Letzte Woche auf einer kleinen Wanderung durch eine wunderschöne Schlucht, war ich verzaubert ob der Schönheit der Natur. Ich fühlte mich schlagartig zufrieden und lastfrei. Und auch die Menschen, die mir auf dem Kiesweg begegneten schienen ähnlich entspannt zu sein. Selbst die Hunde, welche andere Wanderer begleiteten, schnüffelten schwanzwedelnd mal hier, mal da und zeigten auch Artgenossen gegenüber keine Aggressionen. Diese friedvolle Stimmung schien sich auf alle Lebewesen zu übertragen. Dennoch beschloss ich, das Schwanzwedeln den Tieren zu überlassen.
Nach einer Weile begegnete mir ein Pärchen, Hand in Hand, schweigend. Sie mit wachem Blick, er mit steinerner Miene. Und die Stöpsel eines Kopfhörers und die Ohren gestopft. Hallo?! Wie doof ist das denn? Ich gehe mit einer Person, welche mir vertraut genug ist, Händchen zu halten in den Wald und höre dabei Musik für mich alleine?
Heute sehe ich die Sache allerdings schon aus einem anderen Blickwinkel.
Gestern kam ein Rentnerpaar in den Laden, sie schob den Einkaufswagen zielstrebig zum Regal, er versuchte einen Umweg zu nehmen, wurde aber sofort zurückgepfiffen. Am Brotregal angekommen, fragte sie, was er denn für ein Brot möchte. Er äußerte seinen Wunsch, welchen sie ihm aber unverzüglich wieder ausschlug. So kam es zu einem Wortgefecht, welches in gekürzter Form etwa so lautete:
"Ich will ..."
"Nein ..."
"Doch ..."
"Nein ..."
"Nie willst du ..."
Schließlich einigten sie sich auf ein Brot, welches selbstverständlich nicht im Regal zu finden war. Zu meinem Pech stand ich genau daneben und nun begannen sie, mich zu attackieren.
"Warum haben Sie dieses Brot nicht mehr?" Ich runzelte die Stirne. "Welches meinen Sie denn?" "Das, welches Sie immer nur am Morgen haben und nie, wenn wir es kaufen wollen!" War das mein Stichwort? Ich hörte meinen inneren Souffleur, welcher mir die passende Antwort vorflüsterte. Ich holte mir aber das Bild der Schlucht ins Gedächtnis und beschloss, freundlich zu bleiben. "Ich weiß leider nicht, welches Brot sie meinen, aber nehmen sie doch dieses hier, das schmeckt auch sehr gut!" Ich zeigte ihr das Brot, welches er zuvor gewünscht hatte.
Er hat es natürlich nicht bekommen - und unter ihrem giftigen Gekeife drehten sie eine weitere Runde durch den Laden.
Jetzt kann ich sogar verstehen, warum manche Menschen einen Kopfhörer tragen und sich Musik anhören, während sie mit ihrem Partner unterwegs sind.
Anmerkung von Wortsucht:
Eine Geschichte aus der Serie: Der Dorfladen
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Kommentare zu diesem Text
Lou_K. (32)
(09.08.11)
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