KLICKS UND CLIQUEN

Synthesen + Analysen in der Matrix


Eine Kolumne von  Bergmann

Dienstag, 07. Juli 2015, 18:04
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Modismen der Theater- und Opernregie

467. Kolumne

Nazi/SS/WEHRMACHT, etwa in Schiller-Stücken (Kabale und Liebe); Blut in Strömen, ganze ‚Ketchup-Ballons’ platzen; nackte Männer, auch alte; nackte Frauen, auch alte; Verfremden, Verfremdung der Verfremdung; Gag-Manie und Slapstick; Zitate aus TV-Soaps; Zitate von Zitaten von Zitaten; Einmontieren fremder Texte und englischer Songs, oft der einfältigsten Art; Libretti und Texte werden vollkommen umgestaltet zu Bedeutungs-Potpourris; Mix aller Stil-Ebenen, Atmosphären, Postmodernität in der vierten Dimension; Absenken des sozialen Milieus: Slang-Sprache in allen sozialen Schichten; Musicalisierung des Sprechtheaters; Kabarettisierung und Transformierung ernster Stücke (Ibsen, Strindberg etc.) in Comedy-Puzzles; die Putzfrau als Heldin der griechischen Tragödie; Romane werden auf die Bühne gewichst, und so weiter und so fort ... Umwertung um der Umwertung willen; l’art pour l’arsch: „... der ganze unsinnige Mist geht ja bloß weiter, weil gestandene & abgestrafte Besucher immer noch blind ein Opern-Abo buchen. Weil Leute meinen, einen Skandal, ein Skandälchen, einen Unfug unbedingt auch noch sehen zu müssen, um mitreden zu können. Weil Redakteure von Opernwelt, überregionalen Zeitungen sich vielleicht ihre Freikarten & Verbindungen nicht verscherzen wollen. Vielleicht, weil ein Musikkritiker 20 mal Senta am Spinnrad sah & jetzt aufjubelt, weil sie im Friseursalon sitzt? Weil Hohlbirnen meinen, alles Ältere sei verstaubt & unverständlich? Für was für ein Publikum denn? ... Gebildetem Publikum muss man nichts Gültiges modernisieren. ... Wir brauchen keine Regie-Egomanen. Wir brauchen Theaterleiter, die Verbindungen zu Oberstufen & Uni knüpfen.“ (Alfred Ott)
Nur Großmeistern der Regie gelingt das Neue, das Überraschende etwa Karin Beyer, oder Purcarescu bei SATYAGRAHA (Philip Glass), ohne das Wesentliche des Originals zu beschädigen oder gar zu entwerten. Es gibt gelingende Ungeheuerlichkeiten auf der Bühne, aber sie sind selten. Es gibt leider kaum noch Mut für stückgemäße Inszenierungen ohne Firlefanz.

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Kommentare zu diesem Kolumnenbeitrag


 Theseusel (24.07.15)
Ich lasse meine Karte für die Götterdämmerung am 01.08. in Bayreuth ganz einfach verfallen;)
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