Film & Fußball

Eine cineastische Mannschafts-Kolumne


Die Kolumne des Teams " Film & Fußball"

Mittwoch, 06. Juni 2012, 10:56
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„Für nichts auf der Welt...

von  Didi.Costaire


...geb ich uns verlorn. An Tagen wie diesen wer’n Sterne geborn.“

So heißt es im Refrain einer der vielen „Offiziellen EM-Songs“. Diesen hat Roger Cicero für den DFB eingespielt.

Die Wahrscheinlichkeit, dass die besungenen „Sterne“ Mercedes-Sterne auf ihren Trainingsjacken tragen, ist im Laufe dieses Jahres ein wenig gesunken. Nach der glänzenden Quali scheinen etliche Spieler nicht in Bestform zu sein. Säulen des Teams wie Schweinsteiger, Klose oder Mertesacker sind oder waren lange verletzt. Bayern München, dessen Spieler das Korsett der Nationalmannschaft bilden, hat die bittere Erfahrung dreier zweiter Plätze in Meisterschaft, Pokal und Champions League machen müssen.

So hat Jogi Löw viel Können, Spielwitz und Begeisterung um sich herum versammelt, aber auch viele Wackelkandidaten und wenige feste Größen. Zu letzteren gehören eigentlich nur der souverän agierende und überaus erfolgreiche Samy Khedira und der stetig wachsende Kapitän Philipp Lahm, dem allerdings der Makel anhaftet, immer für einen zweiten oder dritten Platz gut zu sein, bei starker Konkurrenz aber nicht für den Gesamtsieg. Auch von Lukas Podolski ist diesmal einiges zu erwarten, insbesondere dann, wenn die deutsche Mannschaft es schafft, in Polen zu spielen.

Falls es bei Poldi mal nicht läuft, ist André Schürrle stets ein torgefährlicher Ersatz, genauso wie Marco Reus auf der anderen Seite es zumindest sein könnte. Vielleicht auch Ilkay Gündogan im zentralen Mittelfeld, oder sogar Lars Bender, der sich in der Ukraine und Polen nicht um Dosenpfand scheren muss und auch sonst befreit aufspielen könnte, falls er darf.

Hinter einigen anderen stehen Fragezeichen, angefangen bei den Führungsspielern Bastian Schweinsteiger und Miro Klose, denen die Spielpraxis fehlt. Auch der eigentlich hervorragende Manuel Neuer hat keine richtig gute Saison gespielt, ebenso wie sein Vereinskollege Thomas Müller. Mario Gomez hat es immer dann schwer, wenn das Spiel nicht hundertprozentig auf ihn zugeschnitten ist. Toni Kroos und Mesut Özil gelingt es immer noch zu selten, ihr hervorragendes Können beständig zu zeigen, und Mario Götze scheint nach seiner Verletzung noch meilenweit von seiner Bestform entfernt zu sein.

Die Abwehr schließlich, ohnehin Achillesferse des deutschen Teams, konnte bislang nicht gefestigt werden. In der Mitte muss man wohl auf den im Stellungsspiel nicht immer sattelfesten Badstuber bauen, und wie es aussieht, gibt der etwas behäbige Per Mertesacker den zweiten Innenverteidiger, auch wenn die Fans eher Mats Hummels aufstellen würden, der allerdings im Nationalteam noch nicht so richtig überzeugen konnte. Egal, wer als zweiter Außenverteidiger neben Lahm aufgeboten wird: Boateng, Höwedes und Schmelzer sind allesamt eher Notlösungen.

Dennoch stehen die Chancen nicht schlecht bzw. die der anderen nicht unbedingt besser. Auch die Spanier müssen auf eine unbefriedigende Champions League-Saison zurückblicken, und ihr nationales Pokalendspiel fand so spät statt, dass die Vorbereitung darunter litt. Die Niederlande haben zwar sowohl den deutschen als auch den englischen Torschützenkönig in ihren Reihen, aber ebenfalls keine besseren Verteidiger als wir. Die Franzosen sind neuerdings auch ein bisschen Holland, fußballerisch jedoch momentan nicht ganz so gut. Der italienische Fußball kämpft außer mit den Gegnern noch mit einem neuerlichen Wettskandal. Portugal verlässt sich zu sehr auf die Ein-Mann-Show Cristiano Ronaldos. England agiert zwar mal wieder mit einem echten Torhüter, dafür ohne den „Kopf“ Frank Lampard. Die Polen schließlich haben trotz Heimrecht und eines starken Lewandowskis nur geringe Chancen, da sie keine elf Weltklasseathleten zusammen bekommen.

Dass eines der restlichen Teams die Sensationserfolge von Dänemark 1992 und Griechenland 2004 wiederholt, ist unwahrscheinlich, selbst wenn Giovanni Trapattoni im Nebenjob die Auswahl des Vatikans betreut und es nicht nur mit einer Betonabwehr, sondern auch mit dem Papst in der Tasche versucht.

Apropos Außenseiter: Die Matschfußball-WM, die in Schottland stattfinden sollte, fällt zwar laut FAS-Bericht wegen mangelnder Beteiligung aus, aber es gibt alternativ die Schlammfußball-WM in Finnland im Juli. Kein geringerer als Ansgar Brinkmann hat das deutsche Team zusammengestellt. Falls Jogis Jungs bei der Europameisterschaft keinen Erfolg, aber nach den Spielen immer noch weiße Trikots haben sollten, wäre es ein Indiz dafür, dass Roger Cicero seinen Song in Wirklichkeit für die Schlammfußballer geschrieben hat, nachzulesen in der ersten Strophe des Liedes. Demjenigen, der jetzt bereits genug von Worten hat, empfehle ich die Bildersuche zu „Schlammfußball“.

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Kommentare zu diesem Teamkolumnenbeitrag


 Dieter_Rotmund (07.06.12)
Ja, den Artikel über die Matsch-Kicker habe ich auch gelesen. Schade, dass nicht deren Spiele live im Fernsehen übertragen werden, mit 3 Stunden Vorberichterstattung. Experten: Nina (4) und Luca (5) von der Berliner Kita "Wasserschloss".
Nachts könnte es ein Einlagenspiel geben, die Damen vom Kölner "Pascha" gegen die dürren Schnacken aus Klumps Modelschmiede. Ach, wie wäre die EM schön!

 Lala (07.06.12)
Gut zusammengefasst, Didi.

Hoffentlich gelingt es dieser goldigsten Generation des grüngestrickten deutschen Mafiosi Verbands nach der letzten legendären Generation, die von 70-74, einen Titel abzuräumen. 70 gelang ein 3. Platz. So wie in 2010. 72 folgte der Ramba Zamba EM Titel.

2012 ?

2014 in Brasilien wird kein europäisches Team den Cup holen. Darauf zu hoffen, in Brasilia oder Rio mehr als Blech zu bekommen, halte ich für vermessen. 2016 sind Lahm, Schweini und Podolskis? Lame Ducks und Özil auch schon 28. Zidane war 26 als er den WM Titel holte - mit Heimvorteil. Ballack 29 als er ihn verpasste - mit Heimvorteil.

 Didi.Costaire (08.06.12)
@ Dieter: Das müsste dann aber in 3D laufen! Ich dachte mir schon, dass dich Matschfußball mehr reizt als ein Match zwischen Fußballprofis.
@ Lala: Ob sich nach vierzig Jahren das wiederholt, was nach sechsunddreißig Jahren nicht klappte? Auch 2006 wurde Deutschland WM-Dritter.
Dass es für Europäer auf dem amerikanischen Kontinent keinen Titel zu holen gibt, scheint zementiert. Allerdings sind USA 1994 und die letzte WM in Südamerika, Argentinien 1978, lange her, und die Welt rückt enger zusammen.
Danke für eure Kommentare und schöne Grüße, Dirk
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