KLICKS UND CLIQUEN

Synthesen + Analysen in der Matrix


Eine Kolumne von  Bergmann

Mittwoch, 20. August 2008, 11:51
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Voilà! Eine Traumdeutung

[Der Kopf mit der langen Nase - Traum vom 30.7.2008]

Ich ging auf der Bonner Straße, aber rechts und links standen keine Häuser. Weit hinter mir lag Godesberg, das kleine Städtchen. Es war später Nachmittag, die Sonne schien hell durch den trüben Himmel. Auf der rechten Seite lag ein Biergarten. Einige Tische waren besetzt. Ich zog mir an einem freien Tisch die Schuhe aus, weil sie voller Sand waren. Ich ließ die Schuhe am Rand des Rasens stehen und ging in die hinter dem Garten liegende Wirtschaft, um mir die Hände zu waschen. In der Eingangsdiele begegnete mir ein Liliputaner, der mir bekannt vorkam. Ich trat ins Dunkel der Gastwirtschaft, aber da ging es nicht weiter, und schon sah ich mich wieder umkehren. Ich trat in die helle Diele, als die Tür zum Garten sich öffnete und ein kleiner Kopf tief unten auf dem Fußboden sich langsam fortbewegte. Der Mann mittleren Alters trug einen ganz gewöhnlichen, hellbraunen Hut, unter dem eine lange Nase wie ein Stock herausragte. Die Beine waren nicht zu sehen, der Kopf schien ohne Beine zu laufen. Dann hob der kleine Herr den Kopf und streckte mir seine lange Nase entgegen, mit der er meine Beine sacht berührte. Er sah mir ausdruckslos, aber eindringlich in die Augen, senkte dann den Kopf und lief zur Mitte der Diele, während ich durch die geöffnete Tür in den Garten schritt. An meinem Tisch saß ein breiter Mann, der sich, als ich mich zu meinen Schuhen bückte, um den festen Sand mit einem Messer herauszukratzen, zu mir umdrehte und mich fragte, was ich da machte. Sie sitzen an meinem Tisch, sagte ich, aber er sagte nichts weiter und wendete sich von mir ab. Ich nahm meine Schuhe, klopfte sie auf der festen Erde des Weges aus und schlug sie gegeneinander, bis die letzten Sandkörner heraus gefallen waren. Ich zog die Schuhe wieder an und lief in die Stadt zurück. Als ich gerade in die Koblenzer Straße einbiegen wollte, fiel mir ein: Ich war doch mit dem Rad gefahren! Ich habe mein Rad im Biergarten gelassen. Ich kehrte um und lief die Bonner Straße hinab, bis ich erwachte.

Ich zog mir die Schuhe aus:
Ich halte inne, um nachzudenken, um mich zu besinnen, der Weg führte zu mir, ich brauchte nicht weit zu reisen, aber ich hatte Sand in den Schuhen: ich musste anhalten, um den Weg besser weiterzugehen. Der Biergarten war die Box, Zwischenreparatur, nichts weiter.

ein Liliputaner:
Ich begegne mir selbst - ich sehe mich aus großer Distanz, ich war schon da, bevor ich ankam = ich kenne den Ort der Selbstbegegnung, ich kenne mich ziemlich gut.

… da ging es nicht weiter: Ich kenne die Räume, die Zimmer, meine Seele, ich muss mir nicht die Hände waschen, ich bin unschuldig, alles stimmt.

Der kleine Herr mit der langen Nase: Noch einmal ich? Sehe ich mich nun noch distanzierter als eben, muss ich mich vergewissern, dass ich tatsächlich so eine Distanz zu mir habe, jedenfalls zu meiner Seele. Ich bin mir meiner sicher - als Kopfmensch. Der Körper fehlt in der distanzierten Sicht ganz, sogar die Füße, der kleine Herr läuft trotzdem, der Kopf läuft, ich stagniere nicht, ich bleibe beweglich. Der kleine Herr schaut mich an, aber das beunruhigt mich nicht, ich halte meinem eigenen Blick stand.

Der breite Mann: Ein Konkurrent? Oder sehe ich mich in der Vergangenheit, die mir im Weg steht? Die Auseinandersetzung endet konfliktlos. Ich setze mich nicht an den Tisch, sondern setze meine Arbeit an mir fort und reinige meine Schuhe vom störenden Sand. Nun kann ich weiter gehen: Aber ich kehre zurück in die Stadt, aus der ich kam. Ich gehe zurück aus meiner Mitte an die Peripherie meiner Seele, wo ich mit anderen lebe.

Das Fahrrad: Ich muss noch einmal zurück in meine Mitte, in die Seelenbox, mein Rad holen. Ich war nicht gelaufen, sondern gefahren. Was bedeutet der Irrtum? War ich zerstreut - oder spielte mir der Traum einen Streich? Ich glaube, der Schluss ist ein Scherz - ich stehe mir selbst mit Humor gegenüber und erkenne meine Unvollkommenheit: Was man nicht im Kopf hatte, muss ich nun mit den Beinen kompensieren: Der Körper ist wieder da! Körper und Geist ergänzen sich! Voilà.


Ulrich Bergmann

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Kommentare zu diesem Kolumnenbeitrag


 Maya_Gähler (22.08.08)
Interessante Gedankengänge, gerne gelesen.
Da ich mich auch immer wieder mit dem Thema Körper, Geist, Seele beschäftige, würde es mich interessieren, ob es sich um eigene Gedanken handelt oder ob eine Hilfe zur Traumdeutung herbeigezogen wurde.
Basiert dies alles auf eigenen Gedanken, dann kann ich nur sagen:
Klasse... denn eine Erklärung, die man sich selbst gibt, die einen zufriedenstellt ist immer eine gute Erklärung.
Jeder lebt seine eigene Wahrheit, auch wenn dies viele nicht wahrhaben wollen.
Viele Grüsse,
Gudrun

 Bergmann (22.08.08)
Das sind Selbstdeutungen, die ich mehr als literarischer Interpret denke!
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