabschiedet habe, diese meine ehemalige Freundin?
Gülgün tat das nicht mit ihrem Freund. Er kämpfte, wie man so sagt, um sie: sofort kam er aus der Türkei nach Rumänien.
„Ich habe Erkundigungen eingezogen. Dein deutscher Freund hat Frau und zwei Kinder!“ Eine Lüge! „Woher weißt Du das?“, fragte sie. „Du weißt, Gülgün, ich habe einen großen Freundeskreis.“ Mag er gehabt haben als Professor, aber wer mochte glauben, diese Verbindungen reichten bis nach Deutschland?
„Ach, der Werner ist bestimmt auch Uni-Angestellter...“ War ich nicht, war freischaffend. Auch gab es 1996 noch kein Internet, wo man hätte leicht recherchieren können. Doch sie glaubte ihm.
Zweifel kamen ihr, als sie mich ein Jahr später zu sich nach Ankara einlud. Sie schaute sich meinen Pass an. Da stand „ledig“. Er hatte sie belogen. Das war ein schwerer Schlag, nachdem sie eine Abtreibung hinter sich hatte, bedrängt, weil er argwöhnte, das Kind könne vom Nebenbuhler sein, welche Gegenbeteuerungen, dies sei schon rein rechnerisch nicht möglich, sie sei sich da absolut sicher, er keinen Glauben schenkte.
Dennoch ging sie nicht auf mein Angebot ein. Sie glaubte das, was sie glauben wollte, wenigstens sah sie keine Zukunft in uns.
„Mein Baby, mein Baby. Man hat mir mein Baby weggenommen!“ stammelte sie fortwährend vor sich hin verzweifelt, als ich sie traf, einerseits. Mein Angebot, sie zu heiraten und eine Familie zu gründen, und dass dies auf Liebe passierend, andererseits. Trotzdem sie ihren Freund des Lügens entlarvte hatte, hat sie sich aus „karrierebewussten oder –hoffnungsträchtigen“ Perspektiven für ihn entschieden.
Was wiegt schwerer: der unsichere, aber ehrliche Kandidat aus einem anderen Land oder der Sicherheit versprechende Lügner, ihre Freund?
Sie glaubte auch nicht daran, dass ich sogar das Land wechseln würde und bereit war, zu ihr in die Türkei zu ziehen?
`Hat er nicht in seinem Land eine Arbeitsstelle. Er ist doch Lehrer. Hat in Rumänien als Professor unterrichtet. Dann ist er doch wieder zurückgegangen, bestimmt, um wieder in seiner Schule zu unterrichten!´
Und die Rechnung von alldem, wofür sie sich entschloss und was geschehen war, eingeschlossen unser Bett-Zwischenfall, bekam sie schließlich vorgelegt - der Freund konnte, einmal angefixt, seine Eifersucht nicht mehr im Zaum halten, nach kaum zwei Jahren kam es zur Scheidung.
Danach war sie alleine, wenn auch mit Kind.
„Hallo!“
„Ja, hier Forat!“
„Ah, Forat. Sei gegrüßt! Wie geht es Deiner Frau Bilgün!“
„Deiner besten Freundin geht es gut. Aber sollten wir beide nicht an uns denken!“
„Wie meinst Du das? An uns?“
„Na, Du weißt schon!“
Schweigen.
Erschrocken legte sie auf.
Der nächste Anruf erfolgt kaum später, am nächsten Morgen bereits.
„Aber Forat. Du hast doch zwei so schöne Kinder!“
„Ja, habe ich. Aber was haben die mit uns zu tun?“
Lachen. „Natürlich nichts, aber...“
Zu sehr bedrängt, unhöflich, was selten geschieht, legt sie auf.
Am Mittag das Gleiche.
Mit dem Vorwand einer Lüge quittiert sie den Anruf.
Nun braucht sie Hilfe, ihr wird es sehr, sehr ungemütlich, als sie sieht, dass er dann an ihrer Tür klingelt, welche sie nicht aufmacht.
„Du, Bayram! Ja, ich muss Dir etwas erzählen.“
„Bitte!“
„Gestern hat der Mann unserer gemeinsamen Freundin, Bilgün“, angerufen. Heute Morgen wieder. Und Nachmittag war er sogar an meiner Tür und wollte hereinkommen.“
„Du hast ihm aufgemacht!“
„Aber nein, wo denkst Du hin?“
Die Freundin stellt sich mit einem Mal dumm.
„Ja, was will er denn!“
„Na, kannst Du es Dir nicht denken?“
„Hm!“
„Was soll ich machen?“
„Ich glaube, Du siehst Gespenster und hörst schon Stimmen!“
„Aber Bayram, warum sagt Du das?“
„Gülgün, ich muss jetzt leider auflegen. Ein ander Mal vielleicht!“
Hatte sie richtig gehört? „Vielleicht.“ Ein ander Mal vielleicht. Das war unglaublich.
Sie fühlt sich also sehr bald sehr schnell ausgestoßen.
Eine geschiedene Frau hat es schwer in einer religiösen und traditionellen Gesellschaft: eine Geschiedene ist sozusagen Freiwild, besonders verheiratete Männer in vorgesetzter, höherer Position fühlen sich dazu berufen, auf Pirsch zu gehen. Tatsächlich bedrängte sie sogar ein an ihrer Arbeitsstelle vorgesetzter, in der Stadtverwaltung Ankaras Inhabender.
Ich-Biographie: das Selbe ist mir in der Stadtverwaltung Ludwigshafen a. Rh. zugestoßen. Die vorgesetzte, feministische Chefin wollte mich ins Bett zerren, weil Männer das gleiche mit weiblichen Untergeordneten täten. Darüberhinaus, locker, leger, jugendlich und links, ist sie sowieso mit jedem Praktikanten in die Wolle gestiegen. Da war ich die Ausnahme. Der Schwachsinn erreichte sogar völkische Dimensionen der Kategorisierung, als ich als Nicht-„durchblickender-und-überblickender“-Franke stigmatisiert wurde. Dass manche orthodoxe Linken damit in den 80 Jahren einen rechten Standpunkt eingenommen haben, beweist die Macht und Dominanz der verschmähten Sexualität.
Sowohl die Gesellschaft als auch der Vater üben Druck aus. Besonders aber der Vater. Er schlägt sie gar, drängt sie, sie müsse die Ehre der Familie wieder durch eine Wiederverheiratung und Neu-Heirat herstellen, sie will aus der Stadt ihrer Herkunft fliehen und wegziehen, was ihr nicht gelingt. Der Versuch außerhalb Ankaras, mit einem Anhängsel von einem Kind, eine Wohnung und Arbeitsstelle zu finden misslingt.
Sie sucht sich einen Mann via Internet. Dieser wird vom Vater herzlich willkommen geheißen und vollauf akzeptiert. Die Heirat mit ihm, der schon zwei Kinder hat und dessen Frau vor kurzem gestorben ist, ist ihre zweite Ehe. Ach, er liebt sie so sehr, dass, als er beabsichtigt nach Deutschland zu ziehen, sie sich ihm anschließt und damit ihren Arbeitsplatz opfert und aufgibt.
Sie versprich sich damit auch mehr Freiheit von ihrem sie permanent bedrängenden Vater.
Vielleicht auch um den Fängen des Elternhauses zu entfliehen?
Obwohl diese den neuen Ehemann durch und durch akzeptieren?
Der Mann hatte ein Fachwerkhaus gekauft und wie fand folgendermaßen statt: der Vater legte sich zum Schlafen neben den brennenden Kamin. Sie und die Kinder mussten offenbar in einem Zimmer campieren, Mutter schlief mit Kinder zusammen und froren.
Er durfte sich nicht nur als einziger an einziger Wärmequelle erfreuen, sondern auch beliebig oft außer Haus gehen, spielen, andere Leute einladen, etwas spendieren, kurzum das wenige, knappbemessene, nur auf ihre Anfrage hin erhaltene Geld zum Fenster hinauswerfen, wohingegen sie „warten“ durfte, warten auf ihn, wann und bis er nach Hause kam – so wartete sie sich zu Tode, wenn sie nicht endlich „Eier zerschlug, um ein Omelette“ zu backen!“, eines ihrer Lieblingssprüche aus dem Französischen.
„Aber kann doch die Eier auch kochen!“, entgegne ich, jetzt, nachdem ich erst einmal pass erstaunt war über die Brutalität und die Konsequenzen dieser Aussage.
Aus ihrer Biographie leitet sich ihr Misstrauen ab. Sie sei immer wieder belogen worden. Andere Männer täten das auch. Selbst Frauen. In einer zu stark mit Repressalien und Traditionsdruck angereicherten Gesellschaft ist das wohl so eine fast natürliche Reaktion.
Es wird viel gejammert, Rotz und Tränen vergossen am Telefon. Tränen ersticken ihr Misstrauen, weil es ein Liebesbruch und Treuebeweis-Vergehen darstellt.
„Was war Dein Ergebnis beim Spermatest?“
„Postiv. Überdurchschnittlich fruchtbar, muss ich leider berichten.“
Lachen bei Ihr.
Ich widerspreche ihr ungern. So sage ich „Leider!“
„Hast Du es Dir schriftlich geben lassen?“
„Wieso denn? Wieso sollte ein Arzt, der mich zudem nicht kennt, belügen?“
„Ich habe schon so viel Lug und Betrug erfahren, in meinem Leben... Vielleicht auch kam eine Verwechselung zustande?“
„Aber ich war der einzige an diesem Vormittag.“
„Bist Du Dir sicher?“
„Ganz sicher!“
„Dann ist also eine Verwechslung ausgeschlossen!“
„Genau, absolut!“
„Hast Du Dir das Ergebnis schriftlich geben lassen?“
„Aber...“
„Du hast schließlich sehr viel Geld bezahlt.“
„Hm, na ja, ich muss ja noch das Ergebnis eines Urintestes abwarten und dann anrufen, wobei ich darum bitten kann, mir dann das Ergebnis der Samenuntersuchung schriftlich geben zu lassen.“
„Genau. Tu das! Denn weißt Du, die Erfahrung mit Judith, mit der Du immerhin 9 Monate zusammengelebt hast, mit den Ziel, eine Kind zu zeugen, irritiert mich schon. Das kann nicht sein. Entweder Sie war unfruchtbar, kann nicht sein, sie hat einen Monat nach Dir mit einem anderen Mann ein Kind gezeugt. Oder Du bist es. Aber dagegen steht die Aussage über dieses Ergebnis zur Samenfruchtbarkeit.“
„Genau!“
Ich bin neugierig und erstaunt, was wird noch kommen?
„Weißt, es kann auch sein, dass diese Judith Dich erst testen wollte und sich eine Spritze von einem Frauenarzt hat geben lassen, im Voraus, damit sie drei Monate unfruchtbar ist, um Dich und Deine Lebensumstände zu erforschen. Und Du hast gesagt, diese seien für sie enttäuschend gewesen!“
„In der Tat. Schließlich hat sie sich von einem sogenannten „Lehrer“ ein anderes Leben als Gattin vorgestellt, als zu putzen, Klavierunterricht für gequälte, verstörte oder sonstwelche Jugendliche zu machen.“
Das war Futter für ihr Misstrauen.
„Genau, und dann hat sie sich noch eine zweite Spritze gegeben. Womit wir schon bei 6 Monaten wären.“
Ich widerspreche. Unglaubwürdig. Sie hat mich geliebt. Nichtsdestotrotz.
„Ja, glaube ich Dir. Aber für manche Menschen ist etwas noch wichtiger als Liebe!“
„Ich verstehe. Aber ich kenne einige Beispiele, wo ein Ehepaar Kinder haben will, aber partout, leider und unerklärlicherweise keine zustande bringen oder besser kommen wollen.“
Aber diese Beispiele winkt sie ab. Ihre Erfahrungen, offenbar nach Festsetzung des Wunsches, ein Kind zu bekommen, lehrten sie, dass das immer gleich und bald danach auch Realität wurde. Was kann man dagegen noch anführen, wenn man derart von der Vergangenheit besessen ist.
Gülgün stellt sich immer wieder als opferbereit dar.
„Wenn Du aber Dich aber für eine andere entscheidest, dann ist es auch gut. Ich werde Dich nicht davon abhalten.“ Sie würde stets bereitwillig zurücktreten. Das würde ihr nichts ausmachen. Sie will einfach, dass ich glücklich werde, so oder so.
„Denk mal nach: worin unterscheidet sich Liebe von echter?“
Ein Denkauftrag für’s nächste Telefongespräch.
Aber ich versage mir solcher idealistischer Sophistereien. Es gibt nur Liebe oder gar keine.
Beispiele führt sie an.
Da hat der Mann die Frau betrogen, aber die Frau trennt sich nicht von ihm, stattdessen liegt sie Nacht für Nacht neben ihn, den sie verabscheut und hasst. Ist da eine gute Ehe?
„Lieber trenne ich mich. Ich verstehe solche Leute nicht? Dann haben Ehepartner auch zwei getrennte Betten, oft sogar getrennte Zimmer. Ja, was ist das? Warum schlafen sie nicht zusammen in einem? Ist das noch Liebe? Und schau dir mal ältere Ehepaare an. Wie die leuchten von ihnen heraus! Das ist Liebe, sie glühen regelrecht davon. Das ist Glück, bis in den Tod, durch den anderen Geliebten. - Ja, man muss sich Kraft geben, einander elektrifizieren, energetisieren, einander motivieren, Liebe als Sinn im Leben spenden. Das ist echte Liebe.“
Dann bricht sich Resignation durch: manchmal, ich weiß, aber doch muss ich ehrlich sagen, (also spricht sie auch manchmal unehrlich!?), nirgendwo wird so viel gelogen und betrogen wie in der Liebe?“
„In der Liebe ist alles erlaubt!“
Ist das der Parallelkrieg zwischen dem Mann (als Geschlecht ) und der Frau (als Geschlecht).
`Warum geht mir dies durch den Kopf? – Ja, es ist mein Krieg im Kopf, wo aller Krieg beginnt! (laut Mao Tse Tung).
Ihr Mann entpuppt sich als Schwadronierer und bedeutungsloser Schmeichler.
Er ist krebsoperiert worden.
Im Krankenhaus: „Wie geht es Dir?“
„Danke gut: Du, Gülgün, wir werden bald reichen werden, sehr reich!“
„Wieso? Hast Du schon wieder gespielt?“
„Ja, aber diesesmal ist es anders. Ich spüre es!“
Sie seufzt. Diese Sperenzchen hat die Operation nicht wegbringen können.
„Nun, es wird alles gut! Und wir werden noch ein drittes Kind machen, nicht wahr?“, sagt sie, um wieder an eine schöne und verheißungsvolle Zukunft anzuknüpfen.
Er schweigt.
„Was ist?“
„Hat es Dir schon der Arzt gesagt?“
„Nein, was hat er mir sagen sollen?“
„Oh, Gülgün, ich habe so Schmerzen. Bitte lass mich allein.“
Er dreht sich zur Wand hin. Sie beugt sich übers Bett und versucht ihn an der Schulter zu rütteln: „Was ist geschehen!“
Plötzlich kommt ein Sohn die Tür zum Krankenzimmer herein.
So geht sie und fragte den Arzt, was mit ihrem Mann gemacht worden ist.
Sterilisation!
Aber sie hat doch immer und besonders und mindestens noch ein drittes Kind haben wollen. Und dieser dumme Mensch hat sich ohne Absprache mit seiner Ehefrau, mit ihr, unfruchtbar machen lassen.
„Ich möchte aber noch ein Drittes Kind, und Du, Du, lässt Dich sterilisieren!“
.„Geh doch zu einem anderen und lass Dir von dem ein Kind machen!“
(Dazu bin nun ich auserkoren sozusagen. Da ich nichts dagegen habe, im Gegenteil, sind wir zusammen.)
„Ich brauche etwas Liebe dabei!“, hält sie ihm entgegen.
„Ja, ich weiß, so bist Du Gülgün“, und er lacht. Er lacht, als lache er über einen Witz, so lacht man, wenn man über ein naives, dummes Kind lacht, dass versehentlich in den Hundekot getreten ist, allegorisch-symbolisch, gesehen.
„Ich kann nicht mit jedem schlafen, ich blockiere mich dabei“, muss sie sich eingestehen.
(Wobei sie es bei mir nicht ist, u. a. weil wir uns ja von früher her kennen und eine Affaire hatten.)
„Ich brauche einen Mann, mit dem ich glücklich sein kann, Weihnachten feiern und und.... Ich habe schließlich zwei Kinder, da kann ich nicht so ohne weiteres mit jedem heute hier und morgen dort ins Bett steigen, was diese nur verstören würde. Außerdem hasse ich betrügen, belügen und falsch spielen.“
(Nun, jetzt bin i c h jedoch in dieses falsche Spiel hineingezogen, da sie ihrem Ehemann nichts von meiner Existenz erzählen will und ich, solange er mit dem Arbeiten beschäftigt ist, keinen Anruf von ihr erhalte bzw. ich nicht bei ihr anrufen darf. Ich habe eine Rolle im gleichen Spiel, welches sie mit ihren Eltern gespielt hatte, denen sie zwei Jahre lang verheimlichte, bereits geschieden zu sein, obwohl es wohl die und alle anderen ahnden –man spielt heile Welt vor, vermeidet die Wahrheit auszusprechen, um diese nicht zu gefährden.
Über die permanenten Besuche in der Psychiatrie, klagt sie.
„Mein Mann geht dorthin. Warum macht er das nur? Ich habe ihn gewarnt: eines Tages wird er nicht mehr herauswollen oder –kommen!“
Und sie?
Aus verständlichen Gründen und nicht unbedingt freiwillig wird ihr Mann wohl auf Kur gehen müssen, sie jedoch klagt auch unter fortgesetztem Kopfschmerz und hat sich eine Überweisung zur Untersuchung für den Nervenarzt ausstellen lassen.
Ist sie nicht von der gleichen Sogströmung erfasst?
Tatsächlich, ein paar Blutsverwandte sind frühen Alters an „Krebs“ gestorben.
Nun, obwohl ihr die Ärzte Eisenmangel als Ursache der gehirnlichen Schmerzen attestierten, sieht sie sich auch gezwungen, „Krebs“ diagnostiziert zu bekommen. „Wer suchet, der findend“, ein psychosomatisches Symptom wird auf denjenigen Weg führen, wovor sie Todesangst hat.
27.07.2014-
Gülgün erweist sich als realistisch und verspricht sich von einer Heirat mit meiner Person die Absicherung der Zukunft ihrer Kinder. Ich würde arbeiten gehen, während sie unser Kind erwartet, anschließend zu Hause großziehen bis zum Kindergarten. Ihre jetzigen vorhandenen Kinder würden von meinem Verdienst mit unterhalten und alimentiert werden und dahingehend Instand gesetzt werden, ein Studium machen zu können, selbst im Ausland, in Frankreich, wobei sie sich wünscht, ein für allemal nicht mehr mit den Vätern ihrer Kindern muss herumschlagen. Daher hat sie es eilig, sich auch formal die Scheidung nach türkischem Recht anerkennen zu lassen, das deutsch sei nicht ausreichend, sich befürchte, das die Mischpoke ihres 2. Mannes Erbansprüche zu Ungunsten ihrer Töchter nach ihrem Ableben werden durchsetzen wollen: in Bezug auf ihr, aus eigener Tasche finanziertes Haus vor alle. Materielle Nachteile befürchtet sie für ihre Nachkommen.
Muss man denn unbedingt studieren? Muss man sich Akademiker schimpfen können? Aus diesem Dünkel heraus entspricht ihre Abneigung gegen körperliche Arbeit, sei sich zu Schade unterqualifizierte Hilfsarbeit zu machen, gebiert sich dieses höchste Ziel? Liegt das Glück auf solchem Weg?
„Hauptsache, sie werden gute Mensch!“
„Das schon aber...“
O2.08..2014
Gestern Abend Moral- und Gardinenstangenpredigt von Angela Merkel, meiner langjährigen Freundin, über mich ergehen lassen müssen. DDR-Grenzgebiet sei der Wohnort dort bei Kassel und da geht es anders zu im Dorf als sogar im abgelegensten fränkischen; zwei Kinder schon vorhanden, bedeutet Konflikte programmiert; der naive Wunsch, solche Probleme könnten mit einem Nach- und Zuzügler gekittet und gelöst werden, haben sich erfahrungsgemäss noch immer als illusorisch herausgestellt – so und in folgender Weise hat sie mir gründlich den Kopf gewaschen.
„Bei Menschen und deren Verhalten führt die Erfahrung in eine Sackgasse!“
Sie weiter: Und was ich glaube, was es bedeute, in solch spätem Alter, wozu außer mir noch durchaus die 45jährige Partnerin zu rechnen und zu zählen sei, noch ein Baby haben zu wollen?
Pränatale Untersuchungen, sicherlich heutzutage obligatorisch, würden eventuell und gefahrenenpotentiell-erhöht ein behindertes Kind feststellen, nach den 3 Monaten, von denen man noch von einem „nichtmenschlichen Wesen“ ausgehen könne, aber da sind die Föten schon sechs Monate und dann, was geschehe daraufhin?
Schweigen meinerseits, schließlich hatte ich nicht den blassesten Dunst und geringste Erfahrung.
„Die würden dann halt vielleicht abgetrieben werden, um einen erneuten Versuch zu starten“, mutmaßte ich zaghaft.
„Genau, aber weiß Du, wie das gemacht wird?“
Sie ließ mich gar nicht zu einer Antwort kommen. „Natürlich nicht: oft würden, obwohl abgetrieben, diese Wesen noch weiterleben, nachdem sie auf die Welt gebracht wurden, so dass man heutzutage hergeht und sie vor der Zwangsgeburt mit einer gezielten Injektion mitten ins Herz tötet.“ Weil sich meine Gesprächpartnerin dabei übertrieben melodramatisch über den Tisch zu mir gebeugt hat, spüre ich selbst diesen Stich in mir. Die Sprache bleibt mir weg, so drastisch habe ich mir das niemals vorgestellt und je darüber den geringsten Gedanken verschwendet.
„Ich muss mich mal darüber informieren und kundig machen. Erhebungen, Statistiken und Studien gibt es sicherlich, über die Höhe der Mortalitätsrate bei Spätgeburten und die Wahrscheinlichkeitsquote von Behinderten-Geburten“, versuchte ich mich und meine moralische Apostelin zu trösten, die in Schwung und Verve geraten in der labenden abendlich-nächtlichen Kühle der Nacht und unter der Wirkung toxierenden Pusches des Bio-Alkoholkonsums sowie der nicht weniger antreibenden des nervengiftigen Nikotins, wenn auch im ballast- und zusatzstofflich gereinigtem und raffinierten Zustand, weiter aus allen Rohren, was das Zeug hielt, schoss, natürlich aus offenkundig-feministischer Stellung und Standpunkt heraus, aber wissend auch, als ihr Gülgüns Biographie als geschiedene Frau mit Kind geschildert, daran ein gehöriges Stück Wahrheit kleben musste, wusste sie schließlich sehr genau aus ihrer Einsichtsmöglichkeit und durch vertraulichen Umgang in türkischen Kreisen und Familien, aus welch schwerem Stand und defensiver Stellung heraus sich die Frauen ihr Leben gegenüber den dominanten Männern gestalten müssen.
aber dennoch wusste ich noch ein anderes zündendes Argument. Ich baute meine Verteidigung auf den Lebens- und Familienumstand unseres gemeinsamen Bekannten, Begier, (Endung als Doppelvokale zu lesen) auf.
Habe er nicht erst mit 48 geheiratet und nunmehr drei Kinder, eines, das immerhin bereits in die Grundschule ginge? Wer von uns deutschen Freunden, bloß mit verhaltenem Schmunzeln bedacht, hätte im übrigen je geglaubt, dass die Erzählungen von Begier, voll der Hoffnung, nur den glitze-kleinsten Funken Hoffnungsberechtigung enthalten könnten?
„Ja, aber der ist jetzt erst 55!“
Mageres Geschütz dies, sie merkte es selbst. Aber sofort schoss sie mit dem aus ihr gemäßen Art der unbedingten, nicht rechthaberisch gedachten (!) Position des Rechthabens erneut, allerdings unter anderem Apostroph stehende Argument, zurück: „Ja, der ist erst 55, aber Du...“
„Ich möchte von meinem Kopf leben“, äußerte sie den Wunsch beim letzten Telefonat. Das ist doch ein Spruch, erinnere ich mich recht, den ich in Rumänien gemacht habe. Sie meinte dies in Zusammenhang damit, dass sie als Akademikerin keine Lust habe bei McDonalds in der Küche den Abwasch zu machen („vom Tellerwäscher zum Millionär“, wobei dieser Mythos unrealisierbar geworden ist mittlerweile, da diese Ochsenmaloche bestimmt längst die Großraum-Spülmaschinen übernommen haben.)
Ich dachte mir, ohne es zu sagen, an einen anderen Spruch, nur dieser frei nach Gottfried Büchner: „Bildung ist die höchste Ausgeburt der Eitelkeit!“ Form satt Ausgeburt muss es im Original bestimmt heißen.
Sie erzählte, dass sie sogar einmal dort gearbeitet habe, vielleicht war es auch eine anderen Firma, gleichwie, und was sei geschehen? Entlassen worden. Vielmehr und genauer gesagt, da die Beschäftigung sowieso nur vorübergehend gedacht war, als Praktikum sozusagen, wird ihr mitgeteilt, als sie sich darum bewarb, dass zurzeit leider keine Übernahme möglich sei, so gut ihre Leistungen auch wären, müssten sie ihr leider so bescheiden, wäre aber eine Stelle zukünftighin zu besetzen und vakant, würde man auf sie zurückkommen. Nur merkwürdig, dass es vielen anderen genauso erging! Dies unter der augenzudrückenden Lides und Mithilfe des Arbeitsamtes, welches sich nichts auszurichten und dagegen anzugehen traut, solche zweifelhafte Methoden großer, weitverzweigter Filialen zu unterbinden.
„Ich will damit nichts mehr zu tun haben, mit solchen ausbeuterischen Behandlungen und Widerfahrungen...ich will, dass Du mir ein Kind machst, eine Arbeit hast und wir genug Geld verdienen, dass ich zu Hause beim Baby sein kann und es in Ruhe und unbehelligt vom malträtierendem Arbeitsamt oder Jobcenter großziehen kann!“ Verständlich.
Weniger verständlich aber für mich: „Wirst Du auch für die akademische Laufbahn meiner zwei Kinder aufkommen. Für die eine, wenn sie einmal ins Ausland will auch? Bei der ist es schon absehbar, denn sie hat die Kapazität zu einem Studium.“
Dieses unbedingte und rigorose Die-Kinder-Müssen-Studieren-Einstellung ist nicht meine. Warum müssen diese? Warum nicht eine Ausbildung?
Und weiter meine Freundin, Angela Merkel, die Stimme der Vernunft und gesellschaftlichen Rationalität moderner westlicher Welt. „Ich verstehe, Sie hat nur ein Ziel. - Schau her, sie hat ein Haus in der Pampa sozusagen, halt an der ehemaligen DDR-Grenze.“ Meine Protestnote, dass diese längst nicht mehr existiere, ignorierte sie höflich und bescheiden. „Und ich weiß, wie es dort aussieht, das darfst Du mir glauben.“
(Wem sonst als Angela Merkl kann man es glauben?)
Murren meinerseits, was blieb mir übrig. „Dann keinen Arbeitsplatz, weit und breit nicht die geringste Chance dafür...“ Räuspern. „Zwei Kinder am Buckel (letzteres Attribut meinem Sprachschatz entliehen), die Väter, einer weit weg, der andere bereits mit einem Bein im Grab (letzteres wieder meinem Mist zuzuführen), nah (und nu), was glaubst Du, was die wohl will?“ Bevor ich hatte ihre rhetorische Frage parieren können, ging’s munter weiter. „Natürlich, sie stammt aus einem traditionellen, konservativen Kulturkreis...“ Petitionsformulierung meinerseits: „Aber sie würde niemals ein Kopftuch tragen, wie das türkische konservative Frauen zu tun pflegen.“ „Das nicht, aber dennoch konservativ. Na klar ist das wie Fleischbrühe (so blumig sich auszudrücken, kann nur von mir stammen), was sie sich von Dir oder von einem Mann erwartet oder erwarten muss?“
Das war jetzt keine Floskel.
Aber ich wusste es nicht, begriff es nicht, war mir ja egal. Wenn es der Preis eines Babys von mir war, sollte es mir recht sein.
„Du bist egoistisch und selbstsüchtig!“ „Das sind 99Prozent aller Menschen auf der Welt!“ „Ach, ich geb’s auf.“ Was verständlich war, um sich nicht erneut wiederholen zu müssen. Ende der Diskussion.
Es ist verblüffend für mich. Sie hält mir einen Spiegel vor, in dem ich ein neues Gesicht wahrnehme.
Ich erzähle ihr über meine Frauen-Beziehungen. Schließlich, weswegen sie auseinandergegangen. Bei denen, wo ich die Trennung vollzogen habe, erkennt sie, dass ich die anderen keine Kinder hatten haben wollen. So dröselt sie einen roten Faden aus meinem Leben heraus: den unbedingten Kinderwunsch.
Selbst bei meiner letzten Beziehung, die 10 Jahre gedauert hat, sieht sie diesen.
„Warum aber hast Du Deine Partnerinnen nicht von Anfang an verlassen? Sie haben doch freimütig bekannt, keine Kinder haben zu wollen!? Ich hätte mir sofort eine andere gesucht!“
`Gesucht, auf der Suche nach der Erfüllung meines Wunsches. Hm-aha!`
„Nun, sie war ja noch fruchtbar. Ich habe gehofft, sie würde über kurz oder lang der Umstände gleichgültig gegenüber stehen und es würde schnackeln. Freilich, sie war Krankenschwester und hatte, bestens und perfekt ihren Körper unter Kontrolle!“
„Hm!“ Sie versucht es zu verstehen...
Sie weint am Telefon: „Ich möchte unsere zweite Chance nicht vermasseln. Ich habe dich das erste mal enttäuscht, es tut mir so leid.“ So weint sie ausgiebig.
Am nächsten Tag aber bezeichnet sie diese Theatralik als „Theater“. „Ich will kein Theater mehr machen.“
03.08.14
Der Schock über das Befremden ihrer Bemerkung, ich solle mir bei ihrem Wohnort ein Haus oder eine Wohnung kaufen, sitzt mir noch in Knochen und Gliedern. Das gleiche Gefühl hatte ich, als ich sie in der Türkei, in Ankara, besuchte, in der Annahme „Besuche-mich“ bedeute, ich würde dann irgendwo privat bei ihr untergebracht sein, stattdessen hat sie mich zu einem Hotel geführt, wo ich die zwei Wochen Aufenthalt in der türkischen Hauptstadt etwas vereinsamt und alleingelassen vor dem Fernseher des Hotelzimmers zubrachte, unterbrochen von einem Besuch bei ihr zu Hause oder Sonstwo in irgendwelchen Privatträumen von Wemauchimmer.
Wie nur stellt sie sich dann das Leben, das wir führen sollten, vor, wenn ich in der Nähe bei ihr in Kassel wohne? Arrangierte Besuche, Sonntags vom 2. Exmann, ansonsten nach entsprechender Vorankündigung wäre es möglich für mich und würde mir eingeräumt werden, ein Treffen bei ihr stattfinden zu lassen oder nur bei mir, der Kinder wegen? Ich in der Rolle des Freundes zur Ausleihe; Leasing-Friendship auf Englisch?
Aber die Augen einer Orientalin sind dunkel, der Einblick in einen Teil ihrer selbst wird einem durch diese schattige Undurchdringlichkeit der Augen verwehrt; man sieht nicht über ein weites Feld oder unendliches Meer in ihrer Iris wie bei einer helleren, pastelleren Farbe wie kornblumenblau; man sieht und merkt zwar, dass man gleichfalls angeblickt wird, aber man kann es nicht genau verifizieren. Ihr Blick hat etwas Kindliches, Liebes, Naives (= kitschige, romantische Vorurteile).
Haus an der ehemaligen DDR-Grenze!?
Offenbar macht sich hier der demographische Bevölkerungs-Wandel in der BRD bemerkbar. Kleinhäuserbauer und –besitzer hat in seine „My-House-is-my-Castle“ was das Zeug hergab investiert und hineingesteckt an Arbeitskraft und Material, liebevoll, hingebungsvoll und selbstlos ausgebaut, saniert und renoviert, stets bestens in Schuss und Instand gehalten, was vom Zahn der Zeit angenagt wurde, in der Annahme, es eines späten Lebenstages seinen Nachkommen und Erben stolz übergeben, überantworten und überlassen zu können. Aber deren Kinder, verwöhnt und verführt von Luxus, Pluralismus und wohlständischer Lebensführung, wollen nichts von Selber-Kinder-Kriegen mehr wissen, lechzen und sind verführt stattdessen von der Abwechslung, Vielfältig- und Buntheit groß- und megastädtischer Umtriebigkeit. Sie ziehen oder sind längst weggezogen dorthin, verwaiste Eltern und Familienhäuser zurückgelassen. Was schon ws den zurückgebliebenen, älteren Menschen übrig? Sie müssen ihr Kleinod unter Preis verscherbeln, nunmehr an nachfolgende und ins Land drängende kinderreiche Ausländer, Vertriebene und Wirtschaftsflüchtlinge, die bereit sind, sich der Beschränkung, Langeweile und Reizarmut des Landlebens auszusetzen, damit ihre nachfolgende Generation, ihre Kinder, ein Bleibe haben und eine bessere Zukunft, die sie sich mit der Vorstellung, Privatbesitz zu besitzen, ausmalen und sich wünschen.
Selbstdarstellung: „Ich-bin-eine-Mutti!“
Die Sorge um ihre Tochter. Beim Schwimmen schwappe Wasser in die Ohren; sie schnappe versehentlich Wasser, trinke und schlucke es, rotzend und spuckend, was das Zeug hält, tauche sie aus dem Wasser auf.
Nach einem Bade- oder Schwimmausflug wäre sie krank geworden, fiebere. Eine, zwei Tage verzehre sich die Mutter vor Sorge, pflege diese, hätschele und sorge sich hingebungsvoll, selbstlos und ausschließlich um den Gesundheitszustand dieses kleinen Mädchens bekümmert.
Die Rede fällt auf einen einwöchigen Ferienaufenthalt ihrer Tochter auf diesem Bauernhof. Sie mache sich s o Sorgen.
„Warum?
Die Kindergruppe würde, während dieser Wochen Ferien auf dem Lande, einmal baden und schwimmen gehen. Und da wäre die Kleine wieder gesundheitlich gefährdet.
Aber da ist doch Fachpersonal dabei, Erzieher und Sozialpädagogen, diese werden schon aufpassen.
„Ja, ja! Aber ich bin Mutti!“
„Ich möchte nicht, dass Du mit mir in Konsulaten (in türkischen) herumsitzen musst und die Zeit herumbringen, darauf wartend, dass mir ein Touristenvisum für die Einreise in ein europäisches Land ausgestellt worden ist!“ – dies als eine Begründung dienend, weswegen sie sich will auch nach türkischem, außer bereits durchgeführten Deutschen Recht scheiden lassen.
2014-08-12
Schwester schreibt Brief: kümmere Dich um Mutter. Auch vom Vater erhält sie einen 18-seitigen Anklagebrief. Sie ruft dennoch bei den Eltern an, um Mutter sprechen zu wollen, Vater, am Apparat, ist kühl, behauptet, diese sei gerade unter der Dusche. Sie solle später anrufen. Sie unterlässt es.