Film & Fußball
Eine cineastische Mannschafts-Kolumne
Die Kolumne des Teams " Film & Fußball"
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Im Autokino
von Dieter_Rotmund
Wer hätte das gedacht, dass das Autokino solch eine Renaissance erlebt! Sie schießen derzeit deutschlandweit wie die Pilze aus dem Boden, die Autokinos, auf ungebuchten Messeplätzen oder ungenutzten Großparkplätzen neben geschlossenen Museen. Es ist nicht das Gleiche wie in einem echten Kino, bei weitem nicht, soviel steht fest: Man sitzt quasi in einen Kasten und der Film-Ton kommt aus dem Radio. Keine Abendkasse, Tickets muss man vorher online buchen. Es besteht im Prinzip auch keine freie Sitzplatzwahl, man wird vom Personal eingewiesen. Tipp: Früh kommen, dann sind die Plätze besser. Und übrigens empfiehlt sich auch eine saubere Windschutzscheibe, was beim derzeitigen Pollen-Vielflug gar nicht so selbstverständlich ist. Der Gang zu Klo (ja, die gibt es) hat etwas Befreiendes. Mal raus aus der Kiste. Als Sozius (ein Ticket gilt immer für zwei Personen im Fahrzeug) darf man natürlich auch Bier trinken, aus der mitgebrachten Kühltasche, und das muss ja wieder raus. Wer schon verschiedene Autokinos besucht hat, wird die kleinen Unterschiede bemerken. Der Cineast weiss: Film und dessen Präsentation sind untrennbar miteinander verbunden. Streaming ersetzt auf keinen Fall einen Kino-Besuch, auch wenn das einige glauben. Dies nur am Rande.
Was passiert im Autokino eigentlich, wenn es regnet? Ich weiss es nicht, bei meinen bisherigen zwei Autokino-Besuchen (an unterschiedlichen Orten) herrschte jeweils ein schöner, lauer Frühlingsabend. Die Filme waren ebenfalls lau.
Die Känguru-Chroniken, Deutschland 2019. Ein völlig verschnarchter und fast mittelloser Berliner Kleinkünstler (Dimitrij Schaad) nimmt ein sprechendes Känguru auf, in seine (ziemlich große, wie kann er das bezahlen?) Wohnung am Görlitzer Park (der es in der jüngsten Vergangenheit ob seines kruden Integrationskonzepts oft in die Presse geschafft hat). Völlig offen bleibt dabei, warum das sehr unfreundliche und ebenso unkameradschaftliche, also unsympathische Känguru dort wohnen bleiben darf.
Was die Auftritte des Tiers betrifft, ist ein gewisser Effekt bemerkbar: Auch wenn sich Schauspieler Volker Michalowski im Motion Capture-Anzug noch so sehr bemüht hat - das Känguru ist eine CGI-Gestalt. Die dadurch bedingte Seelenlosigkeit überträgt sich wie ein bleierner Schleier auf alle Szenen, an denen das australische Beuteltier beteiligt ist. Man atmet richtiggehend auf und durch, wenn auschließlich echte Menschen die Dialoge führen. Das passiert leider viel zun selten. Das Känguru ist ein aufdringlicher, fast dauerpräsenter Nörgel-Zeitgenosse. Der Inhalt des Films ist ziemlich belanglos. Es gibt ein feines Wiedersehen mit Henry Hübchen als Immobilientycoon und auch dessen schwangere Verlobte (Lena Dörrie) macht ihre Sache gut. Hoffentlich gibt es keine Fortsetzung.
Once upon a time in Hollywood (USA 2019). Um was geht es überhaupt in diesem Film? Das war die Frage, die mich überwiegend während der 160 Filmminuten beschäftigte. Die Manson Family und die sog Tate-LaBianca-Morden 1969 in Los Angeles sind ein möglicher roter Faden des Films. Aber es ist ein sehr, sehr dünner roter Faden - zu dünn, um den Film zusammenzuhalten. Deshalb fällt der Film auch auseinander, in verschiedene Episoden. Rückblenden, Mini-Biopics und so weiter. Es geht im Grund um den Wechsel vom US-amerikanischen Studiosystem zum New Cinema. Wobei Regisseur Quentin Tarantino an den Vertretern des letzteren kein gutes Haar lässt und die Protagonisten des ersteren ziemlich abscheulich darstellt. Aber diese haben dann doch die besseren Filme gemacht, so meint er aussagen zu müssen? Problem: Das normale Blockbuster-Publikum kennt und erkennt diese filmhistorischen Dimensionen nicht, das sind ja zu 99,99% keine Cineasten. Zudem sind in Once upon a time in Hollywood fiktive und tatsächlich existierende Werke, fiktive und tatsächlich damals existierende Personen wild miteinander vermischt. Da wird es selbst für den Fachmann schwer zu erkennen, ob es so etwas wie den Film The wrecking crew (1968) mit Dean Martin wirklich gegeben hat. Hat es, ich musste es jedoch nachschlagen (Aber nicht Bounty Law !).
Man kann Once upon a time in Hollywood auch als Werk empfinden, in dem alle Filme und Serien aufgezählt sind, die Tarantino gerne gemacht hätte, wenn er zu dieser Zeit schon Filme gemacht hätte. Aber will das wirklich jemand sehen?
Kommentare zu diesem Teamkolumnenbeitrag
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"Die dadurch mit sich bringende Seelenlosigkeit" ist grammatisch nicht vertretbar. "Die dadurch bedingte ..."
Sie wirken so ungemein retro: Gern erinnere ich ich an ausdauernde Knutschereien in früheren Zeiten ...
Die Filme spielten und spielen wohl nicht die erste Geige. - Du hast dein persönliches Programm gleichwohl ansprechend angesprochen; das möchte ich an dieser Stelle einmal ansprechen.
:)
recht flüssig und angemessen humorvoll-ironisch der erste Abschnitt. Ein interessanter Numerus-Tick in "Der Gang zu Klo (ja, die gibt es) hat etwas Befreiendes". Das macht Spaß.
Dann häufen sich sprachliche Schludrigkeiten und die fehlende Endredigierung spreizt sich in den Zeilen.
Inhaltlich wie so oft herablassende Unkenntnis: Das unsympathische K-Tier kann nun wirklich gut als springlebendiger Nachfolger der Frankfurter Schule und Propagator und Aktivist des Gemeineigentums dechiffriert werden. Und die große Wohnung ist wahrscheinlich Besetzerbeute, bedroht vom Hübchenhub.
Egal ob nun Tarantino einen Spezialfilm für Filmfreaks gemacht hat oder nicht - er hat beides gemacht - allein was mit den Filmplakaten implantiert ist, kann den Cineasten zu Höhenflügen führen. Und den Hochmut und die Arroganz, die Dieter oft in verspielten Texturen sieht, die das Publikum langweilen und überfordern und all das...
Man denke etwa an den von Schreibhemmung und Alkohol gedemütigten und dämonisierten Torrence in "Shining" und den grenzgängerverzweifelten Schauspieler Rick Dalton in "Once upon a time ...".
Das ist ein versprengtes kommunistisches Känguru. Das machen die Dialoge explizit. Und seine Diktion ist systemgerecht. Sogar die Stimme erinnert an Rudi Dutschke. Der Vergleich mit Gernhardt und Henscheidt ist sowas von betriebsblind.
Willibald wird die stehengebliebenen Sprachklöpse in deiner Kolumne freundschaftlich bereinigen. Ok?
Was sagen eigentlich die Kängurus zu dieser kulturellen (zoologischen?) Vereinnahmung?
Gedächtnisauffrischung:
K
greetse
Und ja, in einer gelungenen Kolumne ist immer etwas Meinung des Verfassers drin!
Eine gewisse Entschuldigung könnte sein, dass der Kolumnist sich einen Sixpack Bitterherb gegönnt hat und dann für längere Zeit das Autokinoklo visitierte.
Empfehlenswerte Titelkolumne: Film, Fussball, Ignoranz.
Aber ich will nicht so verbissen sein. Ich hab es also nochmals ertragen, hier das Ergebnis:
Große Klappe bei Kochen, macht aber die Küche nicht sauber / macht sich unflätig über Kai-Uwes Beziehungsprobleme lustig / übernimmt für nichts wirklich Verantwortung usw. usf. Nenn mich von mir aus spiessig, ich finde das K. scheiße.
Mal abgesehen davon, dass der AfD-Persiflage jeder Pfeffer und Esprit fehlt, sehr einfallslos. Punkt, Aus, Basta!
Lassen wir es. Dein gnädiger Verzicht auf Verbissenheit lässt deine Meinung im hellen Licht erstrahlen, egal wie unbegründbar sie auch sein dürfte.
(07.05.20)
Welche schlechteren deutsche Filme hast Du denn im Kino schon gesehen? Dieser Til-Schweiger-Mist (aktuell "Die Hochzeit")? Da könntest Du Recht haben ...