Film & Fußball

Eine cineastische Mannschafts-Kolumne


Die Kolumne des Teams " Film & Fußball"

Donnerstag, 12. Februar 2015, 09:10
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Unbeschreiblicher Fußball

von  Dieter_Rotmund


Ich möchte mal die Frage in den Raum stellen: Kann man über Fußball heutzutage überhaupt noch schreiben?
Ein Schnittmenge zwischen Literatur und Fußball ist praktisch nicht vorhanden. Lokalautoren bemühen sich hier und da um Regionalika mit Fußballbezug. Manchmal schreiben sie Fiktion im Fußballumfeld und dann ist es (bestenfalls: gute) Trivialliteratur.
Bleibt der schriftliche Journalismus, Fast Food-Literatur wie jemand einmal treffend beschrieb. Deskription des Fußballgeschens in Deutschland hat sich jedoch ganz der Deutungshoheit des Fernsehens unterworfen. Von Fernsehsendern, die viele, viele, viele Millionen Euro für das Privileg bezahlt haben, es zu dürfen. Ausgewogen- und Sachlichkeit fehlen da natürlich. Kritik ist bestenfalls an erfolglosen Trainer erlaubt, die Systeme an sich werden nie in Frage gestellt.
Natürlich gibt es eine fundierte und kritische Hintergrundberichterstattung in der Printpresse. Man muss sie nur auch lesen. Doch wollen das die Menschen lesen? Mir hat jemand mal gesagt, er wolle nicht zu einem Fußballspiel gehen, wenn sein Herz nicht für eine der beiden Mannschaften schlagen würde. Das heißt, die Leser wollen lesen, das ihre Mannschaft doch irgendwie die allerbeste sei, nur manchmal habe man halt Pech. "Unverdient verloren" heißt es dann, und die Mannschaft habe eigentlich das Potential, um wasauchimmer...". Die Lokalpresse bedient diese Wünsche. Nur wenn es ganz schlecht läuft und die Stimmung kippt, schreiben Journalisten gegen den Fußball in ihrer Region. Dann muss der Trainer/Präsident/Spieler gehen und alles ist wieder prima. Die Fußballfans wollen Jubelpresse lesen.
Letztlich ist eine literarische Annäherung an der Fußball nur auf einer Meta-Ebene möglich. So etwa wie Nimbus an dieser Stelle letzte Woche: Die Beschreibung eines Telefongesprächs, in der es äußerlich um Fußball-Blaba geht, im Inneren aber um das Verhältnis der Tochter zu ihrer Mutter. Was vermutlich spannender ist als Geschriebenes über Fußball. Noch spannender ist: Selber kicken. Wann waren wir das letzte Mal auf dem Bolzplatz um die Ecke und haben selbst versucht, das Runde in das Eckige zu bekommen?

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Kommentare zu diesem Teamkolumnenbeitrag


 FRP (12.02.15)
Du schreibst zum Fernsehen: "Ausgewogen- und Sachlichkeit fehlen da natürlich. Kritik ist bestenfalls an erfolglosen Trainer erlaubt, die Systeme an sich werden nie in Frage gestellt."

Das stimmt so nicht. Zum Beispiel haben auf Sport1 in der Spieltaganalyse, immer Montag, 22.15 Uhr, die Thomasse Helmer, und vor allem: Strunz! Guardiolas System selbst in den Zeiten grössten Erfolges immer infrage gestellt; bis hin zu taktischen Tipps, wie man es aushebeln könnte. Insbesondere Strunz geht sehr intelligent und analytisch an die Sache heran. Auch dem Klopp hat er daselbst und im sonntäglichen "Doppelpass" quasi vorgebetet, dass auch sein Sytem im Prinzip immer Schema F ist, und welche Gefahren darin liegen. Strunz hat auch immer eine gut begründete alternative Aufstellung zurhand, - auch im Vorfeld,- und die schmerzliche Realität hat dann oft gezeigt, dass seine Warnungen berechtigt waren. Manchmal, zum Beispiel beim Thema Nationalmannschaft 2014,- ist Strunz auch ein übertreibender Mahner und Warner. Das weiß man nach einiger Zeit, und rechnet es,- quasi,- aus seiner Sicht der Dinge heraus.

Macht es noch Sinn, über Fußball zu schreiben, fragst Du.
Gerade in den Zeitungskolumnen (Netzer!) gibt es Raum für Kritik, die so in den Medien der bewegten Bilder keinen Platz hat. Ich lese immer auch gern ergänzend die Spielberichte in meinem lokalen Wurstblatt; für die Aufstellungen der Teams gibt es in der Sportschau zumeist leider keinen Raum. Und manchmal lese ich auch die alten Bücher aus der DDR über alte EM und WM-Ereignisse. Die sind natürlich politisch gefärbt; auch dies muss man sich etrahieren. Die regionale Presse mag sich natürlich in Schönfärberei ertränken, ganz recht. So etwas sollte man dann wirklich nicht lesen. Alle anderen Spielberichte zum Regions-Fernen hingegen schon.

Das mit dem "selber kicken" macht sich immer gut in der Anführung, aber ich überlasse das Kicken lieber echten Könnern.

 Dieter_Rotmund (12.02.15)
Lieber FRP,
Du nimmst mich auf den Arm, nicht wahr? Mit "System" meine ich natürlich den Profi-Fußball und dessen Auswüchse, dies an alle diejenigen, die FRPs Frotzelei nicht verstehen!

Sehr interessant, was Du über Deine Fußball-Lesegewohnheiten erzählst. Mir selbst sind die reinen Spielberichte viel zu redudant, aber ich lese gerne kurze Mannschaftsporträts aus den Amateurligen.
Graeculus (69)
(12.02.15)
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 Didi.Costaire (12.02.15)
Am Analysetool ist Strunz wirklich eine Kapazität und sogar Sport1 für eine knappe Stunde in der Woche zu ertragen.
Ansonsten empfehle ich 11 FREUNDE: kritisch, witzig, gegen den Mainstream und sprachlich reizvoll.

 FRP (13.02.15)
"Lieber FRP,
Du nimmst mich auf den Arm, nicht wahr? Mit "System" meine ich natürlich den Profi-Fußball und dessen Auswüchse, dies an alle diejenigen, die FRPs Frotzelei nicht verstehen!
... aber ich lese gerne kurze Mannschaftsporträts aus den Amateurligen."

O ja, ich habe vergessen, dass Du dazu neigst, aus allem ein Politikum zu machen. Ich nahm mir die Freiheit, im Fußball nichts Sonstiges sehen zu wollen. Politik und Philosophie stets dahin, wohin sie gehören; notfalls auch in einen FIFA- und DFL-kritischen Text, der als solcher klar daherkommt. Wer bei jedem Spielbericht das ganze Fußball-Vermarktungssystem infrage stellt, den lese ich auch nicht, wegen hochgradiger, Thema-verlassender Öde da, ao ich über ein konkretes Spiel berichtet haben möchte. Die Amateurligen sind mir ganz und gar wurscht. Und wenn Du in allem eine Frotzelei gegen Dich sehen willst, dann sollte Dir das ernsthaft zu denken geben. Gehabe Dich.

 Dieter_Rotmund (13.02.15)
Lieber FRP,

eine "Frotzelei" ist eine kleine, freundschaftliche Neckerei, kein "Politikum gegen mich"! Ja, doch, nicht, oder?
Graeculus (69)
(15.02.15)
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